Übersicht über lysosomale Speicherkrankheiten

Lysosomale Speicherkrankheiten sind eine Gruppe von Stoffwechselstörungen, die durch genetische Mutationen in den Enzymen verursacht werden, die für die normale lysosomische Funktion verantwortlich sind. Die Dysfunktion enzymatischer Prozesse führt zu einer Ansammlung unverdauter Metaboliten, was zum Zelltod Zelltod Zellschäden und Zelltod führt. Zu den Hauptgruppen der lysosomalen Speicherkrankheiten zählen Sphingolipidosen, Oligosaccharidosen und Mukolipidosen. Untergruppen innerhalb der Hauptkrankheiten haben unterschiedliche zugrunde liegende Mechanismen und klinische Manifestationen.

Aktualisiert: 05.07.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

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Überblick

Definition

Lysosomale Speicherkrankheiten sind seltene Stoffwechselerkrankungen, die durch genetische Mutationen lysosomaler Enzyme Enzyme Grundlagen der Enzyme verursacht werden und somit zu einem gestörten Stoffwechsel und zur Anreicherung von Glykosaminoglykanen, Glykoproteinen oder Glykolipiden führen.

Epidemiologie

  • Inzidenz: ca. 1 pro 5.000–10.000 Lebendgeburten (einschließlich aller Arten von lysosomalen Speicherkrankheiten)
  • Die Inzidenz einer einzelnen spezifischen lysosomalen Speicherkrankheit beträgt < 1 pro 100.000 Lebendgeburten.
  • Der Großteil wird autosomal-rezessiv vererbt.
  • Einige werden X-chromosomal rezessiv vererbt
    • M. Fabry
    • M. Hunter

Ätiologie

Störungen sind auf einen Mangel an einer bestimmten lysosomalen Hydrolase Hydrolase Grundlagen der Enzyme oder der für die lysosomale Funktion erforderlichen Enzyme Enzyme Grundlagen der Enzyme zurückzuführen:

  • Lysosomen sind in Makrophagen Makrophagen Zellen des angeborenen Immunsystems und anderen Zellen des mononuklearen Phagozytensystems vorhanden
  • Die Rolle der Lysosomen besteht darin, Nährstoffe und zelluläre Abfallsubstrate durch spezifische, enzymatische Kaskaden abzubauen.
  • Substrate, die aufgrund eines Enzymmangels nicht metabolisiert werden, reichern sich in verschiedenen Organen des Körpers an:
    • Ggf. Vergrößerung von Leber Leber Leber und Milz Milz Milz
    • Einer Form der Sphingolipidose liegt die Anreicherung bestimmter Glykolipide oder Phospholipide in verschiedenen Organen (insbesondere im Gehirn) zugrunde.

Klassifikation

Die Erkrankungen werden als Gruppen individuell seltener erblicher Erkrankungen des intrazellulären Stoffwechsels betrachtet. Von den 40 klassifizierten Erkrankungen machen 15 die Mehrheit der Fälle aus. Die Kategorisierung erfolgt nach akkumulierten Metaboliten-Zwischenprodukten:

Angeborene Stoffwechselstörungen mit dem damit verbundenen genetischen Defizit

Angeborene Stoffwechselstörungen mit dem jeweils damit verbundenen genetischen Defizit

Bild: „Inborn errors of metabolism“ von Huckfinne. Lizenz: Public Domain
Tabelle: Arten lysosomaler Speicherkrankheiten
Gruppe Untergruppe Beschreibung
Sphingolipidosen GM 2 -Gangliosidose
  • Akkumulation von Gangliosid GM 2 aufgrund eines Defekts im Hexosaminidase-System
  • Die häufigste ist die Tay-Sachs-Krankheit Tay-Sachs-Krankheit Tay-Sachs-Krankheit, bei der es sich um eine Mutation im für die α-Untereinheit des Enzyms Hexosaminidase A (HEXA) kodierenden Gen handelt
GM 1 -Gangliosidose Verursacht durch eine Mutation im GLB1 -Gen, das für die β-Galactosidase-1 . kodiert
Morbus Gaucher Morbus Gaucher Morbus Gaucher
  • Die häufigste der Sphingolipidosen
  • Glucocerebrosid reichert sich in den Zellen des mononuklearen Makrophagensystems an.
Morbus Fabry Morbus Fabry Morbus Fabry/Anderson-Fabry-Krankheit
  • X-chromosomal-rezessive Störung des Glykosphingolipid-Stoffwechsels
  • Mangel an lysosomaler Hydrolase Hydrolase Grundlagen der Enzyme (α-Galactosidase A (früher bekannt als Ceramidtrihexosidase))
Metachromatische Leukodystrophie Mangel an Arylsulfatase-A-Aktivität
Morbus Krabbe Morbus Krabbe Morbus Krabbe
  • Autosomal-rezessive Krankheit
  • Verursacht durch eine Mutation im GALC -Gen, das für die Galactosylceramidase kodiert
  • Mangel des lysosomalen Enzyms Galactocerebrosidase
Disseminierte Lipogranulomatose (Morbus Faber)
  • Autosomal-rezessive Störung des Fettstoffwechsels
  • Mangel an saurer Ceramidase führt zu einer Akkumulation von Ceramid
Morbus Niemann-Pick
  • Autosomal-rezessive Krankheit
  • Durch einen Mangel an Sphingomyelinase reichert sich Sphingomyelin in vielen Organen an.
Oligosaccharidosen Sialidose
  • Mangel an Neuraminidase (Sialidase)
  • Mutationen im NEU1 -Gen
Galaktosialidose
  • Eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung
  • Mangel an Neuraminidase (Sialidase) und β-Galactosidase
Fukosidose
  • Autosomal-rezessive Störung
  • Mangel des lysosomalen Enzyms α-1-Fucosidase
Mannosidose 2 Typen:
  • α-Mannosidose verursacht durch eine Mutation im MAN2B1 -Gen, das für α-Mannosidase kodiert
  • β-Mannosidose verursacht durch eine Mutation im MANBA -Gen, das für β-Mannosidase kodiert
Mukolipidosen I-Zell-Krankheit I-Zell-Krankheit I-Zell-Krankheit/Mukolipidose Typ II
  • Mutation im GNPTAB -Gen
  • Autosomal-rezessive, neurodegenerative Erkrankung
  • Verursacht durch einen Mangel an Uridin-Diphosphat-N-Acetylglucosamin-1-Phosphotransferase

Pathophysiologie

  • Die Rolle der Lysosomen besteht darin, Nährstoffe und zelluläre Abfallsubstrate durch spezifische enzymatische Kaskaden abzubauen.
  • Lysosomen sind auf eine Reihe von Enzymen angewiesen, um Lipide Lipide Fettsäuren und Lipide, Glykoproteine Glykoproteine Chemie der Kohlenhydrate und Mucopolysaccharide Mucopolysaccharide Chemie der Kohlenhydrate zu metabolisieren.
  • Eine lysosomale Speicherstörung ist das Ergebnis eines Mangels oder einer Fehlfunktion eines dieser Enzyme Enzyme Grundlagen der Enzyme, oft verursacht durch eine Mutation im Gen, welches für das entsprechende Enzym kodiert.
  • Als Folge des enzymatischen Mangels oder Fehlers kommt es innerhalb des Lysosoms zu einer Akkumulation metabolischer Zwischenprodukte, welche zur Zellapoptose führt.
  • Ein Defekt der folgenden Proteinarten kann eine lysosomale Speicherkrankheit verursachen:
    • Lysosomale Enzyme Enzyme Grundlagen der Enzyme
    • Posttranslationale Modifikation
    • Membrantransportproteine
    • Enzymschutzproteine
    • Transmembranproteine
Morbus Gaucher führt zu Knochennekrosen

Morbus Gaucher führt zu Knochennekrose:
Das Bindegewebe ist mit zahlreichen Gaucher-Zellen (vakuolisierte, lipidbeladene retikuloendotheliale Zellen mit vergrößertem granulärem Zytoplasma und runden, verschobenen Kernen) infiltriert.

Bild: „Microscopic findings from surgical biopsy“ von Ahmadieh A, Farnad F, Sedghizadeh PP. Lizenz: CC BY 4.0

Klinik

Das Erscheinungsbild ist je nach Ätiologie der lysosomalen Speicherstörung variabel und kann kurz nach der Geburt oder bis ins Erwachsenenalter auftreten:

  • Kinder werden in der Regel ohne klinische Auffälligkeiten geboren.
  • Das ZNS ist meistens früh betroffen.
  • Wiederkehrende fetale Todesfälle können ein Zeichen für eine nicht diagnostizierte lysosomale Speicherkrankheit innerhalb einer Familie sein.
Tabelle: Anzeichen und Symptome verschiedener Ätiologien lysosomaler Speicherkrankheiten
Gruppe Untergruppe Anzeichen und Symptome
Sphingolipidosen GM 2 -Gangliosidose
GM 1 -Gangliosidose
  • Hepatosplenomegalie
  • Ödembildung
  • Hautausschläge
Morbus Gaucher Morbus Gaucher Morbus Gaucher
Morbus Fabry Morbus Fabry Morbus Fabry/Anderson-Fabry-Krankheit
  • Schmerzkrise
  • Akroparästhesie
Metachromatische Leukodystrophie
  • Reizbarkeit
  • Gangunfähigkeit
  • Hyperextension der Knie
  • Allmählicher Muskelschwund
  • Schwäche
  • Hypotonie Hypotonie Hypotonie
  • Nystagmus
  • Optikusatrophie
M. Krabbe
Morbus Niemann-Pick
Oligosaccharidosen Sialidose
Galaktosialidose
  • Hepatosplenomegalie
  • Kardiomegalie
  • Nierenerkrankung
  • Kirschroter Fleck im Auge
Fukosidose
Mukolipidosen I-Zell-Krankheit I-Zell-Krankheit I-Zell-Krankheit/Mukolipidose Typ II

Diagnostik

Die Diagnostik basiert auf der spezifischen lysosomalen Speicherkrankheit, wobei es allerdings auch einige allgemeine Prinzipien gibt:

  • Pränatale Diagnosestellung mittels Enzymmessung in kultivierten Amnion- oder Chorionzellen möglich
  • Labodiagnostik:
    • Nachweis eines spezifischen Enzymmangels in peripheren Leukozyten oder kultivierten Fibroblasten
    • Eine Erhöhung der Glykosaminoglykane (GAG) im Urin weist auf eine Mukopolysaccharidose hin.
    • Eine erhöhte Kreatininkinase (CK) ist ein Hinweis auf Morbus Pompe Morbus Pompe Glykogenspeicherkrankheiten.
    • Ein Trockenbluttest wird oft als Screening-Methode verwendet.
  • Bildgebung des Gehirns: wird häufig bei der Untersuchung von Säuglingen und Kindern durchgeführt
  • Bildgebung des Skeletts: Skelettanomalien bei GM- 1 -Gangliosidose ähneln Mucopolysaccharidosen Mucopolysaccharidosen Mucopolysaccharidosen und umfassen vorderes „Schnabeln“ der Wirbel, Vergrößerung der Sella turcica und Verdickung der Schädeldecke Schädeldecke Schädelknochen: Anatomie des Schädels, Aufbau und Funktion.
  • Röntgenthorax: Patient*innen mit Sphingomyelinase-Mangel ( Niemann-Pick-Krankheit Niemann-Pick-Krankheit Niemann-Pick-Krankheit Typ A und Typ B) zeigen feine, retikulonoduläre Infiltrate.
  • Abdomenradiographie: Verkalkung der Nebenniere bei M. Wolman
  • Genetische Diagnostik:
    • Diagnostik: kann die Identifizierung des Träger*in und die pränatale Diagnose ermöglichen
    • Genotyp-Phänotyp-Korrelationen können bei Morbus Gaucher Morbus Gaucher Morbus Gaucher hergestellt werden.
    • Kultivierung von Hautfibroblasten ist der Goldstandard
    • Personen mit klinischem Krankheitsverdacht und physiologischer Enzymaktivität können auf Enzymaktivatoren getestet werden.
Neimann-Pick-Zelle aus einer Leberprobe mit geschwollenen Kupffer-Zellen mit schaumigem Zytoplasma

Eine Niemann-Pick-Zelle aus einer Leberprobe mit geschwollenen Kupffer-Zellen mit schaumigem Zytoplasma, typisch für die Niemann-Pick-Krankheit Typ C

Bild: „Histopathological liver biopsy findings” von Degtyareva AV, Mikhailova SV, Zakharova EY, Tumanova EL, Puchkova AA. Lizenz: CC BY 4.0

Therapie

Die Behandlung hängt von der spezifischen Form der Erkrankung ab. Zu den allgemeinen Grundsätzen der Therapie gehören folgende:

Shunt bei lysosomaler Speicherstörung

Bei Personen mit Hydrozephalus kann aufgrund einer lysosomalen Speicherstörung ein Shunt erforderlich sein.

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Klinische Relevanz

Während lysosomale Speicherkrankheiten ein breites Krankheitsspektrum umfassen, können verschiedene andere Erkrankungen die Störungen überlappen. Einige Erkrankungen sind Untergruppen innerhalb des Oberbegriffs der lysosomalen Speicherkrankheiten:

  • Alexander-Krankheit: Leukodystrophie, die durch Zerstörung der Myelinscheiden, pathologischer Proteinablagerungen und Rosenthal-Fasern in Astrozyten gekennzeichnet ist. Die Erkrankung tritt häufig früh auf (vor dem 2. Lebensjahr). Die Anzeichen und Symptome der Krankheit umfassen Makrozephalie, Krampfanfälle Krampfanfälle Krampfanfälle im Kindesalter und spastische Lähmungen.
  • Mucopolysaccharidosen Mucopolysaccharidosen Mucopolysaccharidosen: eine Gruppe von Erbkrankheiten, bei denen der Körper Mucopolysaccharide Mucopolysaccharide Chemie der Kohlenhydrate nicht abbauen kann. Aufgrund der Ansammlung von Zucker in den Zellen können verschiedene gesundheitliche Probleme auftreten.
  • Pelizaeus-Merzbacher-Krankheit: eine seltene X-chromosomale genetische Störung, die das ZNS betrifft. Die Krankheit umfasst Anomalien der weißen Substanz des Gehirns und des Rückenmarks aufgrund einer Mutation im Proteolipid-Protein 1, einem Myelin-Protein. Das bemerkenswerteste Symptom ist wenig oder keine Bewegung in den Armen oder Beinen. Patient*innen haben Schwierigkeiten beim Atmen und zeigen häufig Augenbewegungen von links nach rechts.
  • Saposin-A-Mangel: fast identisch mit Morbus Krabbe Morbus Krabbe Morbus Krabbe, beinhaltet jedoch einen Defekt in Saposin A und nicht im Galactosylceramidase-Protein. Saposin-A-Mangel ist eine sehr seltene Erkrankung und kann eine Enzephalopathie verursachen.

Quellen

  1. Sun, A. (2018). Lysosomal storage disease overview. Ann Transl Med. 6(24), 476. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30740407/
  2. Ferreira, C.R., Gahl, W.A. (2017). Lysosomal storage diseases. Transl Sci Rare Dis. 2(1–2), 1–71. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29152458/
  3. Rajkumar, V., Dumpa, V. (2020). Lysosomal Storage Disease. StatPearls. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK563270/ (Zugriff am 18.10.2021)
  4. G. Herold et. al. “Lysosomale Speicherkrankheiten”. In: Herold Innere Medizin 2020. 1. Auflage. S. 131ff.
  5. M. Beck. „Therapie lysosomaler Speicherkrankheiten“. In. Dt Ärztebl 2001; 98: A 2188–2192 [Heft 34–35].https://www.aerzteblatt.de/archiv/28434/Therapie-lysosomaler-Speicherkrankheiten (Zugriff am 22.10.2022)
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