I. Erklärung Hypothekenrecht
Die Hypothek sichert dem Hypothekar gem. § 1147 BGB einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung, also die Verwertung des Grundstücks zur Befriedigung seiner Forderung. Deshalb ist die Hypothek auch ein akzessorisches (abhängiges) Recht: Die Hypothek entsteht gezielt zur Sicherung einer Forderung, ohne diese Forderung kann es auch keine Hypothek geben. Dementsprechend geht die Hypothek unter, wenn die Forderung untergeht; genau so geht sie auch über, wenn die Forderung übergeht.
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Wichtig für das Verstehen des Hypothekenrechts (grundsätzlich des ganzen Immobiliarsachenrechts) ist, dieses parallel zum Mobiliarsachenrecht zu lernen. So sind die Grundlagen des Rechts der beweglichen Sachen auch im Immobiliarsachenrecht noch fast gleich – nur tritt an die Stelle der Übergabe die Eintragung in das Grundbuch. Ebenfalls gibt es Gemeinsamkeiten mit der Vormerkung und Grundschuld: Die Vormerkung ist wie die Hypothek einakzessorisches Recht, auf die Grundschuld finden gem. § 1192 BGB die Vorschriften über die Hypothek entsprechende Anwendung.
II. Der Ersterwerb der Hypothek vom Nichtberechtigten
Der gutgläubige Erwerb vom Nichtberechtigten setzt immer die entsprechenden Merkmale des Erwerbs vom Berechtigten voraus. Deshalb prüft man etwa auch beim normalen, gutgläubigen Erwerb an beweglichen Sachen § 932 BGB und § 929 BGB – § 929 BGB enthält den normalen Erwerbstatbestand und § 932 BGB erweitert diesen hinsichtlich des gutgläubigen Erwerbs. Insofern muss also der § 892 BGB mit den Vorschriften über den Erwerb vom Berechtigten kombiniert werden.
Ersterwerb der Hypothek vom Berechtigten, §§ 1113, 873, 1115, 1116, 1117 BGB: Für den gutgläubigen Ersterwerb der Hypothek vom Nichtberechtigten sind damit die §§ 1113, 873, 1115, 1116 BGB zusammen mit § 892 BGB zu prüfen.
Prüfungsschema:
- Zu sichernde Forderung
- Einigung, §§ 873, 1113 BGB
- Nichtberechtigter
- Eintragung
- Übergabe des Hypothekenbriefs, §§ 1116, 1117 BGB
- Rechtsscheinträger
- Gutgläubigkeit
- Kein Widerspruch, § 892 Abs. 1 S. 1 BGB
1. Zu sichernde Forderung
Wegen der Akzessorietät der Hypothek muss eine zu sichernde Forderung bestehen. Diese Forderung muss auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet sein, regelmäßig handelt es sich hierbei um eine Rückzahlungsforderung aus § 488 Abs. 1 S. 1 BGB.
2. Einigung, §§ 873, 1113 BGB
Inhaltlich muss sich die Einigung auf die Art der Hypothek (Buch- oder Briefhypothek; Verkehrs- oder Sicherungshypothek) und auf das zu belastende Grundstück erstrecken.
3. Nichtberechtigter
Hier folgt eine einfache Eigentumsprüfung: War der Besteller der Hypothek zum Zeitpunkt der Hypothek Eigentümer? Beliebt ist hier die Klausurkonstellation, dass der Besteller das Eigentum zwar erworben hatte, dieses aber durch eine Anfechtung ex tunc wieder verloren hat und damit nie Eigentümer war.
4. Eintragung
Die Hypothek muss mit dem Inhalt des § 1115 BGB im Grundbuch eingetragen werden. Der Gesetzeswortlaut definiert hier den Inhalt ausführlich – eingetragen werden müssen der Gläubiger, der Schuldner, wenn er nicht mit dem Grundstückseigentümer identisch ist, der Schuldgrund und die Höhe der zu sichernden Forderung (Individualisierbarkeit) sowie die Zinsen und Nebenleistungen. In Klausuren wird darauf jedoch zumeist nicht einzugehen sein, „A bestellte B eine Hypothek“ lässt darauf schließen, dass diese Merkmale erfüllt sind.
5. Übergabe des Hypothekenbriefs, §§ 1116, 1117 BGB
Hierbei ist zwischen zwei Zeitpunkten zu unterscheiden:
- durch die Einigung und die anschließende Eintragung ins Grundbuch entsteht die Hypothek als Eigentümerhypothek gem. § 1163 Abs. 2 BGB. Ab diesem Zeitpunkt ist das Grundstück mit der Hypothek belastet.
- Erst durch die darauffolgende Übergabe des Briefes an den Gläubiger verwandelt sich die Eigentümerhypothek in eine Fremdhypothek.
Dadurch kann der Eigentümer die Entstehung der Hypothek von der Auszahlung der Darlehenssumme abhängig machen, ohne sich selbst zu gefährden.
6. Die Legitimation des Nichtberechtigten aus dem Grundbuch (Rechtsscheinträger)
Dies bedeutet, dass der Nichtberechtigte als Berechtigter im Grundbuch eingetragen sein muss: Der (nichtberechtigte) Besteller der Hypothek muss als Eigentümer im Grundbuch stehen. Erst hierdurch entsteht der Rechtsschein, welcher den gutgläubigen Erwerb ermöglicht.
Merke: Während im Mobiliarsachenrecht der Besitz für den Rechtsschein maßgeblich ist, ist es im Immobiliarsachenrecht die Eintragung in das Grundbuch!
7. Der Erwerber muss gutgläubig sein
Gem. § 892 Abs. 1 BGB ist der Erwerber gutgläubig, wenn er die Nichtberechtigung des Bestellers nicht positiv kennt. Im Gegensatz zu § 932 Abs. 2 BGB schadet im Rahmen des § 892 BGB die grob fahrlässige Unkenntnis nicht, denn der Rechtsschein durch die Eintragung ins Grundbuch ist stärker als der bloße Besitz.
Wichtig ist jedoch zu wissen, dass die Gutgläubigkeit bis zur Auszahlung des Darlehens erforderlich ist. Gem. § 892 Abs. 2 BGB ist der Zeitpunkt der Antragstellung beim Grundbuchamt für die Gutgläubigkeit maßgeblich. Dafür müssten jedoch bis auf die Eintragung alle sonstigen Tatbestandsmerkmale für den Erwerb der Hypothek erfüllt sind. Jedoch entsteht die Hypothek erst mit der Auszahlung der Darlehenssumme, denn der Wortlaut des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB sagt, dass erst dann der Rückzahlungsanspruch und damit die Forderung begründet wird. Deshalb kommt es dann oft nicht mehr auf den Zeitpunkt aus § 892 Abs. 2 BGB für die Gutgläubigkeit an, sondern auf den Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens.
8. Kein Widerspruch eingetragen, § 892 Abs. 1 S. 1 BGB
Es darf zum Zeitpunkt des Erwerbs kein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB eingetragen sein.
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Quellen
- Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl.
- Vieweg/Werner, Sachenrecht, 6. Aufl.