1. Definition
Der nicht rechtsfähige Verein ist in § 54 BGB geregelt und teilt sich viele Merkmale mit dem rechtsfähigen Verein. So handelt es sich auch beim nicht rechtsfähigen Verein um eine auf Dauer angelegte Verbindung einer größeren Zahl von Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks. Er ist laut Satzung körperschaftlich zu organisieren, führt einen Gesamtnamen und ist auf einen wechselnden Mitgliederbestand ausgerichtet.
Gem. § 54 BGB finden auf den nicht rechtsfähigen Verein die Vorschriften über die Gesellschaft Anwendung, auch wenn diese keine körperschaftlichen Strukturen aufweist und nicht auf einen wechselnden Mitgliederbestand ausgerichtet ist.
Praktisch sind die nicht rechtsfähigen Vereine nahezu bedeutungslos geworden. Anzutreffen sind sie noch in Form von Gewerkschaften, Studentenverbindungen, Kegelclubs und ähnliche.
2. Haftung und Rechtsfähigkeit
Dass der nicht rechtsfähige Verein keine große Bedeutung hat, liegt auch an seiner Gefährlichkeit für seine Organe, Mitglieder und ihn selbst. Diese Gefährlichkeit ergibt sich aus § 54 S. 2 BGB. Dort heißt es:
Aus einem Rechtsgeschäft, das im Namen eines solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet der Handelnde persönlich; handeln mehrere, so haften sie als Gesamtschuldner.
Der Handelnde haftet so mit seinem ganzen Vermögen persönlich und die Mitglieder gem. §§ 54, 714, 427 BGB ebenfalls mit ihrem gesamten Vermögen persönlich als Gesamtschuldner.
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Da § 54 BGB auf die Regeln der Gesellschaft verweist, ist eine Gesamtgeschäftsführung gem. § 709 BGB anzunehmen. Dies gilt ebenso für die Gesamtvertretung gem. §§ 709, 714 BGB.
Der nicht rechtsfähige Verein ist personenbezogen. Daher führt gem. §§ 723, 727 BGB das Ausscheiden eines Mitglieds wegen Todes oder durch Kündigung zur Auflösung des gesamten Vereins.
Dadurch, dass der Verein nicht rechtsfähig ist, kann er auch kein Vermögen bilden. Alle Mitglieder sind also Gesamthänder.
Diese Gefahren sind jedoch mittlerweile aufgrund von Spezialgesetzen und Rechtsfortbildung stark entschärft worden.
Auch wenn die Regeln der Gesellschaft für den nicht rechtsfähigen Verein gelten sollen, gelten an Stelle der §§ 705 ff. BGB die §§ 21 ff. BGB (also die üblichen Normen über den Verein). Die Normen, die Rechtsfähigkeit voraussetzen, sind nicht anwendbar, da es sich um einen nicht rechtsfähigen Verein handelt.
Aus § 50 Abs. 2 ZPO ergibt sich, dass der nicht rechtsfähige Verein klagen und verklagt werden kann und im Rechtsstreit die Stellung eines rechtsfähigen Vereins innehat. Aufgrund dessen wird der nicht rechtsfähige Verein nunmehr als zumindest teilrechtsfähig angesehen.
Daher stellt sich die Frage, ob der nicht rechtsfähige Verein evtl. doch Vermögen bilden kann. Die nunmehr veraltete Ausweichlösung verneinte dies. Es sei nur eine Vermögensbildung über Treuhänder in Form von natürlichen Personen oder einer eigens dafür geschaffenen GmbH oder AG möglich. Aktuell wird allerdings vorgeschlagen, den nicht rechtsfähigen Verein als teilrechtsfähig anzusehen (Folge aus § 50 Abs. 2 ZPO) und ihn deshalb ähnlich einer GbR zu behandeln.
Fraglich ist auch, ob der nicht rechtsfähige Verein grundbuchfähig ist. Auch hier wurde lange Zeit vertreten, dass dies nur treuhänderisch möglich sei. Nunmehr soll jedoch die Regel des § 47 Abs. 2 GBO, welche für die GbR gilt, auch auf den nicht rechtsfähigen Verein anzuwenden sein. Danach sollen nach Eintragung des Rechts für den Verein, auch die Vereinsmitglieder einzutragen sein.
Der nicht rechtsfähige Verein kann erben und kann Mitglied anderer Körperschaften oder Gesellschaften sein.
Er kann Schuldner sein und kann analog § 26 BGB vertragliche Verpflichtungen eingehen. Deliktisch kann eine Haftung nach §§ 823 ff., 31 bzw. 831 BGB gegeben sein.
Bei vertraglichen Verpflichtungen haftet der nicht rechtsfähige Verein mit dem Vereinsvermögen. Eine akzessorische Haftung der Vereinsmitglieder besteht nicht. Diese Haftungsbeschränkung kann auch gegenüber Dritten in der Satzung beschränkt werden.
Die persönliche Haftung des Handelnden gem. § 54 S. 2 BGB lässt sich jedoch nicht umgehen. Darunter fallen auch Sekundäransprüche. Handelt er jedoch aufgrund einer Geschäftsführungsbefugnis, kann er Aufwendungsersatz gegen den Verein gem. § 670 BGB geltend machen. § 31 a BGB gilt auch für den nicht rechtsfähigen Verein.
Quellen
- Barbara Grunewald: Gesellschaftsrecht, S. 231-236, 8. Auflage 2011
- Ulrich Eisenhardt: Gesellschaftsrecht, § 14, 14. Auflage 2009