I. Anstiftung, § 26 StGB
§ 26 StGB:
Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.
Für jede Anstiftung ist somit stets das Vorliegen einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB) Voraussetzung. Nicht jedoch einer schuldhaften! Aus dieser Haupttat wird der grundsätzliche Unwertgehalt des Anstifters abgeleitet (Grundsatz der limitierten Akzessorietät).
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Die Haupttat kann dabei als vollendetes Delikt oder auch als strafbarer Versuch vorliegen. Außerdem ist die Vorschrift des § 28 StGB zu beachten, die nur bei täterbezogenen persönlichen Merkmalen eingreift.
Eine Anstiftung ist auch dann möglich, wenn der Haupttäter schuldlos handelt. Dies ist wichtig bei Sonderdelikten und eigenhändigen Delikten, da hier eine mittelbare Täterschaft an der Täterqualität scheitern würde.
1. Schema: Anstiftung, § 26 StGB
Prüfungsschema der Anstiftung (§ 26 StGB):
- A. PRÜFUNG DES HAUPTTÄTERS
Prüfung wie Alleintäter (immer vor der Anstiftung, um Inzidenzprüfungen zu vermeiden) - B. PRÜFUNG DES ANSTIFTERS
- I. Tatbestand
- 1. Vorliegen einer vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat
- 2. Teilnahmehandlung: Bestimmen zur Haupttat
- 3. Doppelter Anstiftervorsatz
- a) Vosatz hinsichtlich der Haupttat
- b) Vosatz hinsichtlich des Bestimmens der Haupttat
- II. Rechtswidrigkeit
- III. Schuld
2. Bestimmen
Für eine Anstiftung (§ 26 StGB) muss der Anstifter den Haupttäter zu dessen vorsätzlicher, rechtswidriger Tat bestimmen.
Definition: Der Anstifter bestimmt den Haupttäter zur Tat, d.h. er ruft bei diesem (zumindest mitursächlich) den Tatentschluss hervor.
Mittel der Anstiftung können alle Willensbeeinflussungen sein:
Nicht ausreichend für eine Anstiftung ist die Schaffung einer nur tatanreizenden Situation, hier fehlt es an dem erforderlichen geistigen Kontakt.
Es ist stets ein kommunikativer Kontakt zwischen Anstifter und Haupttäter erforderlich. Fehlt es hieran, kommt jedoch eine Beihilfe in Betracht.
Zur Tat bereits fest entschlossene Täter (sog. ominimodo facturus) können nicht mehr angestiftet werden, weil der Tatentschluss bereits feststeht und insoweit vom Anstifter nicht mehr hervorgerufen werden kann. In Betracht kommt aber ggf. versuchte Anstiftung bzw. Beihilfe durch Verstärken oder Aufrechterhalten des bestehenden Tatentschlusses. Dies wird häufig übersehen, sollte aber stets geprüft werden.
3. Doppelter Anstiftervorsatz
Für die Anstiftung (§ 26 StGB) benötigt es einem doppelten Anstiftervorsatz.
Der Vorsatz des Anstifters muss sich zum einen auf das Hervorrufen des Tatentschlusses und zum anderen auch auf die Vollendung der Haupttat beziehen.
Bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt, d.h. der Anstifter muss wissen, dass und wozu er den Haupttäter bestimmt.
Der Anstifter muss zu einer bestimmten Haupttat anstiften. Es genügt daher für die Annahme eines Anstiftervorsatzes nicht, wenn lediglich zu irgendwelchen Taten angestiftet wird. Er muss ein in Grundzügen konkretes Gesamtbild der Haupttat vor Augen haben.
II. Sonderfälle der Anstiftung
In den Sonderkonstellationen der Anstiftung, der Auf-, Um- und Abstiftung geht es immer darum, dass ein bereits zur Tat entschlossener Täter, also ein omnimodo facturus, vorhanden ist.
Ein Hervorrufen des Tatentschlusses im Sinne des § 26 StGB in ihm ist nicht mehr möglich, denn der Entschluss wurde längst gefasst. Daher scheidet die Anstiftung in solchen Fällen aus.
Übt ein anderer dennoch Einfluss auf den zur Tat Entschlossenen aus, so ist der rechtliche Umgang mit dieser Art von Einflussnahme umstritten.
1. Aufstiftung
Unter dem Begriff Aufstiftung versteht man die Anstiftung zur Qualifikation. Ein bereits zur Begehung eines Grunddelikts entschlossener Täter wird vom Anstifter zur Begehung der Qualifikation bestimmt.
Beispiel: T beschließt O heftig zu verprügeln. A überzeugt ihn jedoch davon, dass es einfacher sei ihn mit einem Messer zu verletzen.
Vorliegend wurde T also zur Begehung einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, statt einer einfachen gemäß § 223 StGB aufgestiftet. Der rechtliche Umgang mit der Aufstiftungsproblematik ist umstritten.
Folgende sind die wesentlichen vertretenen Ansichten:
- Gemäß der Qualifikationstheorie ist ein Aufstifter stets wegen Anstiftung zur ganzen Tat zu bestrafen. Denn das neu geschaffene Mehr an Unrecht ist nicht isoliert zu betrachten, sondern als Unrechtseinheit mit dem Grunddelikt. Wollte der Gesetzgeber eine andere Betrachtungsweise bezwecken, so hätte er separate Tatbestände und keine Qualifikationen geschaffen, so die Vertreter dieser Theorie.
- Laut der Unwertsteigerungstheorie wird als Anstifter zur gesamten Tat nur bestraft, wer den Unwert der Tat konkret gesteigert hat.
- Anstifter ist nach der Wesentlichkeitstheorie nur derjenige, der durch seinen Einfluss eine wesentliche Steigerung des Unrechtsgehalts herbeigeführt hat. Fand lediglich eine unwesentliche Modifizierung statt, so kommt nur Strafbarkeit wegen psychischer Beihilfe in Betracht.
Kernpunkt dieser Theorien lässt sich so zusammenfassen: Der Hintermann veranlasst die Verbindung der ursprünglichen und neuen Teile des Delikts und erschafft dadurch ein völlig neues Unrecht, für das er, zumindest in der konkreten Ausprägung als hervorrufender Anstifter fungiert.
Das Hauptproblem der genannten Theorien besteht in darin, dass dem Aufstifter auch das Hervorrufen des Grunddelikts beim Haupttäter angelastet wird. Dies ist bei einem omnimodo facturus jedoch nicht möglich. Eine solche Unterstellung ist, vor allem in Anbetracht der hohen Strafdrohung für Anstifter (gleich dem Täter, § 26 StGB), unverhältnismäßig. Zudem schaffen Begriffe wie „wesentlich“ oder „konkret“ keine geeigneten Kriterien zur Bewertung, sondern führen nur zur Betrachtung des Einzelfalls. Eine weitere Ansicht differenziert daher:
- In einer bloßen Aufstiftung liegt kein Hervorrufen des Tatentschlusses, so die aluid-Theorie. Eine Anstiftung zu einem „Mehr“ an Unrecht ist nur dann möglich, wenn dieser Teil auch eigenständig strafbar ist. Wird die Tat also qualitativ verändert, liegt Anstiftung vor. In sonstigen Fällen kommt nur psychische Beihilfe in Betracht.
Unstrittig verneint man die Anstifterstrafbarkeit bei einer lediglich quantitativen Steigerung des Unrechts. Überredet A den, zu ein paar Schlägen ins Gesicht entschlossenen, T das Opfer heftig zu verprügeln, ist A nicht Anstifter.
2. Umstiftung
Von einer Umstiftung spricht man, wenn ein zur Tat entschlossener Haupttäter zur Begehung einer anderen Tat angestiftet wird. Eine andere Tat liegt dann vor, wenn ein anderes Rechtsgut oder eine andere Person zum Tatobjekt werden.
Beispiel: T will sich an O rächen und ist entschlossen ihn zu verprügeln. A überzeugt T jedoch davon, dass es viel effektiver sei O’s Hund zu töten.
Darin kann eine Anstiftung zu sehen sein. Nimmt der Umstifter jedoch nur Einfluss auf unwesentliche Modalitäten wie Zeit oder Ort der Tat, so erfolgt keine Strafbarkeit als Anstifter.
3. Abstiftung
Abstifter ist derjenige, der einen entschlossenen Täter dazu veranlasst, statt der Qualifikation nur das Grunddelikt, zu begehen.
In solchen Fällen verneint man die Strafbarkeit wegen Anstiftung aus zwei Gründen:
- Im Vorsatz zur Begehung der Qualifikation ist der Vorsatz zur Begehung des Grunddelikts enthalten, daher ist der Täter im Hinblick auf das Grunddelikt ein omnimodo facturus, dessen Anstiftung nicht mehr möglich ist.
- Der Abstifter handelt jedoch im Sinne der Risikoverringerung. Er darf daher nicht schlechter gestellt werden, als ein Untätiger.
III. Fazit
Die Schwierigkeit der Sonderfälle der Anstiftung besteht vor allem darin überhaupt zu erkennen, dass ein Sonderfall der Anstiftung vorliegt. Deshalb ist in Sachverhalten, in denen ein bereits entschlossener Täter unter Einfluss eines Dritten steht, immer die Frage zu stellen, ob dieser tatsächlich Anstifter ist.
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