Das Gesetzlichkeitsprinzip im Strafrecht, § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG und Art. 7 Abs. 1 EMRK

Das Gesetzlichkeitsprinzip im Strafrecht, § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG und Art. 7 Abs. 1 EMRK

Auch wenn in den Klausuren vor allem der gekonnte Umgang mit den unterschiedlichen Delikten im Gutachten geprüft wird, kann eine Rückbesinnung auf die Basics nicht schaden. In dem folgenden Beitrag befassen wir uns mit dem Gesetzlichkeitsprinzip i.S.d. § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG sowie Art. 7 Abs. 1 EMRK und seinen Ausprägungen, die eine wichtige Rolle innerhalb des Strafrechts spielen.
Gesetzlichkeitsprinzip im Strafrecht
Lecturio Redaktion

·

04.01.2024

·

Inhalt

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Das Gesetzlichkeitsprinzip nimmt eine zentrale Stellung innerhalb des Strafrechts ein. Es geht unter anderem auf den berühmten Juristen Paul Johann Anselm Feuerbach zurück.

Heutzutage ist das Gesetzlichkeitsprinzip in Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB und Art. 7 Abs. 1 EMRK verankert. Hier heißt es:

Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

Das Gesetzlichkeitsprinzip hat zwei Ausprägungen:

  • „Nullum crimen sine lege“: Keine Straftat ohne Gesetz
  • „Nulla poena sine lege“: Keine Strafe ohne Gesetz
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Es wird auch als Garantiefunktion des Strafgesetzes bezeichnet.

Im Einzelnen gibt es vier Ausprägungen des Gesetzlichkeitsprinzips, die Sie sich merken sollten:

Gesetzlichkeitsprinzip
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1. Der Bestimmtheitsgrundsatz (nulla poena sine lege certa)

Der Bestimmtheitsgrundsatz fordert, dass die Voraussetzungen und Rechtsfolgen eines Strafgesetzes möglichst präzise geregelt werden. Er richtet sich damit an den Gesetzgeber. Gleichzeitig sollen jedoch auch die Strafgerichte auf eine Bestimmtheit der Tatbestände hinarbeiten. Dieses Präzisierungsgebot wurde ihnen vom Bundesverfassungsgericht auferlegt.

Darüber hinaus hat der Bestimmtheitsgrundsatz zum Ziel, dass der Bürger erkennen kann, wann er sich außerhalb des Erlaubten bewegt. Gleichzeitig soll er auch vor etwaiger Willkür bei richterlichem Handeln geschützt werden.

Generalklauseln sind dabei nicht generell unzulässig. Die einzelnen Tatbestandsmerkmale müssen aber so beschrieben sein, dass man ihren Sinn durch Auslegung erfassen kann. Auch einige bestehende Strafgesetze werden regelmäßig als zu unbestimmt kritisiert. Dies ist beispielsweise im Rahmen des § 211 StGB der Fall, wo die „niedrigen Beweggründen“ des Täters als Mordmerkmal genannt werden.

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2. Das Schriftlichkeitsgebot (nulla poena sine lege scripta)

Ferner ist der Grundsatz enthalten, dass kein Gewohnheits- und kein Richterrecht zum Nachteil des Bürgers etabliert werden darf. Zugunsten des Bürgers kann dies jedoch erlaubt sein, sofern sich Anhaltspunkte im Gesetz befinden. Ein Beispiel hierzu ist die rechtfertigende Einwilligung, die lediglich für die Körperverletzung in § 228 StGB ausdrücklich geregelt, aber als allgemeiner Rechtfertigungsgrund anerkannt ist.

Zu beachten ist außerdem, dass das Schriftlichkeitsgebot einer richterlichen Auslegung, die sich zu einer ständigen Rechtsprechung verdichtet, nicht entgegensteht. In Anbetracht der unklaren Rechtsbegriffe in einigen Straftatbeständen ist dies auch nicht vermeidbar.

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3. Das Analogieverbot (nulla poena sine lege stricta)

Als nächstes ist das Analogieverbot zu nennen.

Definition: Eine Analogie ist die Ausdehnung eines Rechtssatzes auf einen im Gesetz nicht geregelten oder vom Gesetzeswortlaut nicht mehr erfassten Fall.

Dabei ist zu beachten, dass das Verbot nur für Analogien zum Nachteil des Beteiligten gilt. Zu seinen Gunsten sind sie erlaubt.
Dennoch darf eine Analogie nur angenommen werden, wenn der Gesetzgeber tatsächlich unabsichtlich eine Gesetzeslücke offen gelassen hat. Liegt eine abschließende Regelung vor, ist dies nicht möglich.

Mitunter fällt jedoch die Unterscheidung einer verbotenen Analogie von einer erlaubten Auslegung schwer. Dabei kann man sich daran orientieren, dass der Wortlaut der Norm grundsätzlich die Grenze der Auslegung bildet.

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3. Das Rückwirkungsverbot (nulla poena sine lege praevia)

Eine weitere Ausprägung des Gesetzlichkeitsprinzips ist das Rückwirkungsverbot, welches § 2 Abs. 1 StGB noch einmal erwähnt:

Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

§ 8 StGB gibt indessen Auskunft, was mit „Zeit der Tat“ in diesem Zusammenhang gemeint ist. Danach ist eine Tat zu der Zeit begangen, zu der der Täter oder Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen. Wann der Erfolg eintritt, ist dagegen nicht maßgeblich.

Ein Gesetz darf also weder rückwirkend eine Strafe begründen noch verschärfen. Demgegenüber ist eine Rückwirkung zugunsten des Täters jedoch zulässig.

Dieser Grundsatz bezieht sich auf das gesamte materielle Strafrecht, jedoch nicht auf das Strafverfahrensrecht. Er steht auch grundsätzlich nicht einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung entgegen. Außerdem bestimmt § 2 Abs. 6 StGB, dass er ebenfalls keine Geltung für Maßregeln der Besserung und Sicherung beansprucht.

In diesen Themenbereich fallen auch die Ahndung von NS-Verbrechen sowie die Mauerschützenproblematik. Es handelt sich dabei um Taten, die zum Zeitpunkt ihrer Begehung nicht strafbar waren.

Mit dem Schutzzweck des Art. 103 Abs. 2 GG und der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes, die sich aus Art. 25 GG ergibt, wird in diesem Zusammenhang argumentiert, dass das Rückwirkungsverbot Machthabern bei schweren Menschenrechtsverletzungen keinen Schutz vor späteren strafrechtlichen Konsequenzen bietet. Oft erfolgt hier ein Rückgriff auf die Radbruch‘sche Formel.

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Fazit

Für das allgemeine Verständnis des Strafrechtssystems ist eine Kenntnis des Gesetzlichkeitsprinzips mit seinen Ausprägungen auf jeden Fall notwendig. Abgesehen davon kann es Ihnen aufgrund seiner hohen Relevanz durchaus in einer Klausur-Zusatzfrage oder in der mündlichen Prüfung begegnen. Sofern Sie aber mit seiner Bedeutung und den dazugehörigen Ausformungen vertraut sind, kann Ihnen in dieser Situation nichts mehr passieren.

Quellen

  • Bott/Krell: Der Grundsatz „nulla poena sine lege“ im Lichte verfassungsgerichtlicher Entscheidungen, ZJS 2010, 694 ff.
  • Krey/Esser, Deutsches StrafR AT, 5. Auflage.
  • Schmitz in: MüKoStGB, 2. Aufl. 2011, § 1 Rn. 29.
  • Walter: Einführung in das Strafrecht, JA 2013, 727 ff.
  • Wessels/Beulke/Satzger: Strafrecht Allgemeiner Teil, 44. Aufl. 2014, Rn. 44 ff.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

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Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Experte, TOP-Speaker in Europa und gefragter Business Coach. Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere – sowohl offline in Präsenztrainings als auch online in seiner Argumentorik Online-Akademie mit bereits über 52.000 Teilnehmern. Er vermittelt seinen Kunden nicht nur Tools professioneller Rhetorik, sondern auch effektive Überzeugungstechniken, Methoden für erfolgreiches Verhandeln, professionelles Konfliktmanagement und Techniken für effektives Leadership.

Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.