Die antiretrovirale Therapie (ART) greift in den Replikationszyklus des humanen Immundefizienz-Virus ( HIV HIV Retroviren: HIV) ein und wird anhand der Ansätze der einzelnen Medikamentenklassen klassifiziert. So werden entweder Enzyme Enzyme Grundlagen der Enzyme des Virus in ihrer Funktion gehemmt oder bereits das Eindringen des Virus verhindert. Das Therapieziel besteht darin, die Virusreplikation so zu unterdrücken, dass eine nicht nachweisbare Viruslast erreicht wird. Gegenwärtig werden Reverse Transkriptase-, Protease-, Integrase- und Entry-Inhibitoren im Rahmen der ART verwendet. Das Kombinations- oder auch 3-Medikamenten-Schema wird verwendet, um durch genetische Mutationen entstehende Medikamenten- sowie Kreuzresistenzen zu verhindern.
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Lernleitfaden
Medizin ➜
Replikationszyklus des HIV:
1. Virion bindet den CD4-Rezeptor und einen Chemokinrezeptor → Konformationsänderung → ermöglicht Fusion von Virion und der Wirtszelle
2.Uncoating (Freisetzung der Virusgenoms und weiterer Proteine) des Kapsidproteins, sobald das Virion sich im Zytoplasma befindet
3. Durch Reverse Transkriptase vermittelte Synthese proviraler DNA aus viraler RNA
4. Transport viraler DNA in den Zellkern und Integration in die Wirts-DNA mittels Integrase
5. Transkription viraler DNA, Erstellung mehrerer Kopien neuer HIV-RNA und Transport in das Zytoplasma + neue HIV-RNA wird zum Genom neuer Viren + Zytokinaktivierung der Zelle
6. Migration neuer viraler RNA + Proteine + Enzyme an die Zelloberfläche und Ausbildung nicht infektiöser Partikel.
7. Ausknospung von Virusbestandteilen (virale RNA + Proteine) an der Zellmembran aus der Wirtszelle heraus → unreifes HIV. Spaltung neu synthetisierter Polyproteine durch virale Protease → reifes HIV → Freigabe in den Körperkreislauf durch Lyse der Wirtzelle
Medikamentengruppe | Wirkmechanismus |
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Reverse-Transkriptase-Inhibitoren
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Integrase-Inhibitoren (INIs) |
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Protease-Inhibitoren (PIs) |
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Entry-Inhibitoren:
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Post-Attachment-Inhibitoren | Bindet CD4-Moleküle, verhindert den Eintritt, aber nicht die Bindung |
Schematische Beschreibung des Wirkmechanismus der 4 Klassen antiretroviraler Medikamente gegen HIV:
Fusions- oder Entry-Inhibitoren: stören die Bindung, Fusion oder den Eintritt des HIV-Virions
Reverse-Transkriptase-Inhibitoren: stören die Translation von viraler RNA in DNA
Integrase-Inhibitoren: verhindern die Insertion des viralen Genoms in die Wirts-DNA
Protease-Inhibitoren: Verhindern die Spaltung von Proenzymen, die für die Herstellung infektiöser Viruspartikel notwendig sind
Medikament | Nebenwirkungen | Wechselwirkungen/Kontraindikationen |
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Zidovudin (ZDV):
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Emtricitabin (FTC): strukturell Lamivudin ähnlich |
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Nicht mit Lamivudin kombinieren (Konkurrenz um intrazelluläre Phosphorylierung). |
Lamivudin (3TC): wirksam gegen HBV |
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Nicht mit Emtricitabin kombinieren (Konkurrenz um intrazelluläre Phosphorylierung). |
Abacavir (ABC) | Überempfindlichkeitsreaktion (letaler Verlauf möglich): Fieber Fieber Fieber, Hautausschlag Hautausschlag Generalisierte und lokalisierte Exantheme, Bauchschmerzen, Erbrechen Erbrechen Erbrechen im Kindesalter, Dyspnoe Dyspnoe Dyspnoe (Atemnot/Luftnot) |
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Tenofovir (NtRTI): TAF und TDF (TAF: wirksam gegen das HBV) |
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Nicht-kompetitive Inhibition der Reversen Transkriptase:
Schematische Darstellung des Wirkmechanismus von NRTIs und NNRTIs:
A: NRTIs inhibieren die Elongation des viralen DNA-Genoms, indem sie natürlich vorkommende Nukleoside ersetzen und Kettenabbrüche herbeiführen.
B: NNRTIs binden direkt das Enzym reverse Transkriptase und verhindern direkt die Synthese viraler DNA.
NRTI: Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren
NNRTI: Nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren
RNAseH: Ribonuklease H
Medikamente | Nebenwirkungen | Wechselwirkungen/Kontraindikationen |
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Etravirin (ETR): am häufigsten verwendete NNRTI bei resistenten HIV-Fällen |
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Interaktion mit anderen antiretroviralen Medikamenten möglich (z.B. sollte die Maraviroc-Dosis bei Kombination verdoppelt werden) |
Efavirenz (EFV) |
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Bei Long-QT-Syndrom Long-QT-Syndrom Long-QT-Syndrom, Lebererkrankungen, psychiatrischen Erkrankungen vermeiden |
Doravirin (DOR) | ZNS bzw. psychoaktive Nebenwirkungen ähnlich wie bei Efavirenz (jedoch viel seltener) | Anwendung mit Rifampin kontraindiziert (Doravirin-Exposition ↓) |
Rilpivirin (RPV) |
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Nevirapin (NVP): keine Erstbehandlung therapienaiver Patient*innen (Toxizität ↑) |
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Medikament | Nebenwirkungen | Wechselwirkungen/Kontraindikationen |
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Atazanavir (ATV) |
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Darunavir (DRV) |
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Ritonavir: Booster |
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Einer der potentesten bekannten Inhibitoren von CYP3A4 → Vermeidung von Medikamenten mit geringer therapeutischer Breite. |
Lopinavir: mit Ritonavir kombiniert |
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Nicht zur Erstbehandlung (wegen Potenz und Toxizität) |
Medikamente | Nebenwirkungen | Wechselwirkungen/Kontraindikationen |
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Raltegravir (RAL) |
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Enzyminduktoren (z.B. Rifampin) erhöhen Metabolisierung, indem die UDP-Glucuronosyltransferase induziert wird |
Dolutegravir (DTG) | Leichte, reversible Kreatininerhöhung (Inhibition des renalen Transporters: OCT2) |
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Elvitegravir (EVG): mit Cobicistat oder Ritonavir geboostert | GI-Symptome | Bislang nur als Fertigpräparat mit Tenofovir, Emtricitabin und Cobicistat (Arzneimittelwechselwirkungen ↑) |
Bictegravir (BIC): Präparat mit Emtricitabin und TAF |
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Einnahme mit Rifampin oder Dofetilid kontraindiziert |
Schematische Darstellung des Viruseintritts und der durch Enfuvirtid und Maraviroc gehemmten Schritte:
Die trimere gp120-Untereinheit des viralen Glykoprotein-Hüllen-Komplexes bindet CD4 auf der Zielzelloberfläche und löst eine Konformationsänderung aus, die die Interaktionen mit Chemokinrezeptoren (in diesem Fall CCR5) bewirkt. Die trimere Transmembran-Untereinheit gp41 wird aktiviert, um die Membranfusion zu vermitteln, sodass der Inhalt des Virus in die Zelle eindringen kann. Maraviroc blockiert den CCR5-Korezeptor. Enfuvirtid bindet gp41 und verhindert so die Fusion.