I. Überblick der Unterschlagung, § 246 StGB
Unterschlagung, § 246 Abs. 1 StGB:
Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird […] bestraft, […].
Die Unterschlagung nach § 246 StGB gehört, neben dem Diebstahl (§ 242 StGB) und Raub (§ 249 StGB), zu den sogenannten Eigentumsdelikten. Ganz grundlegend macht sich einer Unterschlagung (§ 246 StGB) jeder schuldig, der sich fremdes Eigentum rechtswidrig aneignet. Dabei kann es sich sowohl um Gegenstände als auch um Geld handeln.
Allerdings wird für die Erfüllung des Tatbestandes kein Vermögensschaden vorausgesetzt. Das bedeutet, dass man sich auch bei der rechtswidrigen Zueignung komplett wertloser Gegenstände schuldig machen kann.
Bei der Unterschlagung nach § 246 StGB handelt es sich um einen sogenannten „Auffangtatbestand“, da er i.d.R. alle Vergehen gegen das Eigentum mit einschließt, die vom Tatbestand des Diebstahls nicht abgedeckt werden.
II. Schema: Unterschlagung, § 246 StGB
Die h.M. prüft die Unterschlagung (§ 246 StGB) nach folgendem Schema:
- I. Tatbestand
- 1. objektiver Tatbestand
- a) fremde bewegliche Sache
- b) Zueignung: sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignen
- 2. subjektiver Tatbestand: Vorsatz
- II. Rechtswidrigkeit
- III. Schuld
III. Tatbestand der Unterschlagung, § 246 StGB
1. fremde bewegliche Sache
Zunächst ist für die Unterschlagung des § 246 StGB – wie beim Diebstahl (§ 242 StGB) – eine fremde bewegliche Sache erforderlich.
Definition: Bewegliche Sache ist jeder körperliche Gegenstand, unabhängig vom Aggregatzustand oder wirtschaftlichem Wert, der fortgeschafft werden kann.
Definition: Fremd ist die Sache, wenn sie nicht im (Allein-)Eigentum des Täters steht oder herrenlos ist.
Für weitere Ausführung zum Tatobjekt wird auf den Artikel zum Diebstahl, § 242 StGB verwiesen.
2. Zueignung des § 246 StGB
Im Gegensatz zum Tatobjekt der Unterschlagung (§ 246 StGB), kann bei der Zueignung nicht auf die Zueignungsabsicht des Diebstahls (§ 242 StGB) zurückgegriffen werden.
Zueignung bedeutet im Sinne des § 246 StGB, dass der Beschuldigte eine „eigentümerähnliche Herrschaft“ über das Unterschlagungsgut beansprucht; eine solche kann beispielsweise gegeben sein, wenn die entwendeten Habseligkeiten unter Verschleierung der wahren Eigentumsverhältnisse verbraucht oder veräußert werden.
Hier wird auch der Unterschied zum Tatbestand des Diebstahls deutlich: Während der Diebstahl einen Bruch fremden Gewahrsams erfordert, schließt die Unterschlagung (§ 246 StGB) auch Fundsachen ein, die ihrem eigentlichen Besitzer im ersten Moment nicht eindeutig zuzuordnen sind und somit grds. kein fremder Gewahrsam bestand.
Der Zueignungsbegriff der Unterschlagung iSd. § 246 StGB ist jedoch umstritten:
Gefolgt werden sollte hierbei der von der Rechtsprechung und überwiegenden Lehre vertretenen Manifestationstheorie. Hierbei muss sich der Zueignungswille hinreichend manifestierten.
Beispiel: Du findest eine Geldbörse auf der Straße, in der sich Bargeld in Höhe von 200 Euro befindet. Steckst du diese in die Tasche, um sie später im Fundbüro vorbei zu bringen, handelt es sich bei der objektiv zu beobachtenden Tat nicht um eine Unterschlagung (§ 246 StGB) im eigentlichen Sinne.
Der subjektive Vorsatz, die Geldbörse dem rechtmäßigen Besitzer wieder zuzuführen, entlastet den Verdacht. Wenn du allerdings das Geld entwendest und nur die Brieftasche im Fundbüro abgibst, so hast du den Geldbetrag effektiv unterschlagen und dich dadurch schuldig gemacht.
Ein anderes Beispiel: Jemand leiht dir zur Klausurvorbereitung ein Fachbuch, das du anschließend vergisst, zurückzugeben. Nachdem es einige Monate auf deinem Schreibtisch gelegen hat, stellst es in dein eigenes Bücherregal mit der Absicht, es zu behalten. In diesem Moment kannst du ebenfalls wegen Unterschlagung (§ 246 StGB) belangt werden.
Unerlässlich ist in jedem Fall die verlässliche Betätigung des Aneignungswillens nach außen.
Die Manifestationstheorie spaltet sich wiederum in eine enge und weite Manifestationstheorie auf:
- weite Manifestationstheorie: Ausreichend ist, dass das Aneignungselement nach außen tritt und eine Enteignung jedenfalls nicht ausgeschlossen ist
- enge Manifestationstheorie (h.M.): Für einen objektiven Beobachter darf sich kein anderer Schluss ergeben, als dass der Täter sich die Sache oder ihren Sachwert unter Ausschluss des Eigentümers seiner oder Verfügungsmacht eines Dritten einverleiben will
Die Rechtswidrigkeit ist – wie beim Diebstahl (§ 242 StGB) – gekennzeichnet durch den Widerspruch zur Eigentumsordnung, woran es fehlt, wenn dem Täter einen fälliger und einredefreier Anspruch auf Übereignung des Gegenstandes zusteht.
3. Vorsatz
Im Gegensatz zum Diebstahl genügt bei der Unterschlagung (§ 246 StGB) dolus eventualis hinsichtlich der Zueignung, also auch hinsichtlich Aneignung und Enteignung. Auch hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Zueignung muss der Täter Vorsatz besitzen.
IV. Qualifikation der Unterschlagung, § 246 Abs. 2 StGB
In Absatz 2 der Norm der Unterschlagung nach § 246 StGB ist die Qualifikation der Unterschlagung normiert.
(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so […]
Eine sogenannte veruntreuende Unterschlagung (§ 246 StGB) liegt vor, wenn dem Täter eine Sache zuvor bereits anvertraut worden war, jedoch mit der Verpflichtung, sie getrennt aufzubewahren, nur zu einem bestimmten Zweck zu verwenden oder schlicht auch nur zurückzugeben.
Definition: Eine Sache ist anvertraut, wenn der Täter diese vom Eigentümer oder von einem Dritten mit der Verpflichtung erlangt hat, sie zu einem bestimmten Zweck zu verwenden, aufzubewahren oder auch nur zurückzugeben.
Wirst du beispielsweise mit der Überbringung eines Geldbetrages betraut und steckst diesen stattdessen in die eigene Tasche, so wäre dies eine Veruntreuung.
Das Anvertrautsein stellt ein besonders persönliches Merkmal iSd. § 28 Abs. 2 StGB dar. Grund dafür ist die besondere Vertrauensbeziehung.
V. Problem der wiederholten Zueignung bei § 246 StGB
Fraglich ist, ob ein Täter eine (erneute) Unterschlagung (§ 246 StGB) begeht, wenn er sich eine Sache bereits in strafbarer Weise verschafft hat. Dazu existieren zwei Lösungsansätze: Die Tatbestandslösung und die Konkurrenzlösung.
VI. Das Strafmaß der Unterschlagung, § 246 StGB
Das Strafmaß im Falle der Unterschlagung (§ 246 StGB) kann ganz unterschiedlich aussehen. Im Gesetzestext ist eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vorgesehen. Bei veruntreuender Unterschlagung (§ 246 StGB) kann sich das Strafmaß jedoch auf bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug erhöhen.
Allerdings ist die Verurteilung immer vom Einzelfall und den gegebenen Faktoren abhängig. So kann es zum Beispiel eine Rolle spielen, ob der Beschuldigte bereits einschlägig vorbestraft ist. Auch der Wert der jeweiligen Sache wird bei der Urteilsfindung berücksichtigt. Hat der Täter ein Geständnis abgelegt oder die Beute im Rahmen einer Schadenswiedergutmachung an den eigentlichen Eigentümer zurückgegeben, kann dies positive Auswirkungen auf das letztliche Urteil haben.
Mehr zur Unterschlagung (§ 246 StGB)? Dann schau dir hier unser Video zum Thema an!