Polyzytisches Ovarialsyndrom (PCO Syndrom, PCOS)

Das polyzystische Ovarialsyndrom (PCO Syndrom, PCOS) ist die häufigste endokrine Störung bei Personen im gebärfähigen Alter und betrifft fast 5 bis 12 % dieser Altersgruppe. Durch Hyperandrogämie, chronische Anovulation und metabolische Erkrankung erhöht das PCOS das Risiko einer Frau* für Infertilität, Hyperplasie der Gebärmutterschleimhaut Gebärmutterschleimhaut Uterus, Cervix uteri und Tuba uterina, Endomatriumkarzinom und kardiovaskuläre Erkrankungen. Die Pathophysiologie ist nicht vollständig erforscht, aber es wird angenommen, dass eine multifaktorielle genetische Grundlage vorliegt, die eine veränderte pulsierende Freisetzung von Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) verursacht. Bei dem polyzystischen Ovarialsyndrom kommt es zudem zu einem Anstieg von Androgenen, Östrogenen und Insulin Insulin Insulin sowie dem luteinisierenden Hormons (LH). Das Ergebnis ist eine chronische Anovulation (Ausbleiben des Eisprungs) und Hirsutismus (vermehrte Behaarung z. B. Barthaare), die das Krankheitsbild kennzeichnen. Die Diagnose ist eine Ausschlussdiagnose; daher müssen andere Ursachen für abnormale Uterusblutungen und Hirsutismus ausgeschlossen werden. Die Therapie umfasst den Versuch, den normalen Eisprung durch Gewichtsverlust, orale Kontrazeptiva und Unterstützung der Fruchtbarkeit wiederherzustellen.

Aktualisiert: 17.04.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

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Epidemiologie und Pathophysiologie

Epidemiologie

Pathophysiologie

Die genauen Mechanismen zur Entstehung des PCOS sind nicht bekannt. Es wird davon ausgegangen, dass sie komplex sind und sowohl genetische als auch umweltbedingte Faktoren umfassen. Metabolisches Syndrom Metabolisches Syndrom Metabolisches Syndrom und Adipositas Adipositas Adipositas sind häufig, aber nicht immer zusätzlich vorhanden und tragen wahrscheinlich bei einigen Patient*innen zur Pathophysiologie bei.

Klinik

PCOS sollte bei jeder Person im gebärfähigen Alter mit unregelmäßiger Menstruation Menstruation Menstruationszyklus und/oder Symptomen eines Hyperandrogenismus, insbesondere bei Übergewicht oder Unfruchtbarkeit Unfruchtbarkeit Unfruchtbarkeit, vermutet werden.

Virilisierungserscheinungen

  • Hirsutismus:
    • Überschüssige terminale Körperbehaarung
    • Männlicher* Haarwuchs an:
      • Oberlippe
      • Kinn
      • Periareolar (um den Warzenhof der Brust)
      • Linea alba (vertikales Wachstum von der Nabelgegend bis zum oberen Sternum Sternum Brustwand)
  • Akne vulgaris Akne vulgaris Acne vulgaris (auch „PCO Akne“)
  • Alopezie Alopezie Alopezie nach männlichem* Muster
  • Frühe Adrenarche (Entwicklung von Schamhaaren, apokrinen Drüsen und Talgdrüsen)

Zyklusstörungen

Begleitende Erkrankungen

Ancathose nigricans

Acanthosis nigricans bei PCOS:
Verdickte, dunkle Haut im Nacken, in den Achselhöhlen oder in Hautfalten kann, als Zeichen eines hohen Insulinspiegels aufgrund einer Insulinresistenz, auftreten.

Bild: „Acanthosis nigricans“ von Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechselkrankheiten, Ibn Rochd University Hospital Center of Casablanca, 20360 Casablanca, Marokko. Lizenz: CC BY 3.0

Diagnostik

PCOS ist eine Ausschlussdiagnose, daher müssen andere Ursachen von Oligo- oder Amenorrhoe Amenorrhoe Kongenitale Fehlbildungen der weiblichen Geschlechtsorgane und Hyperandrogenismus ausgeschlossen werden.

Rotterdam-Kriterien

Die Diagnose erfordert zwei der drei folgenden Kriterien:

Körperliche Untersuchung

  • Hirsutismus:
    • Gesichts- und Körperbehaarung nach männlichem* Muster
    • Ferriman-Gallwey-Score:
      • Objektive Erfassung der Schwere des Hirsutismus
      • Oft nicht hilfreich, da unerwünschter Haarwuchs oft entfernt wird
  • Gynäkologische Untersuchung Gynäkologische Untersuchung Gynäkologische Untersuchung:
    • Leichte Eierstockvergrößerung
    • Ausschluss anderer Ursachen für abnormales Blutungsmuster
  • Anzeichen eines Cushing-Syndroms (Alternativdiagnose):
    • Mond-Gesicht
    • Stiernacken
    • Bauchstreifen
Ferriman-Gallwey-Hirsutismus-Bewertung

Ferriman-Gallwey-Score: ein System zur objektiven Beurteilung der Schwere des Hirsutismus

Bild von Lecturio.

Labor- und bildgebende Diagnostik

Tabelle: Zusammenfassung der Hormon- und Laborwertveränderungen, die bei dem PCOS beobachtet werden können
Hormone Hormone Endokrines System: Überblick ↑ bei PCOS Hormone Hormone Endokrines System: Überblick ↓ bei PCOS

FSH: Follikelstimulierendes Hormon

HDL: Lipoproteine mit hoher Dichte

LDL: Lipoproteine niedriger Dichte

LH: Luteinisierendes Hormon

PCOS: Polyzystisches Ovarialsyndrom

SHBG: Sexualhormon-bindendes Globulin

Polyzystische Ovarien sonographieren

Ultraschall eines polyzystischen Ovars:
Beachten Sie das klassische Perlenkettenzeichen in der Peripherie des Eierstocks, welches die sich anormal entwickelnden Follikel bei PCOS beweist. Polyzystische Ovarien werden bei etwa zwei Drittel der Patient*innen mit PCOS beobachtet und gehören zu den diagnostischen Rotterdam-Kriterien.

Bild: „Sonographisches Erscheinungsbild polyzystischer Ovarien“ der Universitäts-Hautklinik für Innere Medizin, Medizinische Universität Graz, Österreich. Lizenz: CC BY 2.0

Therapie

Allgemeine PCOS Behandlung

Die PCOS Therapie ist vom Kinderwunsch abhängig. Entscheidend für die Therapie ist, ob ein Kinderwunsch bei der Patientin* besteht oder nicht. Entsprechend wird hier der Fokus auf die Normalisierung der Ovarialfunktion gelegt. Ansonsten liegt das Hauptaugenmerk auf der Behandlung der Virilisierung, wie z. B. Therapie der PCOS-Akne.

  • Gewichtsverlust:
    • Ziel ist eine Gewichtsreduktion um 5 bis 10 % des Körpergewichtes.
    • ↓ Östrogenproduktion in Adipozyten Adipozyten Fettgewebe: Histologie → ↓ FSH-Hemmung durch Östrogen → Wiederaufnahme des normalen Eisprungs
    • ↓ Risiko des metabolischen Syndroms
  • Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und Behandlungen bei:
  • Endometriumschutz:
    • Ziel ist es, das Risiko einer Endometriumhyperplasie Endometriumhyperplasie Endometriumhyperplasie und Endometriumkarzinom oder eines Endometriumkarzinoms zu minimieren.
    • Kombinierte orale Kontrazeptiva → ermöglichen regelmäßige Entzugsblutungen
    • Levonorgestrel-haltiges Intrauterinpessar (IUP) → Endometrium-Suppression
    • Intermittierende oder kontinuierliche Gestagen-Therapie

Hirsutismus-Therapie

Wirkung oraler Kontrazeption bei Patient*innen mit polyzytisches Ovarialsyndrom (PCOS)

Wirkung oraler Kontrazeption bei Patient*innen mit polyzytisches Ovarialsyndrom (PCOS)

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Infertilität-Therapie

  • Letrozol:
    • Aromatasehemmer Aromatasehemmer Antiöstrogene
    • Effektiver bei der Ovulationsinduktion und sicherer als Clomifencitrat
    • Nicht von der Food and Drug Administration (FDA) für Fruchtbarkeitsindikationen zugelassen, obwohl sie von vielen Experten als erste Wahl angesehen wird
    • ↓ Östrogen → ↓ Hemmung von FSH → ↑ FSH → ↑ Follikelentwicklung → Eisprung
  • Clomifen-Citrat:
    • Ein selektiver Östrogenrezeptor-Modulator (SERM)
    • ↑ FSH → ↑ Follikelentwicklung → Eisprung

Differenzialdiagnosen

  • Nicht-klassische kongenitale Nebennierenhyperplasie (NCCAH): Die weniger schwere Form eines erblichen Enzymmangels (normalerweise 21-Hydroxylase), die zu einer verminderten Produktion von Aldosteron und Cortisol führt. Stattdessen werden Vorläufer über die Sexualsteroid-Wege geleitet, was zu erhöhten Androgenkonzentrationen führt. Die Patient*innen entwickeln Hirsutismus, Oligomenorrhoe und Unfruchtbarkeit Unfruchtbarkeit Unfruchtbarkeit. Erhöhte 17-Hydroxyprogesteron-Werte sind diagnostisch für eine kongenitale Nebennierenhyperplasie, bei PCOS jedoch normal. Die Behandlung umfasst Antiandrogene Antiandrogene Androgene und Antiandrogene und Glukokortikoide Glukokortikoide Glukokortikoide.
  • Morbus Cushing:eErhöhter Cortisolspiegel aufgrund einer übermäßigen Sekretion des adrenokortikotropen Hormons ( ACTH ACTH Hormone der Nebenniere), Nebennierentumoren oder exogener Steroide. Die Symptome ähneln denen des PCOS mit Menstruationsveränderungen und Hirsutismus sowie violetten Striae am Bauch, Übergewicht am Rumpf und Mondgesicht. Patient*innen können mit einer 24-Stunden-Urinuntersuchung des freien Cortisols oder einem Dexamethason-Suppressionstest untersucht werden. Die Behandlung hängt von der Ursache ab und umfasst das Absetzen von exogenen Steroiden, Nebennierenrinden-Hemmern oder Operationen bei Tumoren.
  • Exogene Testosteronexposition: tritt auf, wenn die Testosteroncreme eines Mannes* durch Kontaktexposition auf eine Frau* übertragen wird. Patientinnen* können Hirsutismus entwickeln. Die Diagnose basiert auf der Anamnese und erhöhten Testosteronspiegeln.
  • Ovarialtumoren: Stromatumore, die von den Thekazellen oder Granulosazellen im Eierstock ausgehen und Androgene Androgene Androgene und Antiandrogene bzw. Östrogene sezernieren. Die Patient*innen können Anzeichen einer Virilisierung, unregelmäßiger Menstruationszyklen oder abnormaler Uterusblutungen haben. Androgen- und Östrogenspiegel sind tendenziell höher als bei PCOS. Die Erstbehandlung ist chirurgisch und richtet sich nach dem Stadium der Malignität.
  • Hypothyreose Hypothyreose Hypothyreose: ein Schilddrüsenhormonmangel, der entweder zu Oligo- oder Amenorrhoe Amenorrhoe Kongenitale Fehlbildungen der weiblichen Geschlechtsorgane führt, was die Fruchtbarkeit beeinträchtigen kann. Die Auswirkungen sind wahrscheinlich auf strukturelle Ähnlichkeiten zwischen TSH, FSH und LH sowie auf die damit verbundene Verringerung des SHBG zurückzuführen. Andere Symptome sind dünner werdendes Haar, trockene Haut Haut Haut: Aufbau und Funktion, brüchige Nägel, periorbitale Ödeme, Verstopfung und Müdigkeit. Das Schilddrüsen-stimulierende Hormon (TSH) ist aufgrund des niedrigen Thyroxins erhöht. Hypothyreose Hypothyreose Hypothyreose wird mit L-Thyroxin L-Thyroxin Schilddrüsenhormonersatztherapie behandelt.
  • Schwangerschaft Schwangerschaft Schwangerschaft: Diagnostik, mütterliche Physiologie und Routineversorgung: führt zu Amenorrhoe Amenorrhoe Kongenitale Fehlbildungen der weiblichen Geschlechtsorgane, verursacht jedoch typischerweise keine Hirsutismus-Symptome. Schwangerschaft Schwangerschaft Schwangerschaft: Diagnostik, mütterliche Physiologie und Routineversorgung sollte bei der Beurteilung einer Amenorrhoe Amenorrhoe Kongenitale Fehlbildungen der weiblichen Geschlechtsorgane mit einem Urin-Test ausgeschlossen werden. Die Behandlung besteht in der Geburtshilfe.

Quellen

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