A. Zulässigkeit der arbeitsgerichtlichen Klage
Die Klage gegen eine Kündigung muss stets zulässig sein. Sowohl bei einer Klage gegen eine außerordentlichen Kündigung als auch gegen eine ordentliche Kündigung.
Die Voraussetzungen sollte also immer in Rahmen einer vollständigen Prüfung einer Kündigungsschutzklage erörtert werden.
Tipp: Die Zulässigkeitsvoraussetzungen findest du im Artikel über die Zulässigkeit einer arbeitsgerichtlichen Klage
B. Begründetheit der arbeitsgerichtlichen Klage
I. Bestehen eines wirksamen Arbeitsvertrages
Zunächst muss immer ursprünglich ein wirksamer Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestanden haben, § 611 a BGB.
Beachte: Hier können jegliche Probleme des BGB AT eingebaut werden (wobei das wohl eher nicht den Schwerpunkt darstellen wird)
II. Wirksame Kündigungserklärung
Des Weiteren wird das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Kündigungserklärung vorausgesetzt.
Grundsätzlich ist über eine Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, ob unter Umständen ein anderer Beendigungstatbestand vorliegt. Dies können eine Anfechtung der Willenserklärung sein (§ 142 BGB), die auf den Arbeitsvertrag gerichtet ist, ein Aufhebungsvertrag oder eine Abmahnung. Natürlich sind auch alle weiteren Beendigungstatbestände denkbar.
Definition: Unter einer Kündigung versteht man eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die die Rechtslage gestaltet und durch die das Arbeitsverhältnis für die Zukunft aufgelöst werden soll.
Hierbei sind die Vorschriften der mangelnden Geschäftsfähigkeit nach §§ 104 ff. BGB anwendbar.
Da die Kündigung ein Gestaltungsrecht ist, ist sie – wie alle Gestaltungsrechte – bedingungsfeindlich. Zudem bedarf die Kündigung nach § 623 BGB der Schriftform und wäre andernfalls nach § 125 BGB formnichtig.
Hier kann zudem ein weiteres BGB AT Problem eingebaut werden, gemäß § 164 BGB die Stellvertretung. Dies ist immer dann zu thematisieren, wenn der Personalleiter z.B. kündigt.
Beachte: Es bedarf gemäß § 174 BGB einer Originalvollmacht. Bei Nichtvorlage einer Originalvollmacht und einer unverzügliche Zurückweisung führt dies zur Unwirksamkeit der Willenserklärung ex nunc (Ausnahme: Personalleiter und Prokurist mit eingetragener Prokura, da Vertretungsmacht bekannt)
Die Kündigung muss aufgrund ihrer Empfangsbedürftigkeit dem anderen Vertragsteil zugehen, § 130 BGB.
1. Problem: Zugang der Kündigung während des Urlaubs
Ein Zugang der Kündigung ist auch dann zu bejahen, wenn dem Arbeitgeber bewusst ist, dass sich der Arbeitnehmer im Urlaub befindet [so BAG NZA 1988, 875].
Sofern während des Urlaubs die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG versäumt wurde, besteht die Möglichkeit, die Klage über § 5 KSchG nachträglich zuzulassen. Der Arbeitnehmer ist demnach ausreichend geschützt.
2. Problem: Angabe von Kündigungsgründen erforderlich?
Fraglich erscheint, ob die Angabe von Kündigungsgründen erforderlich ist. Grundsätzlich ist die Angabe von Kündigungsgründen keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Wo es einen Grundsatz gib, besteht häufig auch eine Ausnahme, die im Arbeitsrecht in § 9 III 3 MuSchG besteht.
Sofern eine außerordentliche Kündigung vorliegen sollte, gilt hier § 626 II 3 BGB.
III. Anhörung des Betriebsrates
Dazu ist grundsätzlich vor jeder Kündigung nach § 102 I 1 BetrVG der Betriebsrat anzuhören.
IV. Besondere Kündigungsverbote
Des Weiteren sind die gesetzlichen Kündigungsverbote, welche Unwirksamkeitsgründe darstellen, zu beachten.
Wichtig sind folgende:
- § 9 MuSchG für Schwangere und Mütter
- § 15 KSchG für Betriebsratsmitglieder bzw. Mitglieder von Jugend- und Ausbildungsvertretungen
- § 22 II BBiG für Auszubildende
- § 85 SBG IX bei der Kündigung von Schwerbehinderten ohne Zustimmung des Integrationsamtes
Ferner ist auch der Ausschluss einer ordentlichen Kündigung durch den Arbeitsvertrag selbst möglich, sowie der Ausschluss der ordentlichen Kündigung durch den Tarifvertrag, was eine Unkündbarkeit zur Folge hat. Dies wird jedoch unter dem Punkt des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung geprüft (s.u.).
V. Allgemeine Nichtigkeitsgründe
Anschließend sind noch die allgemeinen Nichtigkeitsgründe des BGB zu beachten. Möglich sind hier eine Anfechtung der Kündigungserklärung über § 142 I BGB, die Sittenwidrigkeit der Kündigung nach § 138 I BGB, der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB (z.B. das Maßregelverbot nach § 612a BGB) bzw. ein Verstoß gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB. Ferner ist noch an § 613a IV BGB zu denken, d.h. an eine Kündigung wegen Betriebsübergangs.
Zuletzt ist dann der allgemeine Kündigungsschutz nach dem KSchG zu überprüfen.
V. Wirksamkeit einer Kündigung nach KSchG
1. Anwendbarkeit des KSchG
Gemäß § 1 I KSchG muss das KSchG persönlich anwendbar sein, d.h. der Arbeitnehmer muss länger als 6 Monate in dem Betrieb oder Unternehmen beschäftigt sein.
Nach § 23 KSchG ist außerdem die betriebliche Anwendbarkeit des KSchG zu überprüfen, d.h. das KSchG findet keine Anwendung auf Betriebe mit 5 oder weniger Vollzeitbeschäftigten. Auszubildende fallen nicht hierunter.
Bei mehr als 10 Vollzeitbeschäftigten ohne Auszubildende gilt das KSchG immer.
Bei Betrieben mit 5,25 bis 10 Vollzeitbeschäftigte ohne Auszubildende gilt das KSchG, sofern einschließlich des Klägers mehr als 5 Vollzeitbeschäftigte vor dem 31.12.2003 beschäftigt waren und noch immer sind.
2. Soziale Rechtfertigung der Kündigung
Ferner muss die Kündigung nach § 1 I, II, III KSchG sozial gerechtfertigt sein. Denn, eine Kündigung ist gemäß § 1 I 1 KSchG rechtlich unwirksam, sofern sie sozial ungerechtfertigt ist.
Eine Kündigung kann lediglich dann sozial gerechtfertigt sein, wenn sie durch einen in § 1 II 1 KSchG bezeichneten Kündigungsgrund bedingt und insbesondere verhältnismäßig ist.
In § 1 II 1 KSchG ist zu unterscheiden zwischen personenbedingter, verhaltensbedingter und betriebsbedingter Kündigung.
Beachte: Sofern ein absoluter Grund für die Sozialwidrigkeit der Kündigung gemäß § 1 II 2, 3 KSchG besteht, ist diese unter keinen Umständen sozial gerechtfertigt. In Fällen dieser Art findet dann auch keinerlei Interessenabwägung statt.
Die ordentliche Kündigung muss auch wirksam sein.
VI. Materielle Präklusionsfrist einer Klage
Zudem ist die einheitliche dreiwöchige Präklusionsfrist nach §§ 4 Satz 1, 7 KSchG einzuhalten, d.h. die Klage ist innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung zu erheben. Die Präklusionsfrist gilt jedoch nicht für die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist des § 622 BGB, da § 4 Satz 1 KSchG gerade die UN-Wirksamkeit der Kündigung voraussetzt.
Da die Präklusionsfrist eine materiell – rechtliche Ausschlussfrist ist, ist diese erst im Rahmen der Begründetheit zu prüfen.
Grundsätzlich gilt die Präklusionsfrist für alle ordentlichen Kündigungen und für die außerordentlichen Kündigungen nach § 13 I 2 KSchG.
VII. Kündigungsfrist
Zudem muss die Kündigungsfrist eingehalten werden. Sofern nichts Gegenteiliges vereinbart ist, richtet sich die Kündigungsfrist nach § 622 BGB.
Beachte: Sofern die Frist nicht eingehalten wurde, kann die Kündigung in eine fristgerechte Kündigung zum nächstmöglichen Termin umgedeutet werden.
VIII. Ausschluss der ordentlichen Kündigung
Ferner darf die ordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen sein.
Das Recht des Arbeitgebers zur ordentlichen Kündigung kann hierbei durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung bzw. auch durch Individualarbeitsvertrag nach dem Erreichen einer bestimmten Dauer der Betriebszugehörigkeit ausgeschlossen sein.
Dies stellt dann einen Fall der Unkündbarkeit dar. Liegt ein solcher Fall vor, so kommt nur noch eine außerordentliche Kündigung in Betracht, welche unter keinen Umständen ausgeschlossen werden kann.
Quellen
- Abbo Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 14. Auflage