I. Der objektive Tatbestand des § 266b StGB
Das Vorliegen des objektiven Tatbestandes des Scheck- oder Kreditkartenmissbrauchs, § 266b StGB, ist an die folgenden Voraussetzungen geknüpft:
1. Berechtigter Inhaber einer Kredit- bzw. Scheckkarte
Ein tauglicher Täter ist nur der berechtigte Inhaber einer Kredit- oder Scheckkarte. § 266b StGB ist demzufolge ein echtes Sonderdelikt.
Ursprünglich wurden die sogenannten „Eurocheque“-Karten als Scheckkarten ausgegeben. Sie hatten vornehmlich die Funktion, dass der Kartenausgeber dem Schecknehmer die Einlösung eines Schecks bis zu einer gewissen Höhe garantierte. Hierzu mussten verschiedene Voraussetzungen vorliegen.
Dieses Verfahren wurde jedoch 2002 abgeschafft, sodass der Tatbestand in dieser Hinsicht veraltet ist.
Stattdessen wurde die „Eurocheque“-Karte durch die EC- bzw. Maestro-Karte ersetzt, deren Abkürzung „electronic cash“ bedeutet. Umstritten ist, ob auch der Einsatz einer solchen Karte zu einem Scheckkartenmissbrauch gemäß § 266b Abs. 1 Var. 1 StGB führen kann. Dies ist insbesondere bei einem Geldautomatenmissbrauch fraglich:
Einer Auffassung zufolge findet § 266b Abs. 1 Var. 1 StGB auch in diesem Fall Anwendung. Dies wird unter anderem damit begründet, dass der Täter sich beim Abheben an einem Geldautomaten einer neuen technischen Möglichkeit bediene, die an die Stelle des Scheckverfahrens getreten sei.
Nach vorzugswürdiger Ansicht sei dies nicht möglich, da die heutigen EC-Karten in keinem Bezug mehr zu dem früheren Schecksystem stünden. Die Anwendung des § 266b Abs. 1 Var. 1 StGB verstoße gegen das Analogieverbot.
Eine Kreditkarte ist grundsätzlich dadurch gekennzeichnet, dass sie im „Drei-Partner-System“ Anwendung findet. Dabei verpflichtet sich der Kartenaussteller vertraglich gegenüber Unternehmen, Forderungen gegenüber dem Inhaber der Karte zu begleichen, wenn dieser die Karte ordnungsgemäß benutzt.
Keine tauglichen Kreditkarten im Sinne des § 226b StGB sind solche, die nur im sogenannten „Zwei-Partner-System“ bestehen. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Kundenkarten, die von einem Unternehmen an seine Kunden ausgegeben werden. Dies ergibt sich daraus, dass die Karten im Zwei-Partner-System keine Garantieverpflichtung verursachen.
Hinzukommend wird heutzutage häufig ein sogenanntes „Vier-Partner-System“ praktiziert. Neben der Bank wird dabei noch ein Acquiring-Unternehmen tätig: Dieses garantiert den Unternehmen vertraglich die Begleichung etwaiger Forderungen gegenüber dem Karteninhaber – im Gegenzug erhält es Ansprüche gegen die Bank.
Im Rahmen des electronic-cash-Zahlungsverfahrens kommt ebenfalls eine Strafbarkeit gemäß § 266b Abs. 1 Var. 2 StGB in Betracht, falls der Täter eine Maestro-Karte missbraucht. Das betrifft etwa den Fall, dass der Kunde im Laden „mit Karte“ zahlt. Die Maestro-Karte ist zwar keine Kreditkarte, das Verfahren ähnelt jedoch der Bezahlung mit einer solchen, sodass eine Strafbarkeit hier angemessen erscheint.
Die Anwendbarkeit des § 266 Abs. 1 Var. 2 StGB ist dagegen in Ermangelung eines Drei-Personen-Verhältnisses abzulehnen, wenn der berechtigte Karteninhaber mit der Karte unbefugt Geld an einem Automaten seiner Bank abhebt. Hingegen ist der Tatbestand zu bejahen, wenn das unbefugte Abheben von Geld am Automaten einer anderen Bank erfolgt.
2. Missbrauch der ihm eingeräumten Möglichkeit, den Aussteller zu einer Zahlung zu veranlassen
Für den Missbrauch ist es erforderlich, dass der Karteninhaber zwar im Rahmen seines rechtlichen Könnens handelt, das rechtliche Dürfen jedoch im Innenverhältnis überschritten ist.
Der Täter missbraucht die Kreditkarte, wenn sich das Kreditinstitut gegenüber seinem Vertragspartner zur Zahlung verpflichtet hat, die Summe aber aufgrund einer mangelnden Deckung des Kontos des Karteninhabers nicht von ihm eingezogen werden kann.
3. Schädigung
Mit der Schädigung ist das Vorliegen eines Vermögensschadens gemeint, wie er auch im Rahmen der Untreue oder des Betrugs verlangt wird. Die Schädigung entfällt unter anderem, wenn der Inhaber der Karte in der Position ist, die Garantieverpflichtung des Kartenausstellers abzugelten und dies auch tun möchte.
II. Der subjektive Tatbestand des § 266b StGB
Subjektiv muss der Täter mindestens dolus eventualis hinsichtlich aller objektiven Tatbestandsmerkmale aufweisen.
III. Prüfungsschema
In der Klausur können Sie sich beim Missbrauch von Scheck- oder Kreditkarten gem. § 266b StGB an diesem Prüfungsschema orientieren:
I. Tatbestandsmäßigkeit
1. Objektiver Tatbestand
a) Berechtigter Inhaber einer Scheck- (§ 266b Abs. 1 Var. 1 StGB) bzw. einer Kreditkarte (§ 266b Abs. 1 Var. 2 StGB)
b) Missbrauch der ihm eingeräumten Möglichkeit, den Aussteller zu einer Zahlung zu veranlassen
c) Schädigung
2. Subjektiver Tatbestand
Vorsatz
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Ggf. Strafantragserfordernis, § 266b Abs. 2 i.V.m. § 248a StGB