Hypotonie

Überblick

Definition

Hypotonie ist definiert als Blutdruckwert unter 110/60 mm Hg. Bei starkem Abfall des Blutdrucks kann es zur Entwicklung eines Schocks kommen, welcher als eine schwere Kreislaufstörung mit unzureichender Sauerstoffversorgung des Gewebes definiert ist und auf eine verminderte Durchblutung lebenswichtiger Organe (z. B. Gehirn, Herz, Nieren Nieren Niere, Lunge Lunge Lunge: Anatomie) zurückzuführen sein kann.

Ätiologie

• Kardiovaskulär:
  • Hypovolämie:
    • Häufigste Ursache
    • Blutungen (z. B. akute gastrointestinale Blutung, vaginale Blutung, Epistaxis usw.)
    • Dehydration Dehydration Volumenmangel und Dehydration
  • Beeinträchtigtes Herzzeitvolumen Herzzeitvolumen Herzmechanik:
    • Herzinfarkt Herzinfarkt Myokardinfarkt
    • Herzinsuffizienz
    • Aortenklappenstenose Aortenklappenstenose Aortenklappenstenose
    • Arrhythmien
    • Konstriktive Perikarditis Perikarditis Perikarditis, Perikarderguss Perikarderguss Perikarderguss und Perikardtamponade oder Herztamponade
    • Aortendissektion Aortendissektion Aortendissektion
• Infektiös:
  • Sepsis Sepsis Sepsis und septischer Schock oder septischer Schock septischer Schock Sepsis und septischer Schock
  • Toxisches Schocksyndrom Toxisches Schocksyndrom Toxisches Schocksyndrom (TSS) durch Staphylokokken Staphylokokken Staphylococcus
• Neurologisch:
  • Zentral:
    • Multisystematrophie Multisystematrophie Atypische Parkinson-Syndrome
    • Parkinson-Krankheit
    • Multiple Schlaganfälle
    • Tabes dorsalis
    • Transversale Myelitis
  • Peripher:
    • Amyloidose Amyloidose Amyloidose
    • Diabetische, alkoholische oder ernährungsbedingte Neuropathie
    • Familiäre Dysautonomie (Riley-Day-Syndrom)
    • Guillain Barre-Syndrom
    • Paraneoplastische Syndrome Paraneoplastische Syndrome Paraneoplastische Syndrome
    • Reines autonomes Versagen
    • Chirurgische Sympathektomie
• Endokrin:
  • Nebennieren-Insuffizienz
  • Hyperaldosteronismus Hyperaldosteronismus Hyperaldosteronismus
  • Hypothyreose Hypothyreose Hypothyreose
• Medikamentös:
  • Antihypertensiva Antihypertensiva Antihypertensiva (insbesondere Alpha- und Betablocker Betablocker Antiarrhythmika der Klasse II, zentral wirkende Mittel)
  • Antipsychotika, trizyklische Antidepressiva Trizyklische Antidepressiva Trizyklische Antidepressiva (TCA) und Monoaminoxidase-Hemmer (MAOI)
  • Theophyllin
• Sonstige:
  • Anaphylaxie Anaphylaxie Typ-I-Allergie durch Medikamente, Nahrung und Gliederfüßer- oder Tierbisse
  • Schwangerschaft Schwangerschaft Schwangerschaft: Diagnostik, mütterliche Physiologie und Routineversorgung (physiologisch)
  • Hypo- oder Hyperthermie
  • Luftembolie Luftembolie Nichtthrombotische Embolie
  • Pneumothorax Pneumothorax Pneumothorax
  • Intradialytische Hypotonie
  • Postprandiale Hypotonie
  • Orthostatische Hypotonie: ein Abfall des systolischen Blutdrucks um mindestens 20 mm Hg oder des diastolischen Drucks um mindestens 10 mm Hg innerhalb von 2–5 Minuten nach dem Aufstehen
  • Posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom (POTS): chronische orthostatische Intoleranz, definiert durch eine Herzfrequenz Herzfrequenz Herzphysiologie von ≥ 120/min oder eine Zunahme von ≥ 30/min beim Aufstehen der Patient*innen

Pathophysiologie und Klinik

Pathophysiologie

• Bei Hypovolämie werden als Reaktion auf das verringerte intravasale Volumen kompensatorische Prozesse in Gang gesetzt:
  • RAAS-Aktivierung → Flüssigkeitsretention und Vasokonstriktion Vasokonstriktion Physiologie des Blutkreislaufs
  • Aktivierung des sympathischen Nervensystems → Vasokonstriktion Vasokonstriktion Physiologie des Blutkreislaufs und erhöhte Herzfrequenz Herzfrequenz Herzphysiologie/Kontraktilität
  • B1-Rezeptoraktivierung → Reninfreisetzung
  • Erhöhte Freisetzung von antidiuretischem Hormon → Retention von freiem Wasser und erhöhtes intravasales Volumen
  • Wenn diese Kompensationsmechanismen den normalen Blutdruck nicht aufrechterhalten können, führt die Hypotonie zu Symptomen.
• Bei septischem Schock Schock Schock: Überblick und Anaphylaxie Anaphylaxie Typ-I-Allergie wird die Hypotonie durch eine erhöhte Freisetzung von Zytokinen verursacht, die eine Vasodilatation bewirken → Abnahme des peripheren Gefäßwiderstandes → Abnahme des Blutdrucks
  • Massive Entzündung Entzündung Entzündung und Freisetzung von Zytokinen führen auch zur Kontraktion der Endothelzellen → Austritt von intravasalem Volumen in das Interstitium → geringeres zirkulierendes intravasales Volumen → Hypotonie
• Herzinsuffizienz und Myokardinfarkt Myokardinfarkt Myokardinfarkt verursachen eine Hypotonie aufgrund eines verringerten Herzzeitvolumens → weniger zirkulierendes intravasales Volumen → Hypotonie
• Medikamente können eine Hypotonie verursachen durch:
  • Verringerung des peripheren Gefäßwiderstands (z. B. Alpha-Blocker Alpha-Blocker Antiadrenerge Medikamente)
  • Verursacht Volumenmangel (z. B. Thiaziddiuretika Thiaziddiuretika Thiaziddiuretika)
• Eine Schädigung des Nervensystems kann auch eine Hypotonie verursachen, indem der systemische Gefäßwiderstand Gefäßwiderstand Physiologie des Blutkreislaufs aufgrund des Verlusts der sympathischen Impulse und/oder der zentralen Kontrolle der Blutdruckregulation verringert wird.
• Hypotonie ist in der Schwangerschaft Schwangerschaft Schwangerschaft: Diagnostik, mütterliche Physiologie und Routineversorgung häufig aufgrund von:
  • Hormonelle Veränderungen
  • Der gravide Uterus komprimiert die untere Hohlvene (verringert den venösen Rückfluss und das Herzzeitvolumen Herzzeitvolumen Herzmechanik)

Klinik

• Benommenheit oder Schwindel
• Synkope Synkope Synkope (vorübergehender Bewusstseinsverlust)
• Brechreiz
• Ermüdung
• (übermäßiges) Schwitzen oder feuchte Haut Haut Haut: Aufbau und Funktion, Blässe
• Verwirrung
• Verschwommenes Sehen

Diagnostik

Akute Diagnostik

Anamnese:

• Blutungen
• Trauma
• Medikamente
• Brustschmerzen Brustschmerzen Brustschmerzen
• Insekten- oder Tierbisse
• Atemstörung
• Schwangerschaft Schwangerschaft Schwangerschaft: Diagnostik, mütterliche Physiologie und Routineversorgung oder mögliche Schwangerschaft Schwangerschaft Schwangerschaft: Diagnostik, mütterliche Physiologie und Routineversorgung
• Gezielte Anamnese je nach Situation und Symptomen

Körperliche Untersuchung:

• Bei Schock Schock Schock: Überblick Beurteilung von Atemwegen, Atmung und Kreislauf (ABCs (Airway, Breathing, Circulation))
• Wiederholte Blutdruckmessungen in Ruhe < 100 bzw. 110/60 mm Hg
• Mentaler Status
• Hautturgor
• Kardiale Untersuchung

Labordiagnostik:

• Kleines Blutbild
• Glukose, Elektrolyte Elektrolyte Elektrolyte, Harnstoff/Kreatinin
• Urinstatus
• Blut- und Urinkulturen
• Herzenzyme

Zusätzliche Diagnostik:

• EKG EKG Normales Elektrokardiogramm (EKG)
• Bildgebung des verdächtigen Organs/der verdächtigen Region (z. B. Gehirn, Bauch, Nieren Nieren Niere)
• Endoskopie oder Koloskopie bei Verdacht auf gastrointestinale Blutung

Ambulante/nicht dringliche Diagnostik

• Detaillierte Anamnese und körperliche Untersuchung
• Labordiagnostik wie indiziert
• Zusätzliche Untersuchungen bei Bedarf/nach klinischem Verdacht:
  • Belastungstest und/oder Echokardiogramm, wenn die Anamnese zu einer möglichen kardialen Ursache passt
  • Langzeit-Monitor, wenn die Symptome intermittierend sind oder wenn die Anamnese zu einer möglichen Arrhythmie passt
  • Bildgebende Diagnostik je nach Anamnese
  • Kipptischuntersuchung/Schellong-Test zur Diagnose einer orthostatischen Hypotonie
• Überweisung an Kardiologen, Neurologen, Gastroenterologen oder andere Spezialisten, falls notwendig

Therapie

Die Therapie der Hypotonie richtet sich nach der Ätiologie. Daher ist es am wichtigsten, die Ursache zu erkennen und diese entweder medikamentös oder chirurgisch angemessen zu behandeln.

Ursachenspezifische Therapie

Medikamentöse Therapie

Differentialdiagnosen

Die folgenden Pathologien sind die häufigsten Ursachen für Hypotonie:

• Herzinsuffizienz: die Unfähigkeit des Herzens, den Körper mit einem normalen Herzzeitvolumen Herzzeitvolumen Herzmechanik zu versorgen, um seinen Stoffwechselbedarf zu decken und die Organe mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Die Echokardiographie kann die Diagnose bestätigen und Aufschluss über die Ejaktionsfraktion liefern. Die Therapie zielt darauf ab, überschüssige Flüssigkeit zu entfernen und den Sauerstoffbedarf des Herzens zu verringern.
• Tachyarrhythmien: eine Arrhythmie, bei der die Herzfrequenz Herzfrequenz Herzphysiologie 100/min überschreitet, was zu einer schlechten Durchblutung führen kann. Kann physiologisch, ohne Symptome einer hämodynamischen Veränderung, oder pathologisch sein, was zu hämodynamischer Instabilität führt und möglicherweise mit kardialen Anomalien, systemischen Erkrankungen oder Medikamententoxizität zusammenhängt.
• Bradyarrhythmien: eine Arrhyhtmie, bei dem die Herzfrequenz Herzfrequenz Herzphysiologie bei < 60/min liegt. Kann physiologisch, ohne Symptome oder hämodynamische Veränderungen, oder pathologisch sein, was zu verringertem Herzzeitvolumen Herzzeitvolumen Herzmechanik und hämodynamischer Instabilität führt. Kann sich als Synkope Synkope Synkope, Schwindel oder Dyspnoe Dyspnoe Dyspnoe (Atemnot/Luftnot) manifestieren.
• Sepsis Sepsis Sepsis und septischer Schock: eine Organdysfunktion, die aus einer fehlregulierten systemischen Reaktion des Wirts auf eine Infektion resultiert. Die Ätiologie ist hauptsächlich bakteriell und eine Pneumonie Pneumonie Pneumonie (Lungenentzündung) der am häufigsten bekannte Fokus. Die Patient*innen stellen sich häufig mit Fieber Fieber Fieber, Tachykardie, Tachypnoe Tachypnoe Untersuchung der Lunge, Hypotonie und/oder verändertem mentalen Status vor.
• Nebenniereninsuffizienz Nebenniereninsuffizienz Nebenniereninsuffizienz und Morbus Addison: die unzureichende Produktion von Nebennierenrindenhormonen ( Glukokortikoide Glukokortikoide Glukokortikoide, Mineralokortikoide und Nebennierenandrogene). Die Ätiologie kann primär oder sekundär sein. Die primäre Nebenniereninsuffizienz Nebenniereninsuffizienz Nebenniereninsuffizienz und Morbus Addison ( Morbus Addison Morbus Addison Nebenniereninsuffizienz und Morbus Addison) hängt mit einer Erkrankung der Nebennierenrinde selbst zusammen. Die häufigste Ursache ist eine Autoimmun-Adrenalitis. Eine sekundäre Nebenniereninsuffizienz Nebenniereninsuffizienz Nebenniereninsuffizienz und Morbus Addison ist die Folge einer verminderten Produktion von adrenokortikotropem Hormon ( ACTH ACTH Hormone der Nebenniere), entweder aufgrund einer verlängerten Glukokortikoidtherapie oder einer Erkrankung der Hypophyse Hypophyse Hypophyse oder des Hypothalamus Hypothalamus Hypothalamus.
• Hypothermie Hypothermie Hypothermie: längere oder schwere Kälteexposition, die eine periphere Vasokonstriktion Vasokonstriktion Physiologie des Blutkreislaufs verursacht, wenn die durchschnittliche Körpertemperatur unter 34 °C (93,2 °F) sinkt. Eine Hypotonie kann entstehen, wenn kompensatorische Mechanismen versagen.
• Hitzschlag Hitzschlag Hitzeerschöpfung/Hitzschlag: eine Krankheit, gekennzeichnet durch eine Körperkerntemperatur von über 40 °C mit begleitenden neurologischen Symptomen wie Ataxie Ataxie Ataxie-Teleangiektasien, Krampfanfällen und/oder Delirium. Gewöhnlich aufgrund der Unfähigkeit des Körpers, seine Temperatur zu regulieren, wenn er einer erhöhten Hitzebelastung ausgesetzt wird, was zu einer peripheren Vasodilatation und einer daraus resultierenden Hypotonie führt.
• Dehydration Dehydration Volumenmangel und Dehydration: bezieht sich auf einen Wasserverlust im Körper. Dehydration Dehydration Volumenmangel und Dehydration kann durch gastrointestinale Verluste (z. B. Durchfall Durchfall Durchfall (Diarrhö)), renale Verluste (z. B. Diuretika Diuretika Medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz und der Angina pectoris), Blutungen, unzureichende Natriumaufnahme und/oder Flüssigkeitsmangel verursacht werden. Der Körper verliert auch durch physiologische Prozesse wie Atmung, Wasserlassen und Schwitzen Flüssigkeit. Eine Dehydration Dehydration Volumenmangel und Dehydration tritt auf, wenn der Flüssigkeitsverlust des Körpers die Flüssigkeitsaufnahme übersteigt.
• Myokardinfarkt Myokardinfarkt Myokardinfarkt: Ischämie des Myokardgewebes aufgrund einer vollständigen Obstruktion oder drastischen Verengung der Koronararterien. Dieser Zustand wird normalerweise von einem Anstieg der Herzenzyme, typischen EKG-Veränderungen und Brustschmerzen Brustschmerzen Brustschmerzen begleitet. Das infolgedessen verringerte Herzzeitvolumen Herzzeitvolumen Herzmechanik führt oft zu einer Hypotonie.