I. Das Rechtsgeschäft
Zu Beginn sollte man sich die Definitionen des Rechtsgeschäfts vor Auge führen, da diese im Gesetz nicht näher definiert wird.:
Definition: Ein Rechtsgeschäft ist eine Handlung oder Handlungsmehrheit, bei der mindestens eine Handlung eine auf die Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge gerichtete Willenserklärung darstellt.
Das Rechtsgeschäft muss somit mindestens eine Willenserklärung aufweisen. Die das im Einzelfall verfolgte Rechtsgeschäft konkretisiert.
Willenserklärung Definition:
Definition: Willenserklärung ist jede Kundgabe eines Willens, die darauf gerichtet ist, eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen.
Es gibt sowohl mehrseitige als auch einseitige Rechtsgeschäfte.
Der wohl wichtigste Fall der mehrseitigen Rechtsgeschäfte ist der Vertrag in all seinen Ausprägungen, wie etwa der Kaufvertrag (§ 433 BGB), oder die Bürgschaft (§ 765 BGB).
Einseitiges Rechtsgeschäft:
Definition: Für ein einseitiges Rechtsgeschäft ist nur eine Willenserklärung nötig, damit das Rechtsgeschäft wirksam wird.
- Ein empfangsbedürftiges einseitiges Rechtsgeschäft wird nur wirksam, wenn es dem Erklärungsgegner zugeht, Beispiele: Kündigung (z.B. nach § 568 BGB), Anfechtung (§ 142 BGB) oder Rücktritt (§ 349 BGB)
- Ein nicht empfangsbedürftiges einseitiges Rechtsgeschäft ist zum Beispiel die Testamentserrichtung (§§ 1937, 2247 BGB)
Andere Beispiele für ein einseitiges Rechtsgeschäft sind:
- Bevollmächtigung (§ 167 BGB)
- Eigentumsaufgabe (§§ 928, 959 BGB)
II. Abgrenzung des Rechtsgeschäfts
Das Rechtsgeschäft ist von der geschäftsähnlichen Handlung sowie dem Realakt abzugrenzen.
1. Abgrenzung Rechtsgeschäft zur geschäftsähnlichen Handlung
Definition: Geschäftsähnliche Handlungen sind Erklärungen, deren Rechtsfolgen kraft Gesetzes eintreten, ohne Rücksicht darauf, ob sie gewollt sind.
Beispiele für Geschäftsähnliche Handlungen sind:
- Fristsetzung (etwa § 281 Abs. 1 S. 1 BGB) oder Mahnung (§ 286 Abs. 1, 2 BGB)
- Verlangen von Schadensersatz (§ 281 IV BGB)
Bei den geschäftsähnlichen Handlungen ist – im Gegensatz zum Rechtsgeschäft – erkennbar, dass durch diese keine Rechtsfolge direkt gewollt ist, aber durch eine gesetzliche Normierung eine solche nichtsdestotrotz eintritt. Dies ist das wesentliche Merkmal der geschäftsähnlichen Erklärung. Da auch bei diesen eine Erklärung vorliegt, stehen die geschäftsähnlichen Erklärungen den Rechtsgeschäften sehr nahe, weshalb einige Regeln über die Rechtsgeschäfte hier häufig analog anzuwenden sind:
- die Regeln über die Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff. BGB)
- die Anfechtungsregeln (§§ 119 ff. BGB)
- das Wirksamwerden (§§ 130 ff. BGB) und die Auslegung (§§ 133, 157 BGB)
- die Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB)
- die Einwilligung und Genehmigung (§§ 182 ff. BGB)
Ob eine Analogie anzunehmen ist, sollte jedoch stets am Einzelfall entschieden werden.
2. Abgrenzung Rechtsgeschäft zum Realakt
Definition: Realakte sind Handlungen, die lediglich auf die Herbeiführung eines tatsächlichen Erfolges gerichtet und typischerweise weder auf ein Rechtsverhältnis oder auf Rechtsfolgen bezogen sind, an die das Gesetz aber unabhängig vom Parteiwillen bestimmte Rechtsfolgen knüpft.
Beispiele für Realakte sind:
- Einbringen von Sachen in Mieträume (§ 562 Abs. 1 S. 1 BGB)
- Besitzerwerb (§ 854 BGB)
- Verarbeitung (§ 950 BGB) oder Verbindung und Vermischung (§§ 946-948 BGB)
Was einen Realakt ausmacht, wird vor allem bei den Regelungen zur Verarbeitung, Verbindung und Vermischen deutlich. Es handelt sich um eine tatsächliche Handlung, an welche das Gesetz Rechtsfolgen knüpft.
Zu beachten ist, dass bei den Realakten die Regeln über die Geschäftsfähigkeit, Anfechtung etc. nicht analog angewendet werden können, da die Rechtsfolgen kraft Gesetzes eintreten und es im Gegensatz zu den geschäftsähnlichen Erklärungen sogar bereits an einer Erklärung fehlt.
3. Abstufungsverhältnis
Es liegt somit eine Art Abstufungsverhältnis zwischen den Dreien vor:
- Bei dem Rechtsgeschäft wird durch eine Erklärung bewusst eine bestimmte Rechtsfolge herbeigeführt.
- Hingegen gibt es auch eine Erklärung bei den geschäftsähnlichen Handlungen, diese führt allerdings automatisch (ohne den Willen der Partei) eine Rechtsfolge herbei.
- Bei den Realakten schließlich liegt nicht einmal eine Erklärung vor, sondern ein tatsächliches Handeln, welches automatisch eine Rechtsfolge auslöst.
III. Fazit
Wie man sehen kann, ist die Abgrenzung nicht allzu schwer, wenn man darauf achtet, ob die Rechtsfolge kraft Gesetzes (geschäftsähnliche Handlung) oder kraft Willensäußerung (Rechtsgeschäft) eintritt. Mangelt es bereits an der Willensäußerung, liegt ein Realakt vor. Dies ist vor allem wichtig, um auch zwischen Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäft zu differenzieren! Denn ein Verpflichtungsgeschäft beruht immer auf einem Rechtsgeschäft und ein Verfügungsgeschäft auf einem Realakt!
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