Gynäkologische Untersuchung

Einführung

Erste Schritte

• Aufbau einer guten therapeutischen Beziehung → Anamnese im angekleideten Zustand
• Im Idealfall Möglichkeit der Blasenentleerung vor der gynäkologischen Untersuchung
• Gute Beleuchtung und Wahrung der Privatsphäre
• Erklären jedes Schritts der Untersuchung und Einholung der Zustimmung
• Abdeckung der Person von der Mitte des Bauches bis zu den Knien mit leichter Absenkung zwischen den Knien → Sicherstellen des Blickkontakts
• Ggf. Begleitperson zur Genitaluntersuchung zulassen

Bestandteile der Untersuchung

• Abdominelle Untersuchung
• Äußere Urogenitaluntersuchung:
  • Inspektion
  • Palpation
• Innere/Vaginale Untersuchung:
  • Spekulumeinstellung
  • Bimanuelle Palpation

Ausrüstung

• Gynäkologischer Untersuchungsstuhl
• Zur präventiven Beckenuntersuchung:
  • Spekulum entsprechender Größe
  • Materialien zur Probenentnahme für die Zervixzytologie bei Durchführung einer Vorsorgeuntersuchung (Pap-Ampulle, Abstrichtupfer)
  • Wasserlösliches Gleitmittel
• Bei problemorientierten Untersuchungen (z. B. Vaginalinfektion):
  • pH-Indikatorpapier (zum Testen auf bakterielle Vaginose Bakterielle Vaginose Entzündungen von Vagina und Vulva: Kolpitis und Vulvitis (BV) oder Candidose Candidose Candida/Candidose)
  • Kochsalzlösung und Objektträger für mikroskopische Untersuchungen
  • Kalilauge für die KOH-Probe
  • Probenentnahmematerial zur Identifizierung von STIs STIs Überblick: Sexuell übertragbare Infektionen (Laborbewertung zu Gonorrhoe/ Chlamydien Chlamydien Chlamydien/Trichomonas)

Externe Untersuchung

Anatomie

Bestandteile der äußeren weiblichen Genitalien sind der Mons pubis Mons pubis Vagina, Vulva und Beckenboden, die Vulva Vulva Vagina, Vulva und Beckenboden ( Labia minora Labia minora Vagina, Vulva und Beckenboden und majora), die Klitoris Klitoris Vagina, Vulva und Beckenboden, die Harnröhrenöffnung, das Vestibulum Vestibulum Anatomie des Ohrs und die äußeren Drüsen.

Inspektion der äußeren Genitalien

• Untersuchung des Mons pubis Mons pubis Vagina, Vulva und Beckenboden, der Schamlippen und des Perineums auf abnormale Hautbefunde:
  • Hautausschläge
  • Vaginaler Ausfluss
  • Hautveränderungen der Vulva Vulva Vagina, Vulva und Beckenboden:
    • Zysten
    • Pigmentierte Nävi Nävi Nävus/Nävi
    • Warzen
    • Geschwüre
    • Herpesläsionen (Vesikel)
  • Verfärbung (z. B. bei Lichen Sklerose)
• Trennung der großen Schamlippen zur Untersuchung der kleinen Schamlippen, der Klitoris Klitoris Vagina, Vulva und Beckenboden, des Harnröhrengangs und der Vaginalöffnung; Untersuchung auf abnormale Befunde:
  • Harnröhrenkarunkel: kleine, rote, gutartige Schwellung sichtbar am hinteren Harnröhrengang
  • Prolaps der Harnröhrenschleimhaut: geschwollener erythematöser Ring um den Harnröhrengang
  • Augenmerk auf jeglichen Ausfluss oder Blutungen aus der Scheide:
    • Farbe
    • Konsistenz
    • Geruch
  • Schwellung der Schamlippen
  • Knötchen oder Wucherungen

Palpation der äußeren Genitalien

• Palpation aller abnormalen Läsionen
• Bei Schwellung der Schamlippen Untersuchung der Bartholin-Drüsen:
  • Auftragen von Gleitmittel auf den Finger und Einführung in die Vagina Vagina Vagina, Vulva und Beckenboden
  • Platzierung des Daumens außerhalb des hinteren Teils der großen Schamlippen
  • Palpation zwischen Zeigefinger und Daumen auf Schwellungen oder Druckempfindlichkeit
  • Auffangen jeglichen Ausfluss aus dem Ausführungsgang der Drüse und Kultivierung dessen

Vaginale Untersuchung

Spekulumeinstellung

Auffällige Befunde bei der Spekulumuntersuchung

• Notieren von auffälligen Vaginalbefunden:
  • Ausfluss:
    • Weißer quark-ähnlicher Ausfluss bei einer Candida-Vaginitis („Hefeinfektion“); nicht sexuell übertragbar
    • Gelblich-grüner oder grauer Ausfluss, ggf. übel riechend; aufgrund von STIs STIs Überblick: Sexuell übertragbare Infektionen wie Chlamydien Chlamydien Chlamydien, Gonorrhoe, Trichomonaden
    • Wässriger Ausfluss mit „fischigem“ Geruch; aufgrund von bakterieller Vaginose, normalerweise nicht sexuell übertragbar
  • Schleimhautanomalien:
    • Erythem
    • Läsionen (Geschwüre, Papeln, Bläschen)
  • Vorwölbung der Vorderwand (Blase): Zystozele
  • Vorwölbung der Hinterwand ( Rektum Rektum Rektum und Analkanal): Rektozele
• Notieren von auffälligen Zervixbefunden:
  • Zervikalpolyp: Gewebe aus dem endozervikalen Kanal am Muttermund
  • Mukopurulente Zervizitis: eitriger gelber Ausfluss aus dem Muttermund aufgrund einer STI
  • Gebärmutterhalskrebs Gebärmutterhalskrebs Zervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs): ein ausgedehntes, unregelmäßiges „blumenkohlartiges“ Wachstum im Spätstadium

Entnahme von Proben für die Zervixzytologie ( Pap-Abstrich Pap-Abstrich Zervixkarzinom-Screening)

• Probenentnahme wenn möglich nicht während der Menstruation Menstruation Menstruationszyklus
• Idealerweise 24–48 Stunden vor der Untersuchung Meiden von Geschlechtsverkehr, Vaginalduschen oder Vaginalzäpfchen
• Verwendung einer Zervikalbürste zur Probenentnahme aus dem Endozervix Endozervix Uterus, Cervix uteri und Tuba uterina/Ektozervix

Bimanuelle Palpation

• Auftragen von etwas Gleitmittel auf den Zeige- und Mittelfinger
• Einführen von einem oder zwei Fingern in die Vagina Vagina Vagina, Vulva und Beckenboden (je nach Alter, Anamnese und Größe des Introitus) und Ausüben von Druck aus nach hinten
• Betasten der Vagina Vagina Vagina, Vulva und Beckenboden auf Knötchen und Druckempfindlichkeit
• Untersuchung auf Zystozele oder Rektozele bei Verdacht (Patient*innen sollten dabei etwas pressen)
• Palpation des Gebärmutterhals:
  • Position
  • Mobilität
  • Schmerzempfindlichkeit
• Palpation der Gebärmutter Gebärmutter Uterus, Cervix uteri und Tuba uterina:
  • Auflage der äußeren Hand Hand Hand auf den Bauch (auf halbem Weg zwischen dem Nabel und der Schambeinfuge), während sich ein bzw. zwei Finger in der Vagina Vagina Vagina, Vulva und Beckenboden befinden
  • Anheben des Gebärmutterhals und der Gebärmutter Gebärmutter Uterus, Cervix uteri und Tuba uterina mit der inneren Hand Hand Hand und währenddessen Gegendrücken der äußeren Hand Hand Hand → Umfassen der Gebärmutter Gebärmutter Uterus, Cervix uteri und Tuba uterina mit beiden Händen
  • Dokumentation der Lage der Gebärmutter Gebärmutter Uterus, Cervix uteri und Tuba uterina (retroflektiert, retrovertiert, anteflektiert, antevertiert)
  • Dokumentation jeder Vergrößerung, Wucherung oder Schmerzempfindlichkeit
• Palpation jedes Eierstocks:
  • Auflegen der äußeren Hand Hand Hand auf den rechten/linken unteren Quadranten des Abdomens und Umfassen des Eierstocks zwischen der äußeren Hand Hand Hand und den Fingern in der Vagina Vagina Vagina, Vulva und Beckenboden
  • Identifizierung jedes Eierstocks (oder dessen Fehlens) und der angrenzenden Adnexen
  • Dokumentation jeder Vergrößerung, Wucherung oder Druckempfindlichkeit (mögliche Zysten oder Malignität)
  • Wiederholung des Vorgangs am anderen Eierstock

Rektovaginale Untersuchung

• Eine rektovaginale Untersuchung ist indiziert bei:
  • Palpation des retrovertierten Uterus, des Ligamentum uterosacrale, des Douglas-Raums und der Adnexe
  • Darmkrebs-Screening Darmkrebs-Screening Darmkrebs-Screening bei Frauen ≥ 50 Jahre
  • Beurteilung von Beckenpathologien
• Nach dem Herausziehen der Finger nach der bimanuellen Palpation:
  • Wechsel der Handschuhe und Auftragen von etwas Gleitgel auf den Finger
  • Einführen des Zeigefingers in die Vagina Vagina Vagina, Vulva und Beckenboden und des Mittelfingers in das Rektum Rektum Rektum und Analkanal
  • Bitten der Person, währenddessen den Analsphinkter zu entspannen
  • Druck mit den Untersuchungsfingern auf die Vorder- und Seitenwände und mit der äußeren Hand Hand Hand Druck auf den Bauch
• Abwischen der äußeren Genitalien und des Rektums nach der Untersuchung oder Anbieten eines Taschentuchs zum selbst abwischen

Klinische Relevanz

• Geschlechtskrankheiten ( STIs STIs Überblick: Sexuell übertragbare Infektionen):
  • Anogenitalwarzen (Condyloma acuminata): Warzenläsionen an den äußeren Genitalien. Anogenitalwarzen werden durch eine HPV-Infektion verursacht, am häufigsten Typ 6 und 11. Die Warzen können einzeln oder multipel, flach, kuppelförmig, blumenkohlförmig, fadenförmig, pilzartig, gestielt oder zerebriform sein. Nach dem ersten Auftreten können die Warzen in Anzahl und Größe zunehmen oder sich spontan zurückbilden. Zur Behandlung symptomatischer anogenitaler Warzen stehen medizinische und chirurgische Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.
  • HSV ( Herpes genitalis Herpes genitalis Herpes genitalis): eine mukokutane Infektion, die durch ein akutes, lokalisiertes Auftreten einer Ansammlungen kleiner, schmerzhafter Bläschen auf einer erythematösen Basis gekennzeichnet ist. Inzwischen gibt es eine erhebliche Überschneidung; in der Vergangenheit wurde HSV-1 klassisch mit oropharyngealen Läsionen und HSV-2 mit Genitalherpes, einer STI, in Verbindung gebracht. Die Diagnose basiert auf einer Viruskultur und die Behandlung erfolgt mit oralen antiviralen Medikamenten.
  • Syphilis Syphilis Syphilis: eine bakterielle Infektion, die durch die Spirochäte Treponema Treponema Treponemen pallidum verursacht wird und sich durch sexuellen Kontakt ausbreitet. Die primäre Syphilis Syphilis Syphilis beginnt mit einem schmerzlosen Geschwür an den Genitalien und wird als Schanker bezeichnet. Die Diagnose basiert auf Bluttests und die Behandlung erfolgt mit Penicillin. Die Progression zur sekundären Syphilis Syphilis Syphilis manifestiert sich als generalisierter makulopapulöser Ausschlag, der die Handflächen und Fußsohlen umfasst. Eine tertiäre Syphilis Syphilis Syphilis kann sich Jahre später mit kardialen und neurologischen Manifestationen zeigen.
  • Gonorrhoe: eine STI, die durch das gramnegative Bakterium Neisseria Neisseria Neisseria gonorrhoeae verursacht wird. Gonorrhoe kann asymptomatisch sein, manifestiert sich jedoch häufig als Zervizitis oder Urethritis. Eine disseminierte Gonokokkeninfektion ist mit Fieber Fieber Fieber, Dermatitis, Sehnenscheidenentzündung, septischer Arthritis und selten Endokarditis Endokarditis Endokarditis oder Meningitis Meningitis Meningitis verbunden. Die Diagnose wird mikroskopisch, mithilfe einer Kultur oder eines Nukleinsäure-Amplifikationstest (NAAT) gestellt. Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika für Patient*in und Partner*in(en).
  • Chlamydien Chlamydien Chlamydien: Chlamydia trachomatis ist die häufigste Ursache von STIs STIs Überblick: Sexuell übertragbare Infektionen. Chlamydien Chlamydien Chlamydien können asymptomatisch sein oder Harnröhrenausfluss verursachen. Die Diagnose erfolgt mittels NAAT unter Verwendung eines Genitalabstrichs oder einer Urinprobe. Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika für Patient*in und Partner*in(en). Unbehandelte Chlamydieninfektionen können schwerwiegende Folgen haben, einschließlich Sterilität, Eileiterschwangerschaften, Spontanaborten und chronische entzündliche Erkrankungen des Beckens.
  • Trichomoniasis: wird durch die Protozoen Trichomonas vaginalis verursacht und ist weltweit die häufigste nicht-virale STI. Es sind mehr Frauen* als Männer* betroffen und die Infektion verläuft oft asymptomatisch. Eine unbehandelte Infektion kann sich zu einer Urethritis oder Zervizitis entwickeln, die sich mit übel riechendem Ausfluss mit Schmerzen, Brennen und Pruritus manifestieren. Die Diagnose wird mittels NAAT, Antigen-Schnelltests oder DNA-Hybridisierungssonden gestellt. Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika für Patient*in und Partner*in(en).
• Lichen sclerosus Lichen sclerosus Gutartige Erkrankungen der Vulva der Vulva Vulva Vagina, Vulva und Beckenboden: eine gutartige, chronische, fortschreitende Hauterkrankung der Vulva Vulva Vagina, Vulva und Beckenboden, die durch eine ausgeprägte Entzündung Entzündung Entzündung, eine Ausdünnung des Epithels und ausgeprägte Hautveränderungen, begleitet von Juckreiz und Schmerzen, gekennzeichnet ist. Untersuchungsbefunde umfassen weiße atrophische Papeln, die zu Plaques an den kleinen und/oder großen Schamlippen verschmelzen können. Die Diagnose wird mittels einer Vulva-Stanzbiopsie gestellt. Die Behandlung erfolgt durch topische oder intraläsionale Kortikosteroide, topische Calcineurin-Inhibitoren oder UVA1-Phototherapie.
• Bartholin-Drüsenzyste: durch Verstopfung der Bartholin-Drüsenöffnung und folglich deren Abszessbildung. Der am häufigsten isolierte Erreger ist Escherichia coli Escherichia coli Escherichia coli, die Ursache kann aber auch polymikrobiell sein. Untersuchungsbefunde sind gespannte, warme, sehr empfindliche, weiche oder fluktuierende Schamlippenschwellungen. Aus dem Ausführungsgang der Drüse kann Eiter ablaufen. Die Diagnose wird klinisch gestellt. Die Behandlung erfolgt durch Inzision und Drainage.
• Gebärmutterhalskrebs Gebärmutterhalskrebs Zervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs): hängt unter anderem mit einer anhaltenden Infektion mit den Hochrisiko-HPV-Stämmen 16 und 18 zusammen. Infektionen mit humanen Papillomaviren sind asymptomatisch, und ein Screening mit routinemäßiger zervikaler Zytologie ( Pap-Abstrich Pap-Abstrich Zervixkarzinom-Screening) sowie ein Co-Test auf HPV HPV Humane Papillomaviren (HPV) sind für die Früherkennung unerlässlich. Die Behandlung hängt vom Stadium ab und variiert von einer Exzisionsbiopsie bei mikroinvasivem Karzinom in situ bis hin zu einer radikalen Hysterektomie für fortgeschrittenere Fälle. Bei einer extrazervikalen Ausbreitung kann eine Bestrahlung empfohlen werden.
• Vulvovaginitis Vulvovaginitis Entzündungen von Vagina und Vulva: Kolpitis und Vulvitis: akute Entzündung Entzündung Entzündung mit vulvovaginalem Juckreiz und Ausfluss. Candida-Arten verursachen die typische „Hefeinfektion“. Die Behandlung erfolgt mit topischen oder oralen Antimykotika und variiert für unkomplizierte, komplizierte und wiederkehrende Fälle. Eine weitere häufige Ursache von Vulvovaginitis Vulvovaginitis Entzündungen von Vagina und Vulva: Kolpitis und Vulvitis ist bakterielle Vaginose Bakterielle Vaginose Entzündungen von Vagina und Vulva: Kolpitis und Vulvitis, die auf ein übermäßiges Wachstum normaler Vaginalbakterien zurückzuführen ist. Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika. Sowohl Candida Candida Candida/Candidose als auch die bakterielle Vaginose Bakterielle Vaginose Entzündungen von Vagina und Vulva: Kolpitis und Vulvitis werden normalerweise nicht sexuell übertragen und Partner*in(nen) benötigen keine Behandlung.
• Entzündliche Erkrankungen des Beckens („Pelvic inflammatory disease ( PID PID Entzündliche Erkrankungen des Beckens)“): eine Komplikation sexuell übertragbarer Krankheiten mit Beteiligung der Eileiter Eileiter Uterus, Cervix uteri und Tuba uterina und Eierstöcke. Eine entzündliche Beckenerkrankung Entzündliche Beckenerkrankung Entzündliche Erkrankungen des Beckens kann durch N. gonorrhoeae, C. trachomatis oder andere Organismen verursacht werden. Eine akute Erkrankung ist mit sehr schmerzempfindlichen und bilateralen adnexalen Raumforderungen assoziiert. Die Bewegung des Gebärmutterhalses verursacht Schmerzen (bei der Untersuchung als „Portioschiebschmerz“ bezeichnet). Unbehandelt können Komplikationen wie Tuboovarialabszesse oder Unfruchtbarkeit Unfruchtbarkeit Unfruchtbarkeit auftreten.