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I. Begriff und Anwendbarkeit
Beim Handelskauf handelt es sich im Grundsatz um einen Kaufvertrag i.S.v. § 433 BGB, für welchen allerdings einige Sonderregelungen gelten. Diese finden sich in §§ 373 bis 381 HGB. In der Prüfung sind daher zunächst die allgemeinen Vorschriften zu prüfen und erst im Anschluss auf die Besonderheiten des Handelskaufes einzugehen.
Es existiert keine gesetzliche Definition des Handelskaufsbegriffs. Aus §§ 373 ff. und 381 Abs. 1 HGB ergibt sich allerdings, dass es sich beim Handelskauf um einen Kauf von Wertpapieren oder Waren handelt. Aus §§ 343, 345 BGB ergibt sich zudem, dass bereits dann ein Handelskauf vorliegt, wenn der Kauf für einen der Vertragspartner einen Handelskauf darstellt.
§ 345 HGB lautet nämlich:
Auf ein Rechtsgeschäft, das für einen der beiden Teile ein Handelsgeschäft ist, kommen die Vorschriften über Handelsgeschäfte für beide Teile gleichmäßig zur Anwendung, soweit nicht aus diesen Vorschriften sich ein anderes ergibt.
Es liegt somit immer ein Handelskauf vor, wenn auf der einen Seite ein Kaufmann handelt, § 345 HGB (was praktisch fast immer der Fall ist).
Zudem finden die Vorschriften über den Handelskauf entsprechende Anwendung, wenn gewisse Vorschriften bestimmen, dass die kaufrechtlichen Vorschriften entsprechend anwendbar sind (etwa § 651 S. 1 BGB) und ein Handelsgeschäft für einen Vertragspartner vorliegt. Allerdings ist ein Handelskauf stets ausgeschlossen bei Grundstücks- und Unternehmenskäufen.
II. Annahmeverzug beim Handelskauf
Insbesondere der Annahmeverzug beim Handelskauf beinhaltet einige klausurrelevante Sonderregelungen. Die grundsätzlichen Regelungen zum Annahmeverzug behalten zunächst ihre Gültigkeit. Zu diesen grundsätzlichen Regeln sei auf den Gläubigerverzug sowie auf das Recht zur Hinterlegung verwiesen.
Für den Handelskauf erweitert sich das Hinterlegungsrecht aus §§ 373 ff. HGB. Auch finden sich in § 373 Abs. 2-5 HGB Regelungen zum Selbsthilfeverkauf.
1. § 373 Abs. 1 BGB: Hinterlegungsrecht
Die Regelung des § 373 Abs. 1 BGB erweitert das Hinterlegungsrecht des Schuldners. Dort heißt es:
Ist der Käufer mit der Annahme der Ware im Verzuge, so kann der Verkäufer die Ware auf Gefahr und Kosten des Käufers in einem öffentlichen Lagerhaus oder sonst in sicherer Weise hinterlegen.
So kommt es beim Handelskauf nicht darauf an, welcher Natur die Waren sind. Sie sind samt und sonders hinterlegungsfähig.
Weiterhin kann der Hinterlegungsort jedes öffentliche Lagerhaus sein oder der Gegenstand in sonst sicherer Weise hinterlegt werden.
Bei der Wahl des Hinterlegungsortes hat der Schuldner allerdings stets auch die Interessen des Käufers zu berücksichtigen. Verletzt der Verkäufer diese Rücksichtnahmepflicht kommt ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB in Betracht. Für welches Verhalten der Verkäufer haftet, ergibt sich aus §§ 276 Abs. 1 BGB, 347 Abs. 1 HGB.
Die Hinterlegungskosten trägt gem. § 373 Abs. 1 HGB der Käufer.
Eine wichtige Besonderheit der Hinterlegung beim Handelskauf ist die Tatsache, dass diese keine Erfüllungswirkung aufweist, wie dies nach den allgemeinen Regeln der Fall ist.
2. § 373 Abs. 2-5 HGB: Selbsthilfeverkauf
Alternativ zur Hinterlegung hat der Verkäufer eines Handelskaufes gem. § 374 Abs. 2-5 HGB das Recht zum Selbsthilfeverkauf. Er geschieht entweder durch öffentliche Versteigerung oder durch Verkauf aus freier Hand.
a) Voraussetzungen beim Selbsthilfeverkauf
Ort und Zeitpunkt des Selbsthilfeverkaufs kann der Verkäufer nach Belieben frei entscheiden.
Die erforderliche Androhung ist empfangsbedürftig. Sie ist allerdings keinem Formerfordernis unterworfen. Weiterhin muss sie so rechtzeitig zugehen, dass der Käufer noch Maßnahmen treffen kann, um den Schaden, der ihm durch Selbsthilfeverkauf droht, abzuwenden.
Entbehrlich ist die Androhung gem. § 373 Abs. 2 S. 2 HGB bei verderblichen Waren und Gefahr im Verzug oder wenn eine Androhung untunlich ist.
Hat der Verkäufer unberechtigt die Androhung unterlassen, kann dennoch durch nachträgliche Genehmigung gem. §§ 185 Abs. 2 S. 1, 362 Abs. 2 BGB oder bei berechtigter GoA i.S.d. §§ 677 ff. BGB ein wirksamer Selbsthilfeverkauf gegeben sein.
Für die Durchführung der öffentlichen Versteigerung sind insbesondere §§ 383 Abs. 3 BGB, 373 Abs. 2 HGB zu beachten.
b) Rechtsfolgen des Selbsthilfeverkaufs
Gem. § 373 Abs. 3 HGB erfolgt der Selbsthilfeverkauf auf Rechnung des Käufers. Anschließend erlischt der Lieferanspruch des Käufers gegen den Käufer gem. § 362 Abs. 1 BGB, da der Selbsthilfeverkauf der Leistungsbewirkung gleichsteht.
Zudem entsteht die Fiktion der Beauftragtenstellung des Verkäufers i.S.d. §§ 667 ff. BGB. Daher kann der Käufer anschließend gem. § 667 BGB Herausgabe des Verkaufserlöses verlangen. Der Verkäufer hat wiederum Aufwendungsersatzsansprüche gegen den Käufer gem. § 670 BGB. Selbstverständlich verbleibt ihm zudem der Kaufpreisanspruch gem. § 433 Abs. 2 BGB. Eine gegenseitige Aufrechnung ist möglich.
c) Nicht ordnungsgemäßer Selbsthilfeverkauf
Bei nicht ordnungsgemäßem Selbsthilfeverkauf wirkt dieser nicht auf Rechnung des Käufers und es tritt keine Erfüllungswirkung ein. Daher ist der Verkäufer weiterhin zur Leistung verpflichtet. Bei Stückkäufen entsteht somit für den Käufer ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Unmöglichkeit der Leistung und ein Rücktrittsrecht.
Im Gegenzug kann der Verkäufer allerdings einen Anspruch aus §§ 280 Abs. 1 , 3, 281 Abs. 1 BGB gegen den Käufer haben, da der Käufer sich im Annahmeverzug befand. Bei der Schadensberechnung wird dann der nicht ordnungsgemäße und daher rechtswidrige Selbsthilfeverkauf als Deckungskauf angesehen, was zu den entsprechenden Folgen führt.