Das zweite Versäumnisurteil, §§ 331 ff. ZPO

Das zweite Versäumnisurteil, §§ 331 ff. ZPO

Zum Standardwissen im Zivilprozessrecht für das Erste Staatsexamen gehört das sog. Versäumnisverfahren. Die verschiedenen Windungen und Varianten im Zusammenhang mit dem Versäumnisverfahren sind für viele Examenskandidaten auf den ersten Blick unverständlich. Ein damit in Zusammenhang stehendes, besonderes Problem ist der Prüfungsumfang des Gerichts bei Erlass eines sog. zweiten Versäumnisurteils.
zweite Versäumnisurteil
Lecturio Redaktion

·

20.02.2024

·

Inhalt

Tipp: Mit unserem Online-Repetitorium zum 1. Staatsexamen können Sie sich bestmöglich, flexibel und kostengünstig auf die erste juristische Staatsprüfung vorbereiten

I. Hintergrund: das zweite Versäumnisurteil im Versäumnisverfahren

Unterlässt eine der Parteien ihre notwendige Beteiligung am Prozess, kommt ein Versäumnisverfahren in Betracht. Relevant für das Erste Staatsexamen ist vor allem das Versäumnisurteil (VU) gegen den Beklagten, § 331 ZPO.

Tipp: Falls du noch nicht weißt um was es bei dem Versäumnisverfahren geht, dann lese dir erstmal diesen Artikel durch.

Möchte der Beklagte ein gegen ihn erlassenes, erstes VU nicht akzeptieren, kann er dagegen mit dem Rechtsbehelf des Einspruchs, § 338 ZPO vorgehen.

§-331-ff.-ZPO-Versäumnisurteil
© Lecturio GmbH. Alle Rechte vorbehalten.

Ist der Einspruch zulässig, so wird gem. § 342 ZPO der Prozess „in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand“. Dies bedeutet, dass das Gericht nunmehr einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt, § 341a ZPO. In diesem wird über die Zulässigkeit und Begründetheit der ursprünglichen Klage entschieden.

Auch in dieser mündlichen Verhandlung kann der Beklagte erneut säumig sein. Ist dies der Fall, d.h. ist der Beklagte zum zweiten Mal säumig, so ergeht gegen den Einspruch ein zweites Versäumnisurteil. Mit diesem 2. VU wird der Einspruch verworfen, § 345 ZPO.

II. Prüfungsumfang des Gerichts vor Erlass des zweiten Versäumnisurteils

Umstritten ist, wie weit der Prüfungsumfang des Gerichts vor dem Erlass eines zweiten Versäumnisurteils reicht, insbesondere, ob das Gericht die Zulässigkeit und Schlüssigkeit der Klage und die Gesetzmäßigkeit des 1. VU prüfen muss. Dabei ist nach dem Gegenstand, auf den sich der eingelegte Einspruch bezieht, zu unterscheiden.

1. Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid aus einem Mahnverfahren

Gegenstand eines Einspruchs kann zunächst ein Vollstreckungsbescheid sein, der in einem Mahnverfahren erlassen wurde. Dieser steht gem. § 700 I ZPO einem ersten Versäumnisurteil gleich, sodass dagegen der Rechtsbehelf eines Einspruchs besteht, §§ 700 I, 338 ZPO. Das Gesetz schreibt in § 700 VI ZPO ausdrücklich vor, dass ein 2. VU nur ergehen darf, wenn die Voraussetzungen für ein 1. VU nach § 331 ZPO gegeben sind, mit anderen Worten die Klage zulässig und schlüssig ist. In einem solchen Fall muss das Gericht die Zulässigkeit und Schlüssigkeit überprüfen.

2. Einspruch gegen echtes, erstes Versäumnisurteil

Richtet sich der Einspruch des Beklagten gegen ein zuvor ergangenes, echtes 1. VU, so hat das Gericht nach Ansicht des BGH vor Erlass des 2. VU die Zulässigkeit und Schlüssigkeit der Klage nicht mehr zu prüfen. Der BGH begründet dies damit, dass es in dieser Konstellation an einer mit § 700 VI ZPO vergleichbaren Regelung fehle und deshalb eine solche Überprüfbarkeit nicht gewollt sei. Auch der Wortlaut des § 345 ZPO, wonach der Einspruch durch das 2. VU „verworfen“ werde, lasse den Schluss zu, dass keine Prüfung in der Sache erfolge (vgl. dazu den Wortlaut des § 341 I 2 ZPO, wonach ein unzulässiger Einspruch ebenfalls „zu verwerfen“ ist).

Tipp: Es empfiehlt sich hierzu, die lehrbuchartig aufbereitete Entscheidung des BGH vom 06.05.1999 (V ZB 1/99) zu lesen.

Demgegenüber vertritt die in der Literatur teilweise vertretene Gegenauffassung die Meinung, dass nur eine zulässige und schlüssige Klage verworfen werden darf: denn das Zurückversetzen des Prozesses gem. § 342 ZPO führe dazu, dass jetzt wieder dieselbe Prüfung wie vor Erlass des 1. VU erfolgen müsse (also die Prüfung der Zulässigkeit und Schlüssigkeit).

Nach Ansicht des BGH ist demnach auch nicht die Gesetzmäßigkeit des 1. VU zu überprüfen, ob also bei Erlass des 1. VU die Säumnisvoraussetzungen (Zulässigkeit und Schlüssigkeit der Klage sowie das Fehlen von Hindernissen nach §§335, 337 ZPO) vorlagen.

III. Folgen eines zweiten Versäumnisurteils

Das zweite Versäumnisurteil ist nur noch bedingt durch Rechtsmittel angreifbar, § 514 II ZPO. Eine Berufung ist nur insoweit möglich, als dass geltend gemacht wird, die Voraussetzungen für die zweite Säumnis hätten nicht vorgelegen oder aber die Säumnis sei unverschuldet gewesen.

Quellen

  • Zöller, ZPO Kommentar, 30. Aufl., Vorb. Zu §330, §§ 341, 345, 514 (m. w. N.).
  • BGH, Beschl. v. 6. 5. 1999 (V ZB 1/99).

Die Lecturio-Redaktion

Unsere Artikel sind das Ergebnis gewissenhafter Arbeit unseres Redaktionsteams und entsprechender Fachautoren. Strenge Redaktionsvorgaben und ein effektives Qualitätsmanagement-System helfen dabei, die hohe Relevanz und Validität aller Inhalte zu sichern. 

Perfekt vorbereitet durchs Jurastudium

  • Aktuell, klausurorientiert und fallbezogen
  • Überall verfügbar
  • Interaktive Quizfragen und Fallbeispiele

Artikelempfehlungen

Die Klagerücknahme gemäß § 269 ZPO kommt immer dann in Betracht, wenn der Kläger seine eingereichte Klage ( § 253 ...
In § 264 ZPO sind Klageänderungen beschrieben, die stets zulässig sind. Einen Sonderfall stellt jedoch die Klagebeschränkung nach § 264 ...
Grundsätzlich wird die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Zivilgerichte kraft des Gesetzes in den §§ 23 ff., 74 ff. GVG ...

Kostenloses eBook

BGB AT Prüfungswissen kompakt, einfach und verständlich. 

Bessere Noten in Klausuren und Staatsexamina

Mit Lecturio flexibel auf Klausuren und Staatsexamen vorbereiten
– überall und jederzeit

Du bist bereits registriert?  Login

eLearning Award 2023

Lecturio und die Exporo-Gruppe wurden für ihre digitale Compliance-Akademie mit dem eLearning Award 2023 ausgezeichnet.

eLearning Award 2019

Lecturio und die TÜV SÜD Akademie erhielten für den gemeinsam entwickelten Online-Kurs zur Vorbereitung auf den
Drohnenführerschein den eLearning Award 2019 in der Kategorie “Videotraining”.

Comenius-Award 2019

Comenius-Award 2019

Die Lecturio Business Flat erhielt 2019 das Comenius-EduMedia-Siegel, mit dem die Gesellschaft für Pädagogik, Information und Medien jährlich pädagogisch,  inhaltlich und gestalterisch
herausragende didaktische Multimediaprodukte auszeichnet.

IELA-Award 2022

Die International E-Learning Association, eine Gesellschaft für E-Learning Professionals und Begeisterte, verlieh der Lecturio Learning Cloud die Gold-Auszeichnung in der Kategorie “Learning Delivery Platform”.

Comenius-Award 2022

In der Kategorie “Lehr- und Lernmanagementsysteme” erhielt die Lecturio Learning Cloud die Comenius-EduMedia-Medaille. Verliehen wird der Preis von der Gesellschaft für Pädagogik, Information und Medien für pädagogisch, inhaltlich und gestalterisch herausragende Bildungsmedien.

B2B Award 2020/2021

Die Deutsche Gesellschaft für Verbraucherstudien (DtGV) hat Lecturio zum Branchen-Champion unter den deutschen Online-Kurs-Plattformen gekürt. Beim Kundenservice belegt Lecturio den 1. Platz, bei der Kundenzufriedenheit den 2. Platz.

B2B Award 2022

Für herausragende Kundenzufriedenheit wurde Lecturio von der Deutschen Gesellschaft für Verbraucherstudien (DtGV) mit dem deutschen B2B-Award 2022 ausgezeichnet.
In der Rubrik Kundenservice deutscher Online-Kurs-Plattformen belegt Lecturio zum zweiten Mal in Folge den 1. Platz.

Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

Holger Wöltje

Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

Frank Eilers

Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

Yasmin Kardi

Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

Leon Chaudhari

Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

Andreas Ellenberger

Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

Zach Davis

Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

Wladislav Jachtchenko

Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Experte, TOP-Speaker in Europa und gefragter Business Coach. Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere – sowohl offline in Präsenztrainings als auch online in seiner Argumentorik Online-Akademie mit bereits über 52.000 Teilnehmern. Er vermittelt seinen Kunden nicht nur Tools professioneller Rhetorik, sondern auch effektive Überzeugungstechniken, Methoden für erfolgreiches Verhandeln, professionelles Konfliktmanagement und Techniken für effektives Leadership.

Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.