I. Notwendigkeit und Konsequenzen der Abgrenzung
Die Abgrenzung zwischen einem Dienst- und einem Werkvertrag ist schon aufgrund der Tatsache notwendig, dass das Werkvertragsrecht eigene Gewährleistungsrechte beinhaltet, während bei einem Dienstvertrag nur auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht zurückgegriffen werden kann.
Die Notwendigkeit der Abgrenzung zwischen einem freien Dienst- und einem Arbeitsvertrag ergibt sich außerdem daraus, dass viele Vorschriften innerhalb des Dienstvertragsrechts auf Arbeitnehmer zugeschnitten sind und nicht ohne Weiteres auf freie Dienstverträge angewandt werden können. Ein Beispiel hierfür ist etwa § 622 BGB.
Hinzukommend ist das Arbeitsrecht aus dem Dienstvertragsrecht erwachsen. Mittlerweile hat es sich aufgrund seiner umfangreichen Regelungen jedoch als eigenes Rechtsgebiet etabliert. Die Anwendung der hier enthaltenen Vorschriften ist für den Beschäftigten dabei von herausragender wirtschaftlicher Bedeutung.
II. Der (freie) Dienstvertrag, § 611 BGB
Der Dienstvertrag ist in § 611 BGB geregelt. Gemäß § 611 Abs. 1 BGB wird derjenige, der Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste verpflichtet (Dienstverpflichteter). Der Vertragspartner muss demgegenüber die vereinbarte Vergütung zahlen (Dienstberechtigter). Nach § 611 Abs. 2 BGB können Dienste jeglicher Art Vertragsgegenstand sein.
III. Der Arbeitsvertrag, § 611a BGB
Auch bei einem Arbeitsvertrag, § 611a BGB, handelt es sich um eine Art Dienstvertrag. Er ist jedoch insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer eine unselbständige sowie fremdbestimmte und sozial abhängige Tätigkeit ausübt.
Da zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber ein kräftemäßiges Ungleichgewicht besteht, wurde die Vertragsfreiheit zugunsten des Arbeitnehmers durch zahlreiche arbeitsrechtliche Vorschriften eingeschränkt. Kennzeichnend hierfür ist unter anderem die Einordnung des Arbeitsvertrags als Verbrauchervertrag sowie die Geltung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes bei seiner Begründung und Durchführung.
VI. Der Werkvertrag, § 631 BGB
Die vertragstypischen Pflichten im Rahmen eines Werkvertrags sind in § 631 BGB normiert. Nach § 631 Abs. 1 BGB wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werks und der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
Entscheidende Bedeutung hat § 631 Abs. 2 BGB. Hiernach kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg Gegenstand des Werkvertrags sein.
V. Die Abgrenzung zwischen Dienstvertrag und Werkvertrag
Bei der Abgrenzung zwischen einem Dienst- und einem Werkvertrag können die folgenden Kriterien behilflich sein:
- Der Umstand, dass bei einem Werkvertrag ein Erfolg geschuldet wird, bildet eins der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale zum Dienstvertrag: Im Rahmen eines Dienstvertrags muss der Dienstverpflichtete lediglich eine Tätigkeit erbringen, ohne dass es in besonderem Maße auf einen bestimmten Erfolg ankommt
- Für das Vorliegen eines Werkvertrags spricht außerdem die Tatsache, dass eine Bezahlung des Schuldners nur vorgesehen ist, wenn er einen bestimmten Erfolg erzielt. Ist die Vergütung unabhängig davon, ist eher von einem Dienstvertrag auszugehen. Bei einem Werkvertrag trägt der Verpflichtete mithin das Unternehmerrisiko.
- Hingegen spricht es für einen Dienstvertrag, wenn das Eintreten des Erfolgs sich dem Einfluss des Schuldners entzieht. Dies ist beispielsweise bei einer ärztlichen Heilbehandlung der Fall.
- Sofern die geschuldete Tätigkeit unter der fachlichen Anleitung und Mitverantwortung des Berechtigten ausgeübt wird, spricht dies gegen das Vorliegen eines Werkvertrags. In dieser Situation wird der Verpflichtete kaum bereit sein, das Unternehmerrisiko zu tragen.
VI. Die Abgrenzung zwischen Dienstvertrag und Arbeitsvertrag
Bei der Abgrenzung zwischen einem freien Dienst- und einem Arbeitsvertrag geht es letztlich um die Unterscheidung zwischen einer selbständigen (freier Dienstvertrag) und einer unselbständigen (Arbeitsvertrag) Tätigkeit.
- Als maßgebliches Abgrenzungskriterium gelten nach herrschender Meinung die Weisungsgebundenheit und die persönliche Abhängigkeit durch die sich die Arbeitnehmereigenschaft auszeichnet.
- Das Bundesarbeitsgericht bezieht sich dabei auf § 84 Abs. 1, S. 2 HGB. Hiernach ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Das Gericht unterteilt die persönliche Abhängigkeit noch einmal in die Kategorien zeitliche, örtliche und sachlich-organisatorische Abhängigkeit. Diese Kriterien müssen nicht alle gemeinsam erfüllt sein. Vielmehr muss eine wertende Gesamtbetrachtung vorgenommen werden. Für die persönliche Abhängigkeit spricht dabei insbesondere die Integration in die Arbeitsorganisation des Dienstberechtigten. In diesem Zusammenhang muss jedoch beachtet werden, dass gerade bei Tele-Arbeit oftmals nicht sofort zwischen einem Arbeitsvertrag und einer freien Tätigkeit unterschieden werden kann.
Fazit
Eine saubere Abgrenzung zwischen den verschiedenen Vertragsarten ist in der Klausur mitunter ganz entscheidend. Die genannten Kriterien können dabei behilflich sein. Es ist aber unbedingt zu beachten, dass eine umfassende Abwägung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls erforderlich ist, um tatsächlich zu einem sachgerechten Ergebnis zu gelangen.
Weiterführende Literatur
- Brox, Hans/Walker, Wolf-Dietrich: Besonderes Schuldrecht, 38. Aufl., München 2014
- Krause, Rüdiger: Arbeitsrecht, 3. Aufl., Baden-Baden 2015
- Kropholler, Jan/Jacoby, Florian/von Hinden, Michael: Studienkommentar BGB, 13. Aufl., München 2011
- Looschelders, Dirk: Schuldrecht Besonderer Teil, 10. Aufl., München 2015
- Reichold, Hermann: Arbeitsrecht, 4. Aufl., München 2012
- Kropholler, Studienkommentar BGB, Vor § 611, Rn. 2
- Brox/Walker, SchuldR BT, § 19 Rn. 5
- Looschelders, SchuldR BT, Rn. 541
- Reichold, ArbeitsR, § 2 Rn. 15
- vgl. Krause, ArbeitsR, § 2 Rn. 5