I. Allgemeines zur Durchführung der Ermittlungen
Die Ermittlungen werden durch die Staatsanwaltschaft geleitet, § 160 StPO. Die Staatsanwaltschaft wird auch als die „Herrin des Vorverfahrens“ bezeichnet. Daneben können die einzelnen Maßnahmen auch durch die Polizei durchgeführt werden, § 163 StPO.
Wichtig: Die Rolle der Polizei im Rahmen des Strafprozessrechts ist eine ganz andere als ihre Rolle im Rahmen des Polizeirechts. Aufgabe der Polizei i.R.d. StPO ist die Strafverfolgung. Aufgabe i.R.d. Polizeirechts die Gefahrenabwehr. Keinesfalls dürfen bei einer strafprozessrechtlichen Fragestellung also Normen der Polizeigesetze herangezogen werden!
Der Staatsanwaltschaft sowie der Polizei stehen für die Ermittlungen umfangreiche Instrumentarien zur Verfügung. Da diese Maßnahmen meist mit erheblichen Rechtseingriffen zulasten des Verdächtigen, bzw. Beschuldigten verbunden sind, bedürfen diese Maßnahmen aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes einer Ermächtigungsnorm.
Die Generalklauseln sind hierbei die §§ 161, 163 StPO. Daneben sind einzelne Maßnahmen mit besonders hoher Eingriffsintensität spezialgesetzlich geregelt. In einem solchen Fall verbietet sich der Rückgriff auf die Generalklauseln.
II. Die einzelnen Eingriffsmaßnahmen
In den §§ 163b ff. StPO sowie den §§ 81a ff. StPO enthält die Strafprozessordnung zahlreiche spezielle Eingriffsmaßnahmen. Relevant sind dabei vor allem folgende:
1. Die Durchsuchung, §§ 102 ff. StPO
Tipp: Weitergehende Ausführungen zur Durchsuchung findest du in diesem Artikel.
§ 102 StPO regelt die Durchsuchung bei Beschuldigten. Objekte der Durchsuchung (§ 102 StPO) sind Wohnungen sowie andere Räume und die Person des Beschuldigten. Ziele der Durchsuchung nach § 102 StPO sind das Ergreifen des Beschuldigten oder Auffinden von Beweismitteln oder die Beschlagnahme. Voraussetzungen für eine Durchsuchung (§ 102 StPO) sind:
Voraussetzungen der Beschuldigtendurchsuchung gemäß § 102 StPO – Schema:
- Anfangsverdacht
- Vermutung, das Durchsuchungsziel zu erreichen
- Verhältnismäßigkeit der Maßnahme.
2. Die Überwachung der Telekommunikation, §§ 100a, 100b StPO
Tipp: Weitergehende Ausführungen zur Telefonüberwachung (§ 100a StPO) findest du hier.
Die Überwachung der Telekommunikation nach § 100a StPO bezieht sich auf Telefon, Fax, E-Mails, SMS usw. Voraussetzungen dafür sind:
Voraussetzungen der TKÜ gemäß §§ 100a, 100b StPO – Schema:
- Anordnung der Überwachung nach § 100b StPO
- Verdacht auf Tat nach §100a Abs. 2 StPO
- Schwere der Tat im Einzelfall, § 100a Abs. 1 Nr.2 StPO
- Erforschung des Sachverhalts oder Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos, § 100a Abs. 1 Nr. 3 StPO
3. „Großer Lauschangriff“, § 100c StPO
Tipp: Weitergehende Ausführungen zum „großen Lauschangriff“ (§ 100c StPO) findest du hier.
Die Wohnraumüberwachung, auch „großer Lauschangriff“ genannt, ist in § 100c StPO geregelt. Diese Maßnahme ist erst seit einer Änderung des Art. 13 GG im Jahre 1998 möglich. Die alte Fassung des § 100c StPO wurde mit dem bekannten Urteil des BVerfG vom 03. März 2004 [-1 BvR 2378/98 – 1 BvR 1084/99 ] in weiten Teilen für verfassungswidrig erklärt. Daraufhin sind die §§ 100c-100f StPO mit Gesetz vom 24.06.2005 umgestaltet worden.
Die Voraussetzungen des § 100c StPO entsprechen im Wesentlichen denen des § 100a StPO (vgl. § 100c Abs. 1 Nr. 1-4 StPO und § 100a Abs. 1 Nr. 1-3 StPO). Jedoch muss beachtet werden, dass der „große Lauschangriff“ ein erheblicher Eingriff in die Privatsphäre ist und demnach äußerst genau abgewogen werden muss!
III. Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen
Das System der Überprüfung solcher Eingriffsmaßnahmen hat sich durch die Rechtsprechung der obersten Gerichte [BVerfGE 96, 27; BGHSt 44, 265] vereinfacht. Dabei ist an die, sich eigentlich nur auf die Beschlagnahme (§§ 94 ff. StPO) beziehende, Regelung des § 98 Abs. 2 S. 2 StPO anzuknüpfen.
Nach § 98 Abs. 2 S. 2 StPO ist im Einzelnen danach zu unterscheiden, ob es sich um eine Maßnahme bzw. Anordnung der Staatsanwaltschaft oder der Polizei oder um eine des Gerichts handelt und ob es um die Maßnahme als solche oder um die Art und Weise ihrer Durchführung geht. Ferner muss noch berücksichtigt werden, ob die Maßnahme noch andauert oder sich schon erledigt hat.
Daraus ergibt sich für die Überprüfung der Ermittlungsmaßnahmen folgendes Schema:
Schema zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Eingriffsmaßnahmen:
- Überprüfung der Anordnung als solche
- Anordnung der Staatsanwaltschaft oder Polizei, § 98 Abs. 2 S. 2 StPO (analog)
- Anordnung des Gerichts, §§ 304 ff. StPO
- Überprüfung der Art und Weise der Anordnung
- Anordnung der Staatsanwaltschaft oder Polizei, § 98 Abs. 2 S. 2 StPO (analog)
- Anordnung des Gerichts
Grds. gilt § 98 Abs. 2 S. 2 StPO (analog); Die §§ 304 ff. StPO gelten nur, wenn Art und Weise in der Anordnung des Richters eindeutig festgelegt waren.
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Quellen
- BVerfG, Urt. v. 03.03.2004 (1 BvR 2378/98)
- Engländer, Armin: Grundkurs StPO, S.67 ff.
- BVerfG, 30.04.1997 (2 BvR 817/90 u.A.)
- BGH Beschl. v. 07.12.1998 (5 AR (VS) 2/98)