Das BVerfG zum Deal im Strafprozess

Das BVerfG zum Deal im Strafprozess

Deals zwischen Gericht und Angeklagtem kommen nicht nur in amerikanischen Krimiserien vor, sondern zunehmend auch in deutschen Gerichtssälen. Im August 2014 musste sich auch das BVerfG mit dieser Thematik im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde auseinandersetzen.
BVerfG zum Deal im Strafprozess
Lecturio Redaktion

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04.01.2024

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Inhalt

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I.  Allgemeines zum Deal

Absprachen über den weiteren Verfahrensablauf zwischen dem Vorsitzenden, der StA und dem Verteidiger sowie dem Angeklagten (Deal) sind gerade im praktischen Bereich nicht wegzudenken, aber auch in der Klausur kann ein solcher Deal vorkommen.

Oftmals beinhaltet ein Deal eine Zusage über eine Strafmilderung oder eine Strafobergrenze durch das Gericht, wenn der Angeklagte ein Geständnis abgibt. Dadurch erspart man sich aufwändige Beweisaufnahmen.

II. Kritik am Deal

Dem Deal begegnen aber auch zahlreiche rechtsstaatliche Bedenken, v.a. gegenüber:

  • Dem Legalitätsprinzip: wegen des indisponiblen staatlichen Strafanspruchs
  • Dem Grundsatz des fairen Verfahren
  • Dem Ermittlungsgrundsatz: wenn dem Geständnis Glauben geschenkt wird, obwohl noch Zweifel an Täterschaft und Schuld des Angeklagten bestehen.
  • dem Grundsätze der Öffentlichkeit und Mündlichkeit: keine wirksame Kontrolle durch die Öffentlichkeit
  • der Unschuldsvermutung und Grundsatz „in dubio pro reo”

Tipp: Mehr zu den Verfahrensgrundsätzen? Dann empfehlen wir diesen Artikel.

III. Voraussetzungen eines Deals

Für einen wirksamen Deal müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

  1. keine unsachgemäße Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung
  2. Das Geständnis des Angeklagten „soll“ Bestandteil der Verständigung sein
  3. Gegenstand der Verständigung
    gemäß § 257c Abs. 2 S.1 StPO nur Rechtsfolgen die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können. Der Schuldspruch darf hingegen in keinem Fall Gegenstand der Absprache sein, § 257c Abs. 2 S.3 StPO
  4. Keine feste Zusage zum Strafmaß, nur Festsetzung einer Strafobergrenze, § 257c Abs. 3 S.2 StPO.
  5. Strafe schuldangemessen, § 257c Abs. 4 StPO
  6. Gelegenheit zur Äußerung
  7. Zustimmung Angeklagter und StA, § 257c Abs. 2 S.3, 4 StPO.

IV. Das BVerfG zum Deal

1. Sachverhalt

Im Dezember 2012 verurteilte das LG Berlin den Beschwerdeführer B wegen Betäubungsmitteldelikten zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren. Dem Urteil ging eine Absprache zwischen Gericht und Angeklagtem voraus, die der Verteidiger von B initiiert hatte. Die Strafkammer stellte B in Aussicht, eine Freiheitsstrafe von nicht über 6 Jahren und 6 Monaten zu verhängen, wenn dieser unter anderem ein glaubhaftes Geständnis ablege. B, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft stimmten diesem Vorschlag der Strafkammer zu.

Erst im Anschluss daran wurde B gem. § 257c Abs. 5 StPO belehrt. Das Geständnis legte B im folgenden Hauptverhandlungstermin eine Woche später ab. Mit seiner Revision vor dem BGH rügte B, dass das Landgericht ihn nicht bereits bei Unterbreitung des Deals belehrt hatte. Der BGH verwarf die Revision im August 2013. Daraufhin legte B Verfassungsbeschwerde zum BVerfG ein.

2. Problemaufriss

Zentrale Vorschrift für Deals im Strafverfahren ist § 257c StPO.

(1) Das Gericht kann sich […]  über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. […]

Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll ein solcher Deal folgendermaßen aussehen: Das Gericht schlägt dem Angeklagten eine Obergrenze für die begangene Straftat vor, im Gegenzug legt dieser ein glaubwürdiges Geständnis ab.

Werden jedoch hinterher besondere rechtliche oder tatsächliche Umstände bekannt, und hält das Gericht deshalb den angesetzten Strafrahmen für nicht mehr angemessen, dann ist es gem. § 257c Abs. 4 StPO nicht mehr an die Absprache gebunden.

Darüber muss der Angeklagte gem. § 257c StPO belehrt werden. Diese Belehrungspflicht wurzelt in dem Recht auf faires Verfahren (Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 3GG). Was die StPO jedoch nicht regelt, ist der Zeitpunkt der Belehrung.

3. Urteil des BVerfG

Zum NachlesenBVerfG, Urt. v. 25.08.2014 – 2 BvR 2048/13

Nach Ansicht des BVerfG verletzen die Urteile des LG Berlin sowie des BGH den B in seinem Recht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) und verstoßen gegen die Selbstbelastungsfreiheit. Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit ist ebenfalls im Rechtstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG verankert und hat Verfassungsrang. Er umfasst die Aussage- und Entschließungsfreiheit des Angeklagten während des Strafverfahrens. Der Angeklagte muss frei von Zwang entscheiden können, ob er mittels einer Absprache am Verfahren mitwirkt.

Ein Deal ist deshalb nur dann mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens vereinbar, wenn der Angeklagte vor dessen Zustandekommen über die nur eingeschränkte Bindungswirkung des Gerichts belehrt wurde. Nur mit vorheriger Belehrung kann sicher gestellt werden, dass der Angeklagte eigenverantwortlich und in Kenntnis der Konsequenzen darüber entscheidet, ob er sich auf einen Deal einlässt oder nicht.

Das BVerfG stärkt damit in seiner Urteilsbegründung die Rechte des Angeklagten und stellt außerdem klar, dass die Belehrungspflicht aus § 257c Abs. 4 StPO keine reine Ordnungsvorschrift ist, sondern den Grundsatz des fairen Verfahrens sichert.

V. Relevanz fürs Studium

Das Urteil des BVerfG überzeugt mit seiner schlüssigen Begründung. In Klausuren werden strafprozessrechtliche Fragen in der Einkleidung einer Verfassungsbeschwerde wohl eher selten geprüft. Dafür eignet sich die Thematik aber hervorragend für die mündliche Prüfung. Aus diesem Grund lohnt es sich, sich die wesentlichen Kernargumente des BVerfG einzuprägen.

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Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

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Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

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Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.