In der forensischen Traumatologie wird bei Betrachtung von Verletzungen zwischen scharfer und stumpfer Gewalt unterschieden. Diese Unterscheidung besitzt nicht nur medizinische Relevanz, sondern spielt auch für den rechtlichen Rahmen eine erhebliche Rolle, da bei Anwendung scharfer Gewalt die Strafandrohung höher ausfällt. Unter den Begriff der stumpfen Gewalt fallen verschiedene Formen der Verletzungen, die Haut Haut Haut: Aufbau und Funktion und Weichteile, innere Organe, Knochen Knochen Aufbau der Knochen und das Gehirn betreffen können. Auch für die scharfe Gewalt werden verschiedene Verletzungsarten unterschieden; insbesondere hier ist auch eine Unterscheidung von Selbst- oder Fremdbeibringung sehr wichtig. Anhand der Verletzungsmuster lassen sich Rückschlüsse auf Tathergang und genutztes Tatwerkzeug ziehen.
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Lernleitfaden
Medizin ➜
Stumpfe Gewalt ist definiert als die ein- oder mehrfache Einwirkung eines Gegenstandes ohne scharfe Kanten oder geschliffene Flächen auf den Körper.
Abschürfungen
Bei oberflächlichen Abschürfungen findet man lediglich Epithelabschilferungen ohne oder nur mit punktförmigen Blutungen.
Hier handelt es sich um eine Abscherung der Cutis und Subcutis ohne Eröffnung der Haut Haut Haut: Aufbau und Funktion. Es entsteht eine Tasche, in die es massiv einblutet. Diese Art von Verletzungen ist typisch für Unfälle, bei denen Fußgänger*innen überfahren werden.
Intracutane Einblutung
Hämatome
Hämatome sind Blutunterlaufungen der Haut Haut Haut: Aufbau und Funktion, bei denen sich ebenso Positiv und Negativabdrücke finden. Die Farbe lässt dabei eine Einschätzung des Verletzungsalters zu:
Quetsch-Risswunden
Diese Hautwunden finden sich häufig am Kopf, da der Schädelknochen als Widerlager dient und entstehen durch Druck-, Zug- oder Scherkräfte. Charakteristisch sind unregelmäßig gezackte Wundränder, Schürfungssäume um die Wunde und Gewebebrücken (Blutgefäße, Nerven) in der Tiefe. In der Umgebung finden sich häufig Blutunterlaufungen. Wichtig ist hier die Suche nach Fremdkörpern, wie Glas- oder Lacksplittern. Differentialdiagnostisch kommen Schnittwunden in Betracht.
Quetsch-Risswunde | Schnittwunde | |
---|---|---|
Wundrand | Unregelmäßig, geschürft, gequetscht | Glatt, keilförmig, klaffend |
Wundgrund | Gewebsbrücken, unterblutet, Fremdkörper | starke Blutung |
Die Ausprägung des Verletzungsmusters ist auch immer abhängig von der Kleidung, dem Alter des Betroffenen (bei älteren Menschen oft empfindliche Papierhaut) und der Blutungsneigung (Gerinnungsstörungen, Einnahme von Antikoagulantia).
Für Kopfverletzungen findet die Hutkrempenregel Anwendung. Diese besagt, dass Hieb und Schlagverletzungen meist oberhalb der gedachten Hutkrempenlinie zu finden sind, Sturzverletzungen hingehen unterhalb. Nicht anwendbar ist diese Regel bei Treppenstürzen.
Unterschieden werden die Verletzungen aufsteigend anhand der zugrundeliegenden Gewaltintensität in:
Die Lokalisation und Form von Knochenfrakturen lässt häufig einen Rückschluss auf die Art und Intensität der Gewalteinwirkung zu. Durch Knochensplitter kann es zu offenen Durchspießungsfrakturen kommen.
Schädelbrüche
Schädelbrüche werden auch in verschiedene Frakturarten eingeteilt, die Hinweis auf die Form der Gewalteinwirkung geben können:
Die Puppesche Regel (oder auch Puppe-Regel) ist zur Einschätzung der zeitlichen Aufeinanderfolge von Schädelverletzungen essenziell. Sie besagt, dass Bruchlinien einer zweiten Verletzung im 90° Winkel an den Bruchlinien einer ersten Gewalteinwirkung enden. Dies ist zum Beispiel bei Schlag auf den Kopf und anschließendem Sturz mit Aufschlagen auf den Boden wichtig.
Stumpf-mechanische Gewalteinwirkung, die zwar unmittelbar, aber nicht direkt tödlich wirkt. Das verletzte Organ, als reflektogene Zone bezeichnet, ist also nicht identisch mit dem Zielorgan, sondern der Reiz wird über den Hirnstamm Hirnstamm Hirnstamm auf das Zielorgan, meist das Herz-Kreislauf-System, umgeschaltet.
Scharfe Gewalt ist definiert als die mechanische Einwirkung scharfer, halbscharfer oder spitzer Gegenstände.
Bei der Bewertung von Stich- und Schnittverletzungen muss auch immer die Möglichkeit einer Selbstbeibringung zur Vortäuschung einer Straftat bzw. Suizid in Erwägung gezogen werden.
Selbstbeibringung/Suizid | Fremdbeibringung/Homizid | |
---|---|---|
Stichmuster | Einzelstiche, oder dicht beieinander | Multiple Stiche |
Stichregion | Herzregion | Verschiedene Stich- /Schnittregionen |
Stichtiefe | Geringe Stich- /Schnitttiefe | Tiefer, gebrochener Stichkanal, nicht selbst erreichbar, am Rücken |
Kleidung | Entblößte Haut Haut Haut: Aufbau und Funktion | Kleidung durchtrennt |
Weitere Wundmerkmale | Probierwunde, parallele Probierschnitte | Abwehrverletzungen, unterschiedliche Schnittrichtung |
Blutungsmuster | Vertikale Blutabrinnspuren | Unruhige Blutstraßen, nach hinten |
Selbstbeibringung/Suizid | Fremdbeibringung/Homizid | |
---|---|---|
Lokalisation | Seitlich | Mittellinie |
Schnittverlauf | Zur Schnitthand absteigend | Horizontal, zirkulär |
Zauderverletzungen | Vorhanden | Keine |
Begleitverletzungen | Gut erreichbar, empfindliche Stellen ausgespart, gruppiert, parallel, konstante Intensität | Überall, auch am Rücken, regellose Anordnung, wechselnde Intensität |
Probierschnitte | Kontralaterale Halsseite, Ellenbeuge Ellenbeuge Ellenbeuge (Fossa cubitalis), Handgelenk Handgelenk Handgelenk | Keine |
Abwehrverletzungen | Keine | Hände, Unterarme |
Blutablaufstraßen | Regelmäßig, senkrecht | Unregelmäßig |
Bekleidung | Unversehrt | Eventuell beschädigt |