Kryptorchismus

Überblick

Definition

Kryptorchismus ist das Fehlen eines oder beider Hoden Hoden Hoden im Skrotum. Kryptorchide Hoden Hoden Hoden („versteckte Hoden Hoden Hoden“) können entweder nicht deszendiert sein oder fehlen (atrophiert) ganz.

Epidemiologie

• Prävalenz bei der Geburt insgesamt ca. 3 %
  • Reif geborene Säuglinge: 2–5 %
  • Frühgeborene: 30 %
• Risikofaktoren:
  • Mütterliches Rauchen und Alkoholexposition
  • Fetale Exposition gegenüber Paracetamol Paracetamol Paracetamol und Diethylstilbestrol (nicht mehr zugelassen)
  • Frühgeburt Frühgeburt Vorzeitige Wehentätigkeit und Frühgeburt
  • Kleine Körpergröße für Gestationsalter Gestationsalter Schwangerschaft: Diagnostik, mütterliche Physiologie und Routineversorgung und niedriges Geburtsgewicht
• Kryptorchismus häufig als isolierte Erkrankung; aber auch als Teilbefund im Rahmen eines Syndroms möglich:
  • Störungen der Geschlechtsdifferenzierung Geschlechtsdifferenzierung Bestimmung des Geschlechts (DSD: disorders of sex differentation)
  • Kongenitale Nebennierenhyperplasie
  • Genetische Störungen wie Klinefelter-Syndrom und Prader-Willi-Syndrom Prader-Willi-Syndrom Prader-Willi-Syndrom und Angelman-Syndrom

Pathophysiologie

Die Pathogenese wurde insgesamt immer noch nicht vollständig geklärt. Dass hormonelle und anatomische embryologische Faktoren eine entscheidende Rolle dabei spielen, ist allerdings bekannt.

Physiologischer Hodendeszensus:

• Intraabdominelle Phase: hormonelle Einleitung des Dezensus durch das Anti-Müller-Hormon, Insulin-like-Hormon 3 und Androgene Androgene Androgene und Antiandrogene
• Leistenphase (bis 28. Schwangerschaftswoche): vermittelt durch Androgen/ Testosteron Testosteron Androgene und Antiandrogene
• Anschwellen des Gubernaculum testis und dadurch Herabziehen des Hodens entlang des Leistenkanals in das Skrotum

Defekte Mechanismen in den verschiedenen Abstiegsphasen:

• Veränderungen der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-(HPA)-Achse, insbesondere Testosteron Testosteron Androgene und Antiandrogene
• In utero erhöhte Expression von Östradiol in der Plazenta Plazenta Plazenta, Nabelschnur und Amnionhöhle
• Hodenagenesie (durch Schädigung der zu den Hoden Hoden Hoden verlaufenden Gefäße)
• Veränderungen des Bauchdrucks

Klinik und Diagnostik

Klinischer Befund

• Hoden Hoden Hoden palpabel:
  • Supraskrotal (häufigste Lokalisation): außerhalb des äußeren Leistenrings
  • Intrakanalikulär: im Leistenkanal Leistenkanal Leistenkanal und Hernien
• Hoden Hoden Hoden nicht palpabel:
  • Intraabdominell
  • Fehlende Hoden Hoden Hoden
  • Leerer oder hypoplastisches Skrotum

Untersuchung

• Die Diagnose basiert hauptsächlich auf einer umfassenden körperlichen Untersuchung.
  • Palpation des Hodens:
    • Positionierung des Säuglings in Rückenlage
    • Warme, eingecremte Hände erforderlich: eine Hand Hand Hand in der Nähe der Spina iliaca anterior superior (ASIS) und die andere am Skrotum
    • Entlangstreichen der Fingerspitzen ab der ASIS über den Leistenkanal Leistenkanal Leistenkanal und Hernien
  • Genitaluntersuchung:
    • Beurteilung der Position des Harnröhrengangs → Auschluss einer Hypospadie
    • Überprüfung des Penis Penis Penis auf Größe und atypisches Aussehen
    • Auffinden eines hypoplastischen Hodensack Hodensack Hoden oder einer schlecht entwickelten Haut Haut Haut: Aufbau und Funktion am Skrotum?
  • Leistenuntersuchung: Überprüfen des Volumens; kann auf eine Hernie oder Lymphadenopathie Lymphadenopathie Lymphadenopathie hinweisen
• Bildgebung:
  • Im Allgemeinen nicht erforderlich (nicht ausreichende Sensitivität und Spezifität)
  • Ultraschall Ultraschall Ultraschall (Sonographie): bei nötigem Ausschluss einer Störung der Geschlechtsdifferenzierung Geschlechtsdifferenzierung Bestimmung des Geschlechts oder der Gonaden/ des Uterus

Therapie

Behandlungsprinzipien

• Ziel: Fixierung eines vitalen Hodens in der normalen Lokalisation im Skrotum oder Entfernung nicht vitaler Hodenbestandteile
• Zeitliche Begrenzung:
  • Interventionsbedarf bei fehlendem Deszensus bis zum Alter von 6 Monaten
  • Operation vor dem 2. Lebensjahr (idealerweise vor 1. Lebensjahr)
• Ziele der Therapie:
  • Ermöglichung des Hodenwachstums und Erhaltung der Fruchtbarkeit
  • Reduktion des Risikos eines Hodentumors
  • Ermöglichung der Untersuchung des Hodens
  • Verringerung des Risikos einer Hodentorsion Hodentorsion Hodentorsion

Operation bei palpablen Hoden Hoden Hoden

• Orchidopexie über inguinalen Zugang: Ablösung des Hodens und des Samenstranges von deren Ansätze und Fixierung des Hodens in der Skrotaltasche
• Komplikationen: Hodenatrophie, Infektion, Blutung, Leistenbruch

Operation bei nicht palpablen Hoden Hoden Hoden

• Diagnostische Laparoskopie Laparoskopie Laparotomie und Laparoskopie zur Suche nach intraabdominellen Hoden Hoden Hoden
• Bei fehlendem Hoden Hoden Hoden → Feststellung des Vorhandenseins von blind endenden Gefäßen nötig
• Bei auffindbarem Hoden Hoden Hoden → laparoskopische Orchidopexie (mehrere Optionen):
  • Einzeitige Orchidopexie ohne Durchtrennung der Vasa testicularis
  • 1-stufige Fowler-Stephens (FS)-Orchidopexie mit Durchtrennung der Vasa testicularis (nicht mehr aktuell)
  • 2-stufige FS-Orchiopexie: der Vasa testicularis → Ausbildung eines kollateraler Blutflusses zu den Hoden Hoden Hoden innerhalb 6 Monaten → Mobilisation möglich

Klinische Relevanz

• Hodentumor Hodentumor Hodentumor: Patienten mit Kryptorchismus in der Vorgeschichte haben ein erhöhtes Risiko für einen Hodentumor Hodentumor Hodentumor (relatives Risiko von 2,9). Ein schmerzloser Knoten im Hoden Hoden Hoden ist die häufigste Symptomatik. Die meisten Hodentumore sind Keimzelltumoren. Die Diagnose umfasst eine körperliche Untersuchung, ein Ultraschall Ultraschall Ultraschall (Sonographie) des Hodens, eine Erhebung der Serumtumormarker und ein Screening auf Metastasen. Eine radikale Orchiektomie ist die Therapie der Wahl.
• Hodentorsion Hodentorsion Hodentorsion: die häufigste Ursache für akute, einseitige Hodenschmerzen. In der Regel entsteht die Hodentorsion Hodentorsion Hodentorsion durch eine abnorme Beweglichkeit des Hodens innerhalb des Skrotums, welche zu einer Verdrehung des Hodenstranges führt. Es kann ein skrotaler Ultraschall Ultraschall Ultraschall (Sonographie) durchgeführt werden, die Hodentorsion Hodentorsion Hodentorsion ist allerdings vorwiegend eine klinische Diagnose und erfordert eine sofortige Freilegung des Hodens und eine Orchidopexie.
• Leistenhernien: Hernien Hernien Hernien treten in Bereichen der Bauchdecke auf, wo die Muskulatur schwach und nicht durchgängig ist. Der erhöhte Druck in der Bauchhöhle führt zu einer Ausstülpung (Vorwölbung) des parietalen Peritoneums und z.T. von Organteilen durch die geschwächte Muskulatur (in diesem Fall im Leistenkanal Leistenkanal Leistenkanal und Hernien). Die Diagnose wird durch eine körperliche Untersuchung und Ultraschall Ultraschall Ultraschall (Sonographie) gestellt. Bei Bedarf wird eine manuelle Reposition oder Operation durchgeführt.
• Unfruchtbarkeit Unfruchtbarkeit Unfruchtbarkeit: Ein bevorstehender Kryptorchismus erhöht die Inzidenz einer beeinträchtigten Spermatogenese und senkt die Fertilitätsrate. Studien zeigen, dass eine frühzeitige Diagnose eines Hodenhochstands und damit auch einer frühzeitigen Orchidopexie zu einer erhöhten Erhaltung der Fruchtbarkeit führen.
• Pendelhoden: Die Hoden Hoden Hoden sind palpabel, befinden sich aber bei der Untersuchung in einer extraskrotalen Position und können manuell in den Hodensack Hodensack Hoden verlagert werden. Dort bleiben diese vorübergehend, steigen allerdings bei Auslösung des Kremasterreflexes oder bei Kälte und Stress wieder auf. Es erfolgt eine jährliche Kontrolle und Überwachung des Deszensus.