I. Die Schenkung im Allgemeinen
Absatz 1 des § 516 BGB:
Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.
Anders als oft angenommen handelt es sich bei der Schenkung nicht um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, sondern um einen lediglich einseitig verpflichtenden Vertrag.
Schließlich darf nach dem Grundsatz der Privatautonomie niemand „zu seinem Glück gezwungen werden“, auch wenn das Gesetz eine in der Unentgeltlichkeit begründete geringe Schutzwürdigkeit des Beschenkten durchaus vorsieht (vgl. § 516 Abs. 2 S. 2 BGB).
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1. Abgrenzung Schenkung zu anderen unentgeltlichen Verträgen
Die Schenkung ist von anderen unentgeltlichen Verträgen abzugrenzen:
2. Schema: Wirksamer Schenkungsvertrag
Prüfungsschema eines wirksamen Schenkungsvertrages (§ 516 BGB):
- I. Zustandekommen
Einigung mit dem Inhalt gem. § 516 Abs. 1 BGB - 1. Zuwendung
- 2. Unentgeltlichkeit der Zuwendung
- II. Wirksamkeit
- 1. Insbesondere Form gem. § 518 Abs. 1 BGB
- 2. Notarielle Beurkundung
- 3. Ausnahme: Handschenkung, § 516 Abs. 1 BGB
II. Die Handschenkung, § 516 Abs. 1 BGB
Das Formbedürfnis der Schenkung in Form einer notariellen Beurkundung gem. § 518 Abs. 1 S. 1 BGB muss nicht eingehalten werden bei der in Praxis sehr häufigen „Handschenkung“ gem. § 516 Abs. 1 BGB.
Beispiel: A übergibt dem B zu dessen Geburtstag ein Geschenk und sagt: “ Hier das ist für Dich! Ich hoffe, es gefällt dir!“ B erwidert: „Vielen Dank!“
Hierbei kommen zeitgleich zwei Rechtsgeschäfte zustande: die dingliche Zuwendung in Form der Übereignung des Buches nach § 929 S. 1 BGB und die schuldrechtliche Einigung über die Unentgeltlichkeit dieser Zuwendung gem. § 516 Abs. 1 iVm. §§ 133, 157 BGB, die sog. Handschenkung.
Die Handschenkung zeichnet sich also dadurch aus, dass sich beide Parteien nicht vor der Zuwendung, sondern frühestens bei Vollzug der Zuwendung, also bei Vornahme des Verfügungsgeschäfts, auf die Schenkung einigen.
Die h.M. geht davon aus, dass bei der Handschenkung zumindest für eine „juristische Sekunde“ eine Leistungspflicht begründet werde, die allerdings durch die – zeitgleich oder vorher – vollzogene Übereignung durch Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB erlischt.
Vergleichbar ist dies mit einem Barkauf des täglichen Lebens – auch hier wird nicht angenommen, es handele sich dabei um einen „Handkauf“ als Vertrag ohne Primärleistungspflicht.
III. Das Schuldversprechen, § 518 BGB
Handelt es sich um ein formbedürftiges Schenkungsversprechen gem. § 518 BGB, bei welchem die Einigung über die Unentgeltlichkeit vor der Zuwendung zustande kommt, muss dies notariell beurkundet werden. Dies dient der Interessenwahrung des Schenkers.
Ein Formfehler kann gem. § 518 Abs. 2 BGB durch Bewirkung (Verfügung: Übereignung, Abtretung, Übertragung eines Anwartschaftsrechts) der versprochenen Leistung geheilt werden.
Nur beim Schenkungsversprechen ist ein Primäranspruch des Beschenkten auf die unentgeltliche, erst noch zu vollziehende Zuwendung des Versprochenen zu prüfen, da er bei der bei der Handschenkung sofort wieder erlischt, gem. § 362 Abs. 1 BGB!
IV. Gewährleistungsansprüche
Dem Beschenkten stehen die Gewährleistungsrechte der Nachlieferung und des Schadensersatzes gem. den §§ 523, 524 BGB zu. Hierbei ist auf den kaufrechtlichen Mangelbegriff zurückzugreifen.
Die Normen stellen bei Vorliegen einer Schlechtleistung eine abschließende, das allgemeine Haftungssystem nach §§ 280 ff. BGB ausschließende Sonderregelung dar.
V. Privilegierung des Schenkers
Da der Schenker im Normalfall sehr altruistisch handelt, wird er in Haftungsfragen privilegiert gem. §§ 521, 522 BGB – allerdings nur sofern keine Schlechtleistung gegeben ist. Zusätzlich stehen ihm die besondere Einrede des Notbedarfs gem. § 519 BGB sowie ein Anspruch auf Rückforderung wegen Verarmung gem. § 528 BGB zu.
VI. Widerruf der Schenkung
Zwar ist die Schenkung grundsätzlich bindend und unwiderruflich. Allerdings kann der Schenker erwarten, dass sich der Beschenkte im Nachhinein als würdig erweist und sich zu einer „von Dankbarkeit geprägten Rücksichtnahme auf die Belange des Schenkers“ verpflichtet fühlt.
Schema: Widerruf der Schenkung
- I. Widerrufsrecht
- II. Widerrufserklärung
- III. Widerrufsfrist
- IV. Kein Ausschluss des Widerrufs
1. Widerrufsrecht
Gem. § 530 Abs. 1 BGB steht dem Schenker ein Widerrufsrecht zu, wenn sich der Beschenkte gegenüber dem Schenker oder einem nahen Angehörigen des Schenkers durch eine schwere Verfehlung groben Undanks schuldig gemacht hat.
a) Schwere Verfehlung
Objektiv ist erforderlich, dass eine schwere Verfehlung des Beschenkten vorliegt.
Beispiele: eine schwere Körperverletzung, schwere Beleidigung, Bedrohung des Lebens, bewusst grundlose Strafanzeige, belastende Zeugenaussage trotz Zeugnisverweigerungsrecht, Ehebruch oder ein grundloser Antrag auf Betreuerbestellung.
b) Grober Undank
Subjektiv ist erforderlich, dass anhand der Verfehlung ein grober Undank des Beschenkten erkennbar ist, d.h. die Verfehlung „Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten ist, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Beschenkte erwarten kann“ (BGH NJW 1992, 183).
Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Anhaltspunkte dafür, was der Schenker an Dankbarkeit erwarten kann, sind dabei neben dem Gegenstand und der Bedeutung der Schenkung auch die näheren Umstände, die zu der Schenkung geführt haben.
c) Widerrufsrecht des Erben
Ist der Schenker verstorben, steht seinem Erben gem. § 530 Abs. 2 BGB ein Widerrufsrecht zu, wenn der Beschenkte vorsätzlich oder widerrechtlich den Schenker getötet oder am Widerruf gehindert hat.
2. Widerrufserklärung
Wie bei jedem Gestaltungsrecht muss der Schenker gem. § 531 Abs. 1 BGB gegenüber dem Beschenkten eine Widerrufserklärung abgeben.
3. Widerrufsfrist
Gem. § 532 S. 1 BGB beträgt die Widerrufsfrist ein Jahr ab Kenntnis des Schenkers von dem Eintritt der Voraussetzung seines Widerrufsrechts.
4. Kein Ausschluss des Widerrfusrechts
5. Rechtsfolgen eines Widerrufs
Gem. § 531 Abs. 2 BGB kann der Schenker die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gem. § 812 Abs. 1 S. 2, 818 BGB verlangen.
VII. Sonderfälle der Schenkung
Es existieren mehrere Sonderfälle der Schenkung (§§ 516 ff. BGB):
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