Pierre-Robin-Sequenz

Die Pierre-Robin-Sequenz, auch Pierre-Robin-Syndrom oder Robin-Sequenz genannt, ist eine Erkrankung bei Säuglingen, die durch eine Rücklage des Unterkiefers, eine in den Rachen zurückgezogene Zunge Zunge Mundhöhle: Lippen und Zunge und Atembeschwerden gekennzeichnet ist. Die genaue Ätiologie der Pierre-Robin-Sequenz ist nicht bekannt. Es wurden jedoch einige Faktoren identifiziert, die zur Pathogenese beitragen. Die abnorme Entwicklung des Unterkiefers während der Schwangerschaft Schwangerschaft Schwangerschaft: Diagnostik, mütterliche Physiologie und Routineversorgung sowie verschiedene genetische Mutationen stellen die erste Anomalie in einer Sequenz von Fehlentwicklungen dar, die zu Atem- und Ernährungsproblemen bei Neugeborenen führen.

Aktualisiert: 10.07.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

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Definition

Die Pierre-Robin-Sequenz (PRS) ist eine Trias aus angeborener mandibulären Retro- und Mikrognathie (kleiner, rückverlagerter Unterkiefer), Glossoptose (Zurücksinken der Zunge Zunge Mundhöhle: Lippen und Zunge in den Rachen) und Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion.

Pathophysiologie der Pierre-Robin-Sequenz

Pathophysiologie der Pierre-Robin-Sequenz, die ihre Klassifizierung als Sequenz und nicht als Syndrom rechtfertigt.

Bild von Lecturio.
Pierre Robin Sequenz

Verlauf der Trias von Ereignissen, die dem klinischen Bild der Pierre-Robin-Sequenz zugrunde liegen

Bild von Lecturio.

Epidemiologie und Ätiologie

Epidemiologie: 1 : 8.000 – 30.000 Lebendgeburten

Ätiologie:

  • Deletionen in den Loci 4p, 4q, 6q und 11q wurden mit Mikrognathie in Verbindung gebracht, die vermutlich die erste Anomalie in der Sequenz der Fehlbildungen ist.
  • Auch Duplikationen in den Loci 10q und 18q stehen mit Mikrognathie in Verbindung.
  • Einige äußere Faktoren des intrauterinen Milieus (z. B. Oligohydramnion Oligohydramnion Oligohydramnion) können bei der Mikrognathie eine Rolle spielen.
  • Es wird angenommen, dass die isolierte PRS sporadisch durch de-novo Mutationen im SOX9-Gen/Protein entsteht. Dieses ist bedeutsam für die Skelettentwicklung.
    • Familiäre Fälle der isolierten PRS sind selten und werden autosomal-dominant vererbt.
  • Die syndromale PRS wird nach dem Vererbungsmuster des assoziierten Syndroms vererbt.

Klinik

  • Die Pierre-Robin-Sequenz ist charakterisiert durch eine Trias:
    1. Mikrognathie:
      • Hypoplastische Anomalien des Unterkiefers
      • Der röntgenologische Befund einer Mikrognathie ist die Grundlage der Diagnosestellung.
    2. Glossoptose: abnorme Lage der Zunge Zunge Mundhöhle: Lippen und Zunge im hinteren Teil des Mundes bzw. Rachenraums
    3. Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion:
  • Suprasternale Retraktionen und der Einsatz der auxiliären Atemmuskulatur sind häufige Befunde bei Säuglingen mit PRS. Die kompensatorische Aktivierung erfolgt, um der Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion gewaltsam entgegenzuwirken.
  • Häufig assoziiert mit Ernährungsproblemen, die zu Malnutrition und Gedeihstörungen führen.
  • Häufig bedingt die Glossoptose eine U- oder V-förmige Gaumenspalte Gaumenspalte Lippen-Kiefer-Gaumen- und Gaumenspalte, da die Verschmelzung der beiden Gaumenfortsätze behindert wird.

Diagnostik und Therapie

Diagnostik

  • Hauptsächlich auf Grundlage der klinischen Manifestationen und der Röntgenbefunde der Mikrognathie
  • Genetische Untersuchungen (z. B. Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung) sind wichtig, um festzustellen, ob die PRS isoliert auftritt oder mit einem anderen Syndrom in Verbindung steht.

Therapie

  • Patient*innen mit PRS können konservativ behandelt werden.
    • Die Lagerung in Bauch- oder Seitenlage verhindert eine Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion in zwei Dritteln der Fälle.
    • Um häufige Sauerstoffentsättigungen zu vermeiden, kann ein nasopharyngealer Tubus eingeführt werden.
    • Durch eine nasogastrale Sonde kann die Nahrungsaufnahme unterstützt und eine Malnutrition vorgebeugt werden.
  • Zeigen die konservativen Maßnahmen keine Wirkung, kann die Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion chirurgisch beseitigt werden.
    • Glossopexie (Annähen der Zunge Zunge Mundhöhle: Lippen und Zunge an die Unterlippe)
    • Distraktionsosteogenese oder Unterkieferdistraktion
    • Tracheostomie (in schweren Fällen)
  • Bei Patient*innen mit Lippen- und/oder Gaumenspalten sind teilweise korrigierende chirurgische Eingriffe erforderlich.

Differentialdiagnose

Die folgenden Erkrankungen sind Differentialdiagnosen der isolierten oder syndromalen Pierre-Robin-Sequenz:

  • Velokardiofaziales Syndrom (Shprintzen-Goldberg-Syndrom): auch Mikrodeletionssyndrom 22q11 genannt. Die Störung geht mit angeborenen Herzfehlern, Gaumenanomalien, Hypokalzämie Hypokalzämie Hypokalzämie, immunologischen Störungen (z. B. Autoimmunerkrankungen), endokrinen Erkrankungen (z. B. Wachstumshormonmangel), Magen-Darm-Problemen, Fütterungsschwierigkeiten, Nierenfehlbildungen, Hörverlust, Krampfanfällen, leichten Gesichtsanomalien und Lernbehinderungen einher.
  • Stickler-Syndrom: eine seltene Bindegewebserkrankung, die sich in Form von Kurzsichtigkeit Kurzsichtigkeit Refraktionsfehler, Netzhautablösung Netzhautablösung Netzhautablösung (Amotio/Ablatio retinae), Schwerhörigkeit Schwerhörigkeit Hörminderung, einer charakteristischen Gesichtsdysmorphie mit abgeflachtem Mittelgesicht und Gelenkschmerzen manifestiert. Betroffene können zudem Merkmale der PRS (Mikrognathie, Glossoptose und Gaumenspalte Gaumenspalte Lippen-Kiefer-Gaumen- und Gaumenspalte) aufweisen.
  • Treacher-Collins-Syndrom Treacher-Collins-Syndrom Treacher-Collins-Syndrom (Mandibulo-faziale Dysostose): eine seltene autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die durch schwerwiegende kraniofaziale Dysmorphien und Schallleitungsschwerhörigkeit gekennzeichnet ist. Das Treacher-Collins-Syndrom Treacher-Collins-Syndrom Treacher-Collins-Syndrom ist eine rein körperliche Erkrankung, bei der weder die Kognition noch andere Entwicklungsbereiche beeinträchtigt sind.
  • Beckwith-Wiedemann-Syndrom: eine durch Veränderungen der Chromosomensequenz 11p15.5 verursachte Krebsprädisposition. Charakteristisch sind ein überdurchschnittlich hohes Geburtsgewicht (Large for Gestational Age), Makrosomie, Makroglossie, Organomegalie, Omphalozele Omphalozele Omphalozele (Nabelschnurbruch), Nabelbruch und/oder Rektusdiastase.
  • CHARGE-Syndrom: eine seltene genetische Erkrankung bei Kindern, die aufgrund einer gestörten Genexpression infolge vererbter Mutationen fast alle Körpersysteme betrifft.
  • Schlafapnoe bei Kindern: eine Schlafstörung, bei der die Atmung des Kindes während des Schlafs wiederholt teilweise oder vollständig behindert wird. Während die Schlafapnoe bei Erwachsenen in der Regel mit Müdigkeit und Tagesschläfrigkeit Tagesschläfrigkeit Narkolepsie einhergeht und auf Übergewicht zurückzuführen ist, treten im Rahmen der Schlafapnoe bei Kindern eher Verhaltensstörungen auf. Ursächlich sind meist vergrößerte Polypen und Mandeln.
  • DiGeorge-Syndrom DiGeorge-Syndrom DiGeorge-Syndrom: eine Erkrankung, die durch eine Mikrodeletion an der Position q11.2 des Chromosoms 22 verursacht wird. Grundlage ist eine mangelhafte Entwicklung der 3. und 4. Schlundtasche. Das führt zu einer Hypoplasie des Thymus und der Nebenschilddrüsen Nebenschilddrüsen Nebenschilddrüsen. Weitere Merkmale sind angeborene Herzfehler, charakteristische Gesichtsmerkmale, Gaumenspalten, Infektanfälligkeit, Entwicklungsverzögerungen, Lernprobleme und psychiatrische Störungen.
  • Fetale Alkoholspektrumsstörungen: eine Gruppe von Erkrankungen, die bei Neugeborenen auftreten können, deren Mütter während der Schwangerschaft Schwangerschaft Schwangerschaft: Diagnostik, mütterliche Physiologie und Routineversorgung große Mengen Alkohol konsumiert haben. Typisch sind kraniofaziale Dysmorphien, Kleinwuchs Kleinwuchs Kleinwuchs bei Kindern, ein niedriges Körpergewicht, Mikrozephalie, beeinträchtigte koordinative Fähigkeiten, Intelligenzminderung, Verhaltensstörungen und Hör- oder Sehstörungen.
  • Pectus excavatum Pectus excavatum Untersuchung des Herzens und des Kreislaufsystems: eine angeborene Fehlbildung des Brustkorbs mit einer Vertiefung des Brustbeins, die in der Regel am Manubrium Manubrium Brustwand beginnt und sich bis zum Schwertfortsatz hinunterzieht. Kann sporadisch oder im Zusammenhang mit Bindegewebserkrankungen (z. B. Marfan-Syndrom Marfan-Syndrom Marfan-Syndrom) auftreten.
  • Lippen-Kiefer-Gaumenspalte: ein angeborener Fehlbildung im Bereich des Gesichts, bei der die Oberlippe und/oder der Gaumen Gaumen Mundhöhle: Gaumen (Palatum) betroffen ist. Sie kann einseitig, beidseitig, vollständig oder unvollständig ausgeprägt sein. Eine Lippenspalte Lippenspalte Lippen-Kiefer-Gaumen- und Gaumenspalte resultiert aus einer fehlerhaften Verschmelzung des Oberkieferfortsatzes mit dem medialen Nasenwulst, während eine Gaumenspalte Gaumenspalte Lippen-Kiefer-Gaumen- und Gaumenspalte durch eine fehlerhafte Verschmelzung der Gaumenfortsätze verursacht wird. Klinisch zeigen sich Schwierigkeiten bei der Sprachentwicklung, der Nahrungsaufnahme, dem Schlucken Schlucken Gastrointestinale Motilität und dem Zahndurchbruch sowie Missbildungen im Gesichtsbereich.

Quellen

  1. Bald M, Biberthaler P, Blattmann C, Bosse H, Engelmann G, Fitzke G, Freisinger P, Hellstern G, Hempel M et al. Kurzlehrbuch Pädiatrie. Hrsg. 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2012. doi:10.1055/b-002-96291
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