Die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit, nach § 377 HGB

Die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit, nach § 377 HGB

Im Rahmen des Handelskaufes hat der Käufer eine Untersuchungspflicht bezüglich der Mangelhaftigkeit der Kaufware. Welche Mängel hierbei relevant sind und wie genau diese Untersuchungspflicht auszufallen hat, zeigt dieser Artikel zur Untersuchungs- und Rügeobliegenheit gemäß § 377 HGB.
Untersuchungs- und Rügeobliegenheit
Lecturio Redaktion

·

19.02.2024

·

Inhalt

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I. Allgemeines zu § 377 HGB

§ 377 Abs. 1 HGB

Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.

§ 377 HGB stellt die modifizierende HGB-Norm zu den Regeln der §§ 434 ff. BGB dar. Sie bestimmt eine zusätzliche Anforderung an den Käufer, die Ware zu untersuchen und Mängel zu rügen. Wird die Untersuchungs- und Rügepflicht nicht gewahrt, gilt die Ware als vertragsgemäß – § 377 Abs. 2 BGB:

Unterläßt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, (…)

Dies führt zum Verlust der Gewährleistungsrechte des Käufers.

Die Regelung des § 377 HGB gilt lediglich für zweiseitige Handelsgeschäfte.

Definition: Handelsgeschäfte sind alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören.

Entscheidend ist, dass es sich bei § 377 HGB lediglich um eine Obliegenheit – Pflicht gegen sich selbst – handelt.

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II. Schema, § 377 HGB

Prüfungsschema des § 377 HGB:

  • 1. Kaufvertrag § 433 BGB
  • 2. Beidseitiger Handelskauf, § 343 HGB
  • 3. Lieferung der Ware an den Käufer
  • 4. Mangel der Kaufsache, §§ 434 ff. BGB
  • 5. Unverzügliche Untersuchung
  • 6. Unverzügliche Rüge

III. Untersuchungspflicht

Gemäß § 377 Abs. 1 HGB hat der Käufer die Ware unverzüglich zu untersuchen.

Aus Absatz 1 des § 377 HGB ergibt sich, dass die Untersuchung in dem Zeitraum zu erfolgen hat, der nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich ist. Hierbei zu beachten sind vor allem Handelsbräuche (§ 346 HGB), die besondere kaufmännische Sorgfaltspflicht (§ 347 HGB) und dass dem Käufer keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

Für Massenlieferungen gilt, dass bereits eine Stichprobe den Anforderungen an § 377 HGB genügt. Eine solche ist auch vorzunehmen, wenn die Waren danach nicht mehr verkäuflich sind, wie etwa bei Nahrungsmittel.

In Ausnahmefällen kann auch eine Unzumutbarkeit vorliegen, etwa bei hochwertigen Maschinen, welche danach unverkäuflich wären. Auch eine Probefahrt kann ausnahmsweise nicht erwartet werden. Zudem kann bei bestimmter Markenware eine äußere Prüfung genügen.

Zu beachten ist aber, dass bei vorherigen Mangellieferungen durch denselben Verkäufer eine genauere Untersuchungspflicht angebracht ist. Fehlt dem Käufer zudem die Sachkunde, hat er ggf. einen Sachverständigen einzuschalten.

IV. Rügeobliegenheit

Die Rüge muss unverzüglich – ohne schuldhaftes Zögern – im Sinne von § 121 Abs. 1 BGB vorgenommen werden. Hierfür maßgeblich ist die für eine ordentliche Untersuchung erforderliche Zeitspanne. Zu differenzieren ist ob ein offener oder verdeckter Mangel vorliegt.

1. Offener Mangel

Ist der Mangel sofort ersichtlich (offener Mangel) – bedarf also keiner Untersuchung – ist die Zeitspanne praktisch auf denselben Tag reduziert. Eine Rüge, die nicht unverzüglich erfolgt, ist nicht rechtzeitig und somit unwirksam.

Für Mängel, welche durch ordnungsgemäße Untersuchung erkennbar sind, gilt dass diese unverzüglich zu untersuchen und unverzüglich zu rügen sind. Mithin richtet sich das Merkmal der Unverzüglichkeit nach der Notwendigkeit der Untersuchung und deren Zeit, Ort und Umfang.

2. Versteckter/verdeckter Mangel

Die Behandlung versteckter/verdeckter – also auch durch eine ordnungsgemäße Untersuchung nicht erkennbarer – Mängel richtet sich nach § 377 Abs. 2 HGB:

Unterlässt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, dass es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war.

Gemäß Absatz 3 des § 377 HGB muss hier eine Rüge erst nach Entdeckung erfolgen. Dies gilt bis zur Verjährung.

Zeigt sich später ein solcher Mangel, so muss die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden; anderenfalls gilt die Ware auch in Ansehung dieses Mangels als genehmigt.

3. Anforderungen an die Rüge

Die Rüge muss die bei der Untersuchung festgestellten Mängel bezeichnen. Eine allgemeine Aussage wie etwa „Die Ware ist Mist!“ genügt diesen Anforderungen nicht.

Definition: Die Rüge ist vielmehr eine Anzeige, die Art und Umfang des Mangels inhaltlich bestimmt. Im Regelfall genügt eine Angabe der Symptome.

Auch wenn man bedenkt, dass sich der Unternehmer hier die Mängelrechte sichern will, muss die Rüge also in der Form vorgenommen werden, dass der schuldende Unternehmer zumindest ungefähr erfährt, worin die Mangelhaftigkeit der gelieferten Ware besteht.

Dennoch bedarf sie keiner bestimmten Form.

Die herrschende Meinung hält weiterhin einen Zugang analog § 130 BGB für erforderlich. Das Zugangsrisiko trägt der Käufer. Die abweichende Mindermeinung hält hingegen die Absendung für ausreichend.

§ 377 Abs. 4 HGB nimmt dem Käufer das Risiko von Verzögerung bei der Übermittlung der Mängelanzeige ab:

Zur Erhaltung der Rechte des Käufers genügt die rechtzeitige Absendung der Anzeige.

Trotz mangelnder Rüge darf ein Gewährleistungsausschluss nicht stattfinden, wenn es an der Schutzwürdigkeit des Verkäufers fehlt. Dies ist der Fall, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat, § 377 Abs. 5 HGB.

Ferner kann der § 377 HGB auch vertraglich abbedungen werden.

4. Rügefrist

Die Rügefrist beginnt mit Ablieferung der Kaufsache.

Definition: Eine Ablieferung liegt vor, wenn die Sache dem Empfänger derart zugänglich gemacht wird, dass er sie auf ihre Beschaffenheit prüfen kann.

Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die Ware in seinen Machbereich gelangt ist.

Eine feste Rügefrist kann nicht bestehen. Sie richtet sich objektiv nach der betroffenen Ware. So sind Rügefristen bei verderblichen Lebensmitteln etwa erheblich kürzer als bei anderen Waren.

III. Verdachtsrüge

In besonderen Fällen erscheint es geboten, dem Unternehmer keine Untersuchungspflicht aufzuerlegen, sondern ihn vielmehr bereits, ohne eine solche rügen zu lassen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere tatsächliche Umstände die Mangelhaftigkeit der Ware nahelegen.

Beispiel: Unternehmer A kauft bei Unternehmer B zehn Holztische. Am Tag vor der Lieferung erscheint ein Zeitungsartikel, in dem berichtet wird, dass das von B verarbeitete Holz von Holzwürmern befallen ist. In einem solchen Fall liegt der Verdacht nahe, dass auch die von B an A gelieferten Tische befallen und damit mangelhaft sind. A kann daher ohne eine Untersuchung der Ware (auf Verdacht) rügen.

IV. Rechtsfolge

Die Rechtsfolge nennt – wie bereits oben erwähnt – § 377 Abs. 2 HGB:

Unterlässt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, (…)

Sie verkürzt in erster Linie alle Rechte des Käufers aus dem Sachmangel, gleichgültig auf welcher Rechtsgrundlage sie beruhen.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

Holger Wöltje

Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

Frank Eilers

Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

Andreas Ellenberger

Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

Wladislav Jachtchenko

Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Experte, TOP-Speaker in Europa und gefragter Business Coach. Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere – sowohl offline in Präsenztrainings als auch online in seiner Argumentorik Online-Akademie mit bereits über 52.000 Teilnehmern. Er vermittelt seinen Kunden nicht nur Tools professioneller Rhetorik, sondern auch effektive Überzeugungstechniken, Methoden für erfolgreiches Verhandeln, professionelles Konfliktmanagement und Techniken für effektives Leadership.

Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.