Hepatische Enzephalopathie

Die hepatische Enzephalopathie ist eine reversible Erkrankung, bei der ein erhöhter Ammoniakspiegel bei Patient*innen mit fortgeschrittener Lebererkrankung zu einer Beeinträchtigung der Gehirnfunktion führt. Eine hepatische Enzephalopathie kann durch Zustände ausgelöst werden, die die normale Absorption, den Stoffwechsel oder die Clearance von Ammoniak beeinträchtigen, einschließlich Dehydratation, Nierenversagen, Infektionen und Magen-Darm-Blutungen Magen-Darm-Blutungen Gastrointestinale Blutungen (Magen-Darm-Blutungen). Die Patient*innen stellen sich mit einer Progression der Symptome vor, von minimaler Verwirrung und Asterixis bis hin zu Stupor und Koma Koma Koma. Die Diagnose wird klinisch gestellt und erfordert den Ausschluss von Alternativdiagnosen. Die Therapie umfasst die Behandlung der Ursachen, sowie die Verringerung der systemischen Absorption von Ammoniak mit Lactulose oder Rifaximin.

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

Inhalt

Epidemiologie und Ätiologie

Differentialdiagnosen

Quellen

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Epidemiologie und Ätiologie

Epidemiologie

30–45 % der Patient*innen mit Leberzirrhose Leberzirrhose Leberzirrhose
10–50 % der Patient*innen, die sich einem transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunt (TIPS) unterziehen
Zweithäufigste Ursache für Krankenhausaufenthalte bei Patient*innen mit Leberzirrhose Leberzirrhose Leberzirrhose (hinter Aszites Aszites Aszites)

Ätiologie

Eine hepatische Enzephalopathie kommt bei Patient*innen mit schwerer Lebererkrankung oder Leberversagen vor und kann verschlimmert werden durch:

Verminderter Stoffwechsel oder Clearance von Ammoniak
- Nierenversagen
- Diuretika Diuretika Medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz und der Angina pectoris
- Transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt (TIPS)
Erhöhte Produktion oder Resorption von Ammoniak
- Übermäßige Proteinzufuhr über die Nahrung
- GI-Blutung
- Obstipation Obstipation Obstipation
- Infektion (spontane bakterielle Peritonitis Peritonitis Penetrierendes Abdominaltrauma)
Elektrolytstörungen
- Hypokaliämie
- Metabolische Alkalose Metabolische Alkalose Metabolische Alkalose
Respiratorische Störungen
- Hypoxie
- Hyperkapnie
Gefäßverschluss
- Pfortaderthrombose
- Lebervenenthrombose
Medikamente
- Opiate Opiate Opioid-Analgetika
- Benzodiazepine Benzodiazepine Benzodiazepine
- Alkohol
- Hypnotika

Zum Merken der auslösenden Faktoren einer hepatischen Enzephalopathie hilft die Eselsbrücke „HEPATICS“:

H	Hemorrhage in the GI tract (Blutung im Magen-Darm-Trakt)
E	Excess dietary protein (Überschüssige Proteine Proteine Proteine und Peptide in der Nahrung)
P	Potassium (Hypokaliämie)
A	Alkalose oder Azotämie
T	TIPPS-Verfahren
I	Infektion
C	Constipation ( Obstipation Obstipation Obstipation)
S	Sedativa

Hauptrisikofaktoren für hepatische Enzephalopathie bei einem Patienten mit Leberversagen
AKI: acute kidney injury (akute Nierenschädigung)
SBP: spontane bakterielle Peritonitis
Bild von Lecturio.

Pathophysiologie

Normale Physiologie:

Der GI-Trakt ist die Hauptquelle für Ammoniak, wo es produziert wird durch:
- Enterozyten aus Glutamin Glutamin Synthese nicht-essenzieller Aminosäuren
- Stickstoffabbau durch Dickdarmbakterien
Ammoniak gelangt über die Pfortader in den Kreislauf.
Leber Leber Leber eliminiert dieses Ammoniak, indem sie es in Glutamin Glutamin Synthese nicht-essenzieller Aminosäuren umwandelt → verhindert den Eintritt in den systemischen Kreislauf

Lebererkrankungen ermöglichen eine Störung der normalen Ammoniakregulation durch:

Leberfunktionsstörung: ↓ Umwandlung von Ammoniak in Glutamin Glutamin Synthese nicht-essenzieller Aminosäuren → ↑ Serum-Ammoniak
Vasodilatation peripherer Gefäße und des Splanchnikussystems: portosystemischer Shunt weg von der Leber Leber Leber → ↑ Serumammoniak
↑ Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke Blut-Hirn-Schranke Nervensystem: Histologie: ermöglicht ↑ Abgabe von Ammoniak an Astrozyten

Eine beeinträchtigte Gehirnfunktion resultiert aus einer Ansammlung von Ammoniak:

Wird verwendet, um Glutamin Glutamin Synthese nicht-essenzieller Aminosäuren zu produzieren → ↑ osmotischer Druck und Schwellung von Astrozyten → Hirnödem
Bindet an γ-Aminobuttersäure (GABA)-Rezeptoren → ↑ GABA-energe Hemmfunktion
Hemmt einen Schritt im Citrat-Zyklus → ↓Stoffwechselkraftstoffversorgung

Auswirkungen einer Hyperammonämie auf den Glutamat-Glutamin-Zyklus — Ammoniak (NH ₃) passiert die Blut-Hirn-Schranke und wird von Astrozyten aufgenommen und verstoffwechselt. Diese Zellen verwenden Ammoniak, wenn sie Glutamin aus Glutamat synthetisieren. Der erhöhte Glutaminspiegel führt zu einem Anstieg des osmotischen Drucks in den Astrozyten, die anschwellen und zu einem Hirnödem führen. Ammoniak erhöht auch die Aktivität des inhibitorischen GABA-Systems und reduziert die Energieproduktion.
Bild von Lecturio.

Klinik

Symptome

Kognitive Beeinträchtigung (einschließlich geistiger Verlangsamung, Verwirrung, Somnolenz und Koma Koma Koma)
Schlafstörungen
- Insomnie Insomnie Insomnie/Schlaflosigkeit
- Hypersomnie
- Geht normalerweise anderen Veränderungen des mentalen Status voraus
Stimmungsschwankungen
- Euphorie
- Depression

Ergebnisse der körperlichen Untersuchung

Asterixis (grobschlägiges Zittern der ausgestreckten und dorsalflektierten Hände)
Ataxie Ataxie Ataxie-Teleangiektasien
Hyperreflexie
Nystagmus
Hinweise auf eine chronische Lebererkrankung (z. B. Ikterus Ikterus Ikterus, Blähungen, Aszites Aszites Aszites, Ödeme)

Schweregrad

Die West Haven-Kriterien werden verwendet, um den klinischen Schweregrad einzustufen.

**Tabelle: Einstufung des klinischen Schweregrades mittels der West Haven-Kriterien**
Bühne	Bewusstsein	Intellekt und Verhalten	Neurologische Befunde
0	Normal	Normal	Normal
1	Leicht reduziertes Bewusstsein	Verlangsamter Intellekt, Apathie, Unruhe, Schlafstörungen	Leichte Asterixis, geringe Verwirrtheit und Verlangsamung
2	Lethargisch	Mäßige Orientierungsstörungen, Schläfrigkeit, unangemessenes Verhalten	Asterixis, undeutliche Sprache
3	Somnolent aber erweckbar	Orientierungslosigkeit, inkohärente Sprache	Asterixis, Hyperreflexie, Klonus, Muskelstarre
4	Koma Koma Koma	Koma Koma Koma	Dezerebrieren oder dekortikate Haltung, Asterixis fehlt normalerweise

Diagnostik

Die hepatische Enzephalopathie ist eine klinische Diagnose und andere Erkrankungen müssen ausgeschlossen werden.

Unterstützende Befunde: ↑ Serumammoniak (hilft bei der Beurteilung, ist aber nicht diagnostisch)
Alternative Diagnosen ausschließen durch:
- Labordiagnostik
  - Glukose → Hypoglykämie Hypoglykämie Hypoglykämie
  - Basis-Stoffwechsel-Panel → Hypokaliämie, Alkalose, Nierenversagen
  - Großes Blutbild → Infektion, GI-Blutung
  - TSH → Myxödem-Koma
  - Arterielle Blutgasanalyse → Alkalose, Hyperkapnie
  - Drogenscreening
  - Alkoholtest
  - Blutkulturen → Infektion
  - Urinanalyse → Infektion
- Bildgebung
  - Computertomografie (CT) des Gehirns → intrakranielle Pathologie ausschließen
  - Ultraschall Ultraschall Ultraschall (Sonographie)
    - Kann bei der Diagnose einer Pfortaderthrombose helfen
    - Aszites Aszites Aszites abklären → diagnostische Parazentese → spontane bakterielle Peritonitis Peritonitis Penetrierendes Abdominaltrauma ausschließen

Tipp: Bei allen Patient*innen mit hepatischer Enzephalopathie und Aszites Aszites Aszites sollte eine spontane bakterielle Peritonitis Peritonitis Penetrierendes Abdominaltrauma ausgeschlossen werden.

Therapie

Die Behandlung konzentriert sich auf die Identifizierung und Behandlung von auslösenden Faktoren und die Senkung der Serum-Ammoniak-Konzentration.

Allgemeine supportive Therapie:
- Schaffen einer sicheren Umgebung für die Patient*innen.
  - Hospitalisierung bei schweren Symptomen oder Beeinträchtigungen, die die Compliance beeinflussen können
  - Milde Symptome können ambulant behandelt werden.
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr
- Sedativa vermeiden
- Auslösende Ursachen behandeln
- Auf suffiziente Ernährung achten
Maßnahmen zur Senkung des Ammoniakspiegels:
- Lactulose
  - Wird von der Darmflora in Lactat umgewandelt → Übersäuerung führt zur Umwandlung von Ammoniak (NH₃) in Ammonium (NH₄+) → Ammonium wird mit dem Stuhl ausgeschieden → ↓ Aufnahme
  - Die Dosis wird titriert, um mindestens 3 Stuhlgänge pro Tag zu bewirken.
- Rifaximin
  - Nicht resorbierbares Antibiotikum zur Verringerung der Bakterienbelastung im Darm
  - Wird bei Patient*innen angewendet, die anfangs nicht auf Lactulose ansprechen oder diese nicht vertragen
- Die Kontrolle einer Verbesserung des Zustandes basiert auf der Klinik, nicht auf dem Ammoniakspiegel.

Differentialdiagnosen

Morbus Wilson Morbus Wilson Morbus Wilson: verursacht durch einen Defekt im Kupfertransport innerhalb der Hepatozyten Hepatozyten Leber. Tritt häufig bei jungen Erwachsenen mit Lebererkrankungen, neurologischen Manifestationen und psychiatrischen Symptomen auf, die mit hepatischer Enzephalopathie verwechselt werden können; Morbus Wilson Morbus Wilson Morbus Wilson ist jedoch mit Kayser-Fleischer-Ringen, niedrigem Plasma-Ceruloplasmin und hoher Kupferausscheidung im Urin assoziiert. Zur Behandlung werden Chelatbildner verabreicht.
Toxisch-metabolische Enzephalopathie: eine Störung der normalen physiologischen Funktionen im Gehirn, die durch andere Erkrankungen wie Infektionen, Nierenfunktionsstörungen, Elektrolytstörungen und Medikamente verursacht wird. Die Patient*innen stellen sich mit Somnolenz, Desorientierung, motorischen Anomalien oder Krampfanfällen vor. Asterixis tritt normalerweise nicht auf. Labortests können helfen, die Ursache zu identifizieren und den Zustand von einer hepatischen Enzephalopathie zu unterscheiden. Die Behandlung konzentriert sich auf die zugrunde liegende Ursache.
Ischämischer Schlaganfall Ischämischer Schlaganfall Ischämischer Schlaganfall (Hirninfarkt): eine Krankheit, bei der eine schlechte Durchblutung des Gehirns zum Zelltod Zelltod Zellschäden und Zelltod führt. Zu den Symptomen gehören fokale Schwäche, Taubheit, Sehverlust, Dysarthrie und ein veränderter mentaler Status. Asterixis kommt nicht vor. Computertomografie und Magnetresonanztomografie ( MRT MRT Magnetresonanztomographie (MRT)) des Gehirns werden zur Diagnose verwendet und ermöglichen eine Unterscheidung von der hepatischen Enzephalopathie. Die Behandlung umfasst Aspirin Aspirin Nichtsteroidale Antirheumatika/Antiphlogistika, Statine Statine Statine und die Behandlung von Risikofaktoren.
Enzephalitis Enzephalitis Enzephalitis: eine Störung der normalen Gehirnfunktion aufgrund einer Entzündung Entzündung Entzündung, am häufigsten durch ein Virus. Patient*innen können einen veränderten mentalen Status, Kopfschmerzen, Fieber Fieber Fieber, Krampfanfälle Krampfanfälle Krampfanfälle im Kindesalter und Bewegungsstörungen haben. Eine Bildgebung des Gehirns kann hilfreich sein, aber zur Diagnostik und zur Unterscheidung einer Enzephalitis Enzephalitis Enzephalitis von einer hepatischen Enzephalopathie ist eine Lumbalpunktion mit Liquoranalyse erforderlich. Die Behandlung hängt vom Erreger ab und umfasst antivirale Medikamente, Antibiotika und supportive Maßnahmen.
Wernicke-Enzephalopathie Wernicke-Enzephalopathie Wernicke-Enzephalopathie und Korsakow-Syndrom: eine neurologische Komplikation des Thiaminmangels, die normalerweise bei chronischer Alkoholabhängigkeit auftritt. Die Patient*innen können sich mit Desorientierung, agitiertem Delir Delir Delir (Delirium), okulomotorischer Dysfunktion, Gangataxie oder Koma Koma Koma vorstellen. Die Diagnose wird klinisch gestellt, daher sollten Anamnese und Untersuchung helfen, die Wernicke-Enzephalopathie Wernicke-Enzephalopathie Wernicke-Enzephalopathie und Korsakow-Syndrom von der hepatischen Enzephalopathie zu unterscheiden. Behandelt wird mit intravenösem Thiamin.

Quellen

Ferenci, P. (2020). Hepatic encephalopathy in adults: Clinical manifestations and diagnosis. In Robson, K.M. (Ed.), UpToDate. Abgerufen am 02. November 2020, https://www.uptodate.com/contents/hepatic-encephalopathy-in-adults-clinical-manifestations-and-diagnosis
Ferenci, P. (2020). Hepatic encephalopathy: Pathogenesis. In Robson, K.M. (Ed.), UpToDate. Abgerufen am 02. November 2020, https://www.uptodate.com/contents/hepatic-encephalopathy-pathogenesis
Ferenci, P. (2020). Hepatic encephalopathy in adults: Treatment. In Robson, K.M. (Ed.), UpToDate. Abgerufen am 02. November 2020, https://www.uptodate.com/contents/hepatic-encephalopathy-in-adults-treatment
Wolf, D.C. (2020). Hepatic encephalopathy. In Anand, B.S. (Ed.), Medscape. Abgerufen am 02. November 2020, https://emedicine.medscape.com/article/186101-overview
Arastéh K, Baenkler H, Bieber C, Brandt R, Chatterjee T, Dill T, Ditting T, Duckert M, Eich W et al., Duale Reihe Innere Medizin. Hrsg. 4., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2018. doi:10.1055/b-005-145255