I. Allgemeines zum Rücktritt
Zentrale Norm des Rücktritts ist § 24 StGB. Nach h. M. ist der Rücktritt ein persönlicher Strafaufhebungsgrund, sodass dieser Prüfungspunkt aufbaumäßig nach der Schuld einzuordnen ist, also zum Schluss der Prüfung. Immer wenn ein Versuch geprüft wird, muss automatisch an den Rücktritt gedacht werden!
Gründe warum der zurücktretende Täter nicht bestraft wird sind folgende:
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II. Rücktritt des Einzeltäters, § 24 I StGB
Absatz 1 des § 24 StGB lautet:
Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.
Aus dem Gesetzestext lassen sich somit folgende Alternativen des Rücktritts eines Einzeltäters ableiten:
Generell wird der Rücktritt gem. § 24 StGB in einem Dreischritt geprüft. Es kann sich daher an folgendem Prüfungsschema für den Rücktritt i.S.d. § 24 I StGB orientiert werden:
- I. Rücktrittslage
- 1. Nichtvollendung der Tat
- 2. Kein Fehlgeschlagener Versuch
- II. Rücktrittshandlung
- 1. Unbeendeter Versuch: Aufgeben der weiteren Tatausführung, § 24 I S. 1 Var. 1 StGB
- 2. Beendeter Versuch: Verhinderung der Tatvollendung, § 24 I S. 1 Var. 2 StGB
- 3. Beendeter Versuch, aber fehlende Verhinderungskausalität: Ernsthaftes Bemühen um Vollendungsverhinderung, § 24 I S. 2 StGB
- III. Freiwilligkeit
1. Rücktrittslage: Nichtvollendung der Tat und kein fehlgeschlagener Versuch
Zunächst muss festgestellt werden, dass die Tat nicht vollendet wurde. Hierin liegt gewöhnlich kein Problem, da dies bereits im vorgelagerten Prüfungspunkt innerhalb der Versuchsstrafbarkeit (§§ 22, 23 StGB) geprüft wird.
Entsprechend der Ansicht von Rechtsprechung und h.M. schließt weiter ein fehlgeschlagener Versuch einen Rücktritt aus.
Definition: Ein Versuch ist fehlgeschlagen, wenn der Täter nach seiner subjektiven Vorstellung die Tat mit den bereits eingesetzten oder zur Hand liegenden Mitteln nicht mehr ohne zeitliche Zäsur vollenden kann.
Beispiel:
Der Täter geht davon aus, dass die Waffe defekt ist, obwohl sie objektiv gesehen intakt und scharf ist. Der Täter unterlässt aufgrund der Überzeugung die Waffe sei defekt die weitere Ausführung des Tötungsversuchs. In diesem Falle liegt ein fehlgeschlagener Versuch vor.
Im Gegensatz dazu ist ein fehlgeschlagener Versuch zu verneinen, wenn die Schusswaffe objektiv defekt oder ungeladen ist, aber der Täter denkt, die Waffe sei intakt. Es kommt allein auf die subjektive Vorstellung des Täters an.
2. Rücktrittshandlung: unbeendete oder beendeter Versuch
Für die Rücktrittshandlung des Alleintäters ist relevant, ob ein…
- …unbeendeter Versuch vorliegt.
- …beendeter Versucht vorliegt.
Diese Abgrenzung ist für die weitere Prüfung von erheblicher Wichtigkeit, weil sich die jeweiligen Voraussetzungen stark unterscheiden. Abgrenzungsmerkmal ist die die subjektive Vorstellung des Täters.
Für die Feststellung, ob ein beendeter oder unbeendeter Versuch vorliegt, kommt es auf die Tatvorstellung nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (sog. Rücktrittshorizont in Verbindung mit der Gesamtbetrachtungslehre).
Dabei sollte auch erwähnt werden, dass sich der Rücktrittshorizont auch danach noch verschieben kann! Der Täter kann auch zunächst davon ausgehen, alles Erforderliche getan zu haben und sodann bemerken, dass dies doch nicht der Fall ist ! (Verschiebung des Rücktrittshorizontes)
a) Unbeendeter Versuch, § 24 I S. 1 Alt. 1 StGB
Definition: Glaubt der Täter noch nicht alles Erforderliche getan zu haben, um den tatbestandlichen Erfolg herbeizuführen und die Vollendung aus seiner Sicht noch möglich erscheint, liegt ein unbeendeter Versuch vor.
Straffreiheit erlangt der Täter gem. § 24 I S. 1 Alt 1 StGB für die schlichte freiwillige Aufgabe der weiteren Tatausführung.
b) Beendeter Versuch, § 24 I S. 1 Alt. 2 StGB: Verhinderung der Vollendung
Definition: Beendet ist ein Versuch, wenn der Täter entsprechend seiner subjektiven Vorstellung alles Erforderliche für die Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolges getan hat und den Erfolgseintritt für möglich hält.
Gem. § 24 I S. 1 Alt. 2 StGB muss der Täter aktiv Gegenmaßnahmen ergreifen und dafür Sorge tragen, dass er selbst freiwillig die Vollendung verhindert.
Ferner ist ein beendeter Versuch auch dann anzunehmen, wenn sich der Täter bei Tatausführungsaufgabe keine Vorstellungen über die Konsequenzen seines Tuns gemacht hat. Typischerweise rechnet ein gleichgültiger Täter sowohl mit dem Ausbleiben als auch dem Eintritt des Erfolgs.
c) Beendeter Versuch, § 24 I S. 2 StGB: Ernsthaftes Sichbemühen
Fälle des § 24 I S. 2 StGB sind solche des beendeten Versuchs, bei welchen die Vollendung ausbleibt.
Definition: Sich bemühen heißt, dass sich der rücktrittswillige Täter bemühen muss die Vollendung zu verhindern.
Der Täter muss daher bewusst und gewollt derart tätig werden, dass diese gemäß seiner Vorstellung geeignet ist, den seinerseits in Gang gesetzten Kausalverlauf zu unterbrechen und eine Vollendung zu abzuwenden.
3. Freiwilligkeit
Definition: Freiwilligkeit liegt vor, wenn der Täter aufgrund einer freien Willensbildung zurücktritt.
Zu unterscheiden ist zwischen autonomen und heteronomen Motiven. Bestehen die äußeren Umstände in einem zwingenden Hindernis, so handelt er unfreiwillig. Ist der Täter allerdings Herr seiner Entscheidungen, so ist Freiwilligkeit gegeben.
Wenn ein Täter beispielsweise die Tat aufgibt, da er die drohende Strafverfolgung fürchtet (Polizei trifft alsbald ein) ist eine Freiwilligkeit ebenfalls nicht zu bejahen.
III. Rücktritt der Beteiligten gem. § 24 II StGB
Beteiligen sich an einer Tat mehrere, greift die Rücktrittsregel des § 24 II StGB. Beteiligte im Sinne von § 24 II StGB sind Mittäter, Anstifter und Gehilfen. § 24 II StGB erfasst jedoch nur diejenigen Fälle, in denen sich ein Mittäter, ein Anstifter oder ein Gehilfe an einer Tat beteiligt, die versucht wird.
Absatz 2 des § 24 StGB lautet:
Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.
Aus dem Gesetzestext lassen sich somit folgende Alternativen des Rücktritts mehrerer Beteiligter ableiten:
Es kann sich daher an folgendem Prüfungsschema für den Rücktritt iSd. § 24 II StGB orientiert werden:
- I. Rücktrittslage
- 1. Nichtvollendung der Tat
- 2. Kein Fehlgeschlagener Versuch
- II. Rücktrittshandlung
- 1. Verhinderung der Vollendung, § 24 II S. 1 StGB
- 2. Ernsthaftes Bemühen, die Vollendung zu verhindern, § 24 II S. 2 Var. 1 StGB
- 3. Ernsthaftes Bemühen, die Vollendung zu verhindern, § 24 II S. 2 Var. 2 StGB
- III. Freiwilligkeit
Ein Rücktritt scheidet auch bei § 24 II StGB im Falle des fehlgeschlagenen Versuchs aus. § 24 II StGB unterscheidet aber nicht zwischen beendeten und unbeendeten Versuch. Daher ist es wichtig, vorab feinsäuberlich herauszuarbeiten, um welche Beteiligungsform es sich handelt.
Nach § 24 II S. 1 StGB tritt der Beteiligte straffrei zurück, wenn er freiwillig de Vollendung verhindert.
§ 24 II S. 2 StGB enthält zwei Varianten. Variante 1 – ernsthaftes Bemühen – Der Beteiligte erlangt Straflosigkeit, wenn die Tat ohne sein Zutun nicht vollendet wird und er sich freiwillig und ernsthaft bemüht die Vollendung zu verhindern.
Variante 2 normiert Straflosigkeit für den Fall, dass der Tatbeitrag des Beteiligten mit Vollendungsvorsatz nur im Versuch des Delikts niederschlag findet und die Tat ohne sein zutun nicht vollendet wird. Wird die Tat unabhängig vom früheren Tatbeitrag begangen, bleibt der Beteiligte ebenfalls straflos.
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