Klinische Untersuchung der Mamma

Überblick

Indikationen

• Inspektion und Palpitation der Mamma bei Routineuntersuchung zur Krebsvorsorge ab dem 30. Lebensjahr (ggf. früher bei Risikofaktoren oder Symptomen)
• Empfehlung zur regelmäßigen Selbstuntersuchung
• Vor weiterer Diagnostik durchzuführen, z. B. vor Sonografie und Mammografie

Zustimmung einholen

• Die Mamma kann bei vielen Frauen* ein intimer Bereich sein, weshalb die Untersuchung als unangenehm wahrgenommen werden kann.
• Zu Beginn sollten Untersucher*innen:
  • Indikation für die Mammauntersuchung erklären
  • Schritte der Untersuchung beschreiben
  • Erklären, welchen Informationen während der Untersuchung gewonnen werden können und welche weiteren Schritte für eine eventuelle weitere Untersuchung erforderlich sind.
• Angesichts der Intimität der Mammantersuchung kann es hilfreich sein, wenn eine weitere Person (zum Beispiel eine Pflegekraft) während der Untersuchung im Raum anwesend ist.

Positionierung für die Untersuchung

• In stehender (oder auch sitzender) und in liegender Position; empfohlen in Deutschland:
  • Untersuchung im Stehen
  • Arme in die Hüfte gestützt, hinter dem Kopf verschränkt, locker herunterhängen
• Vollständig entkleideter Oberkörper
• Untersucher*innen sollten:
  • Vor Patient*innen stehen, wenn die Untersuchung im Sitzen oder Stehen durchgeführt wird
  • Rechts von Patient*innen bei Untersuchung in Rückenlage
• Gute Beleuchtung und Privatsphäre sind während der Untersuchung wichtig.

Bestandteile der Untersuchung der Mamma

• Inspektion
• Palpitationen

Anatomie

Die Anatomie der Mamma und der Achselhöhle sowie die Beziehung zum Thorax sollten sich erneut vor der Untersuchung bewusst gemacht werden. Die Kenntnis der zugrunde liegenden Gewebeanatomie erleichtert die Interpretation und Beschreibung der Befunde.

• Die Strukturen umfassen:
  • Haut Haut Haut: Aufbau und Funktion
  • Brustwarze (Mamille)
  • Warzenvorhof (Areola mammae)
  • Ductuli lacteferi
  • Sinus lacteferi
  • Lobuli
  • Fettgewebe Fettgewebe Fettgewebe: Histologie
  • Lymphknoten Lymphknoten Lymphsystem
• Brustgewebe:
  • Liegt an der vorderen Thoraxwand an und erstreckt sich vom Schlüsselbein und der 2. Rippe bis zur 6.
  • Besteht aus proportional mehr Drüsengewebe bei prämenopausalen Frauen und Fettgewebe Fettgewebe Fettgewebe: Histologie bei postmenopausalen Frauen (wenn sich das Drüsengewebe zurückbildet)
• Achselhöhle:
  • Ausläufer des Brustgewebes
  • Lymphgefäße

Inspektion

Inspektion

• Beurteilung von:
  • Größe und Form
  • Narben: können auf frühere Operationen hinweisen (z. B. Brustvergrößerung, Brustverkleinerung, Brusterhaltende Operationen (BE) oder Mastektomie)
  • Asymmetrie: Umriss/Kontur der Brust und veränderte Bereiche (kann eine darunter liegende Raumforderung darstellen)
  • Hautveränderungen: Dellen oder Einziehungen, Ödeme, Ulzerationen, Erytheme oder ekzematöses Aussehen (z. B. schuppige, dicke, raue Haut Haut Haut: Aufbau und Funktion, Peau d`orange)
  • Veränderungen der Brustwarzen: Symmetrie, Inversion, Einziehung, Ausfluss oder Verkrustung der Brustwarze
• Die Patient*innen sollten dann aufgefordert werden, die Hände über den Kopf zu heben: Test zur Beurteilung, ob das Brustgewebe an der Brustwand Brustwand Brustwand verankert ist.
• Patient*innen bitten die Hände auf die Hüften zu legen und sich nach vorne zubeugen:
  • Durch die Position wird der Pectoralis-Muskel kontrahiert, was die Faltenbildung der Haut Haut Haut: Aufbau und Funktion verstärkt, wenn eine Raumforderung an der Brustwand Brustwand Brustwand festsitzt.
  • Zu beachten sind Bereiche, die sich zurückziehen

Hautveränderungen im Zusammenhang mit pathologischen Veränderungen

• Faltenbildung des Brustgewebes: bösartiger Tumor, der in die Suspensoriumsbänder eindringt
• Peau d’orange:
  • Einziehungen auf der Haut Haut Haut: Aufbau und Funktion, die einer Orangenschale ähneln
  • Assoziiert mit inflammatorischen Mammakarzinom Mammakarzinom Mammakarzinom (Brustkrebs)
• Erythem:
  • Gerötete und oft schmerzempfindliche Brustbereiche
  • Die Differenzialdiagnose umfasst:
    • Infektion: Mastitis Mastitis Mastitis (insbesondere beim Stillen), Zellulitis oder Abszess
    • Trauma
    • Mammakarzinom Mammakarzinom Mammakarzinom (Brustkrebs)

Befund der Mamille

• Zur Differenzialdiagnose der Schuppung von Mamillen und Areolen in Verbindung mit Erythem und Juckreiz gehören:
  • Paget-Krankheit
  • Ekzem
  • Psoriasis Psoriasis Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte)
• Invasion der Brustwarze:
  • Kann ein normaler Befund sein
  • Mögliche zugrunde liegende pathologische Ursachen:
    • Mammakarzinom Mammakarzinom Mammakarzinom (Brustkrebs)
    • Abszess
    • Mastitis Mastitis Mastitis
    • Brustdrüsengang-Ektasie
• Akzessorische Mamille:
  • Angeborene, zusätzliche Brustwarze(n) entlang der Brustwarzenlinie
  • Normalerweise ein benigner Befund
• Ausfluss aus der Brustwarze:
  • Zu beachten ist, ob der Ausfluss spontan auftritt oder nur dann vorhanden ist, wenn er durch Palpation des Mamillen-Areolar-Komplexes ausgedrückt wird.
  • Mögliche Ursachen für Brustausfluss:
    • Milchiger Ausfluss:
      • Normal in der Schwangerschaft Schwangerschaft Schwangerschaft: Diagnostik, mütterliche Physiologie und Routineversorgung und Stillzeit
      • Medikamente: orale Verhütungsmittel, Antidepressiva und Antipsychotika
      • Hypophysentumor (d. h. Prolaktinom)
    • Eitriger Ausfluss:
      • Mastitis Mastitis Mastitis
      • Zentraler Abszess
    • Blutiger Ausfluss:
      • Mammakarzinom Mammakarzinom Mammakarzinom (Brustkrebs) (seltenes Symptom)
      • Intraduktales Papillom
      • Brustdrüsengang-Ektasie

Palpitation

• Palpitation sollte bimanuell durchgeführt werden
• Eine Hand Hand Hand wird zum Widerlager und befindet sich jeweils entgegengesetzt zur palpierenden Hand Hand Hand
• Alle vier Quadranten werden nacheinander in 3 Phasen abgetastet, zusätzlich auch Areolae und Mamillae
  • Oberflächliche, mittlere und tiefe Schichten
  • Durch unterschiedlichen Druck sind die verschiedenen Schichten beurteilbar
• Palpation von Areolae und Mamillae:
  • Beurteilung von ggf. Ausfluss
  • Zeigefinger und Daumen radial um die Mamille
  • Das Areolargewebe wird zur Mamille hin gedrückt.
• Palpation der Lymphknotenstationen:
  • Axillär
  • Supraklavikulär
  • Infraklavikulär

Beschreibung der Befunde

Die Befunde sollten genau beschrieben werden, da sich hieraus in den Leitlinien beispielsweise andere Biopsieverfahren bei palpablen Raumforderungen ergeben.

Inspektion

• Form und Größe (Relevant bei Frage nach BE oder Mastektomie)
• Symmetrie oder Asymmetrie
• Alle Hautveränderungen
• Veränderungen an den Mamillen

Palpation

• Beschreibung von Verdichtungen oder Veränderungen der Textur des Brustgewebes:
  • Größe in cm
  • Lokalisation:
    • Quadrant der Brust und Abstand zur Brustwarze in cm
    • Quadranten der Brust: obere äußere, obere innere, untere äußere und unterer innerer
    • Kann auch durch Zahlen auf einem Ziffernblatt und den Abstand zur Brustwarze beschrieben werden
  • Form: rund, scheibenförmig oder unregelmäßig im Umriss
  • Konsistenz: weich, fest oder hart
  • Abgrenzung: gut umschrieben oder nicht
  • Derbheit
  • Fluktuation
  • Mobilität: stationär oder mobil:
    • Bewegt sich frei
    • Bewegt sich mit der darüber liegenden Haut Haut Haut: Aufbau und Funktion
    • Bewegungen mit Brustmuskelkontraktion
• Beschreibung der darüberliegenden Hautveränderungen (z. B. Erytheme oder Einziehungen)
• Beschreibung von Ausfluss aus den Mamillen:
  • Farbe (z. B. milchig, grün, gelb oder blutig)
  • Konsistenz (z. B. dickflüssig oder wässrig)
  • Menge
• Beschreibung der tastbaren Lymphknoten Lymphknoten Lymphsystem:
  • Größe in cm
  • Lokalisation: axillär, supraklavikulär oder infraklavikulär
  • Konsistenz: weich, fest oder hart
  • Verschieblich oder nicht

Wichtige typische Befunde

Klinische Relevanz

• Fibroadenom Fibroadenom Benigne Läsionen der Mamma: der häufigste gutartige Brusttumor. Die Ätiologie ist unbekannt, aber es besteht ein hormoneller Zusammenhang. Der Untersuchungsbefund zeigt eine gut definierte, bewegliche, feste Raumforderung. Die Diagnose wird durch eine Biopsie gestellt. Die meisten Fibroadenome erfordern keinen Eingriff, doch kann eine chirurgische Exzision zur Bestätigung der Diagnose indiziert sein.
• Mammakarzinom Mammakarzinom Mammakarzinom (Brustkrebs): die weltweit am häufigsten diagnostizierte maligne Erkrankung (noch vor Lungenkrebs). Kann sich als eine harte, unbewegliche, einzelne Raumforderung mit unregelmäßigen Rändern bei der Untersuchung darstellen, die weitere Untersuchungen mittels bildgebender Verfahren und Biopsie erfordert. Der Verdacht auf ein Mammkarzinom kann auch durch eine Screening-Mammografie geäußert werden, obwohl keine Raumforderung tastbar ist. Die Behandlung umfasst die chirurgische Entfernung (Brusterhaltende Operation oder Mastektomie) und kann auch eine Chemotherapie, eine Bestrahlung und/oder eine Hormontherapie umfassen.
• Mastitis Mastitis Mastitis: Entzündung Entzündung Entzündung des Brustgewebes während der Laktation Laktation Stillen oder außerhalb der Laktation Laktation Stillen, die mit einer Infektion einhergehen kann, aber nicht muss. Die Mastitis Mastitis Mastitis wird häufig durch einen verstopften Milchkanal verursacht. Zu den Untersuchungsergebnissen gehören Rötung, Schwellung, Verhärtung und Wärmegefühl bei Berührung. Die Diagnose ist klinisch. Die Behandlung besteht in einer symptomatischen Behandlung von Schmerzen und Schwellungen, einer vollständigen Entleerung der Brust (Stillzeit) und manchmal einer Antibiotikatherapie.
• Abszess der Brust: eine örtlich begrenzte Ansammlung von entzündlichem Exsudat im Brustgewebe. Ein Brustabszess Brustabszess Benigne Läsionen der Mamma ist das erste Anzeichen einer Brustinfektion oder eine Folge einer Mastitis Mastitis Mastitis oder Zellulitis, die nicht auf eine antibiotische Behandlung anspricht. Der Untersuchungsbefund zeigt eine fluktuierende, schmerzhafte, tastbare Raumforderung. Die Diagnose wird klinisch gestellt und kann durch eine Ultraschalluntersuchung bestätigt werden. Die Behandlung erfolgt durch Inzision und Drainage oder ultraschallgesteuerte Aspiration.
• Paget-Krankheit der Brust: ein seltenes Mammakarzinom Mammakarzinom Mammakarzinom (Brustkrebs), das sich durch schuppende, juckende, blutende oder ulzerierende Läsionen äußert, die an der Brustwarze beginnen und sich auf den Warzenhof ausbreiten. Zu den Untersuchungsergebnissen gehören Schuppung der Brustwarze/des Warzenhofs und gelegentlich blutiger Ausfluss aus der Brustwarze. Die Diagnose wird durch eine Biopsie gestellt. Die Behandlung erfolgt durch eine Operation und kann eine Chemo- und/oder Strahlentherapie umfassen.
• Galaktorrhoe: milchiger, ein- oder beidseitiger Ausfluss aus den Brustwarzen, der nicht mit dem Stillen zusammenhängt. Häufige Ursachen sind übermäßige Stimulation der Brust, ein gutartiger Hypophysentumor (Prolaktinom), eine Schilddrüsenunterfunktion und Medikamente. Die Behandlung umfasst die Beseitigung der zugrunde liegenden Ursache.