Falsche Verdächtigung, § 164 Abs. 1 StGB

Falsche Verdächtigung, § 164 Abs. 1 StGB

„Wer Anderen eine Grube gräbt, der fällt selbst hinein.“ Dieses alte Sprichwort gilt für den Straftatbestand der falschen Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 1 StGB ganz besonders. Denn: Wer einen Anderen wider besseren Wissens gegenüber behördlicher Seite verdächtigt, der macht sich im Zweifelsfall selbst strafbar. Welche Tatbestandsvoraussetzungen die falsche Verdächtigung genau umfasst wird anhand eines Beispielsfalls im Folgenden dargelegt.
Falsche Verdächtigung
Lecturio Redaktion

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20.02.2024

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Inhalt

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I. Allgemeines zur Falschen Verdächtigung, § 164 StGB

Die falsche Verdächtigung ist Teil des § 164 StGB.

(1) Wer einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, […].

§ 164 StGB umfasst Tatbestände, unter welchen der Angeklagte gegenüber einer Behörde einen Dritten verdächtigt, eine strafrelevante Tat begangen zu haben.

Wichtig: Es können nur andere verdächtigt werden. Bringt man sich hingegen selbst in Verdacht, wird dies höchstens als Vortäuschen einer Straftat nach § 145 StGB gewertet.

Grundlegend werden von der Vorschrift der falschen Verdächtigung nach § 164 Abs. 1 StGB zwei Rechtsgüter geschützt. Zum einen die Funktionsfähigkeit  der innerstaatlichen Rechtspflege vor Beeinträchtigungen dadurch, dass Behörden durch falsche Verdächtigungen zu nutzlosen Ermittlungs- oder sonstigen Maßnahmen veranlasst werden. Zum anderen schützt § 164 Abs. 1 StGB auch den Einzelnen davor Opfer ungerechtfertigter staatlicher Maßnahmen zu werden.

Zudem umfasst die falsche Verdächtigung nur den ersten Absatz des § 164 StGB.

II. Schema: Falsche Verdächtigung, § 164 Abs. 1 StGB

  • I. Tatbestand
  • 1. Objektiver Tatbestand
    • a) Täuschungshandlung: Verdächtigung
    • b) in Bezug auf einen anderen
    • c) Objektive Unrichtigkeit
    • d) Richtiger Adressat
  • 2. Subjektiver Tatbestand
    • a) Vorsatz
    • b) Kenntnis der Unrichtigkeit (wider besseres Wissen)
    • c) Absicht, ein behördliches Verfahren oder eine andere behördliche Maßnahme herbeizuführen oder fortdauern zu lassen
  • II. Rechtswidrigkeit
  • III. Schuld

III. Voraussetzungen der falschen Verdächtigung (§ 164 StGB) anhand eines Beispielsfalls

„Z befindet sich mit Nachbar N im Streit. Als dieser zu Fuß von einer Party nach Hause kommt, wittert er seine Chance, ihm eins auszuwischen. Er ruft bei der Polizei an und behauptet N sei gerade sternhagelvoll mit dem Auto von einer Party nach Hause gefahren und habe sich ihm gegenüber gebrüstet, dass er nach einer ganzen Flasche Wodka, die er innerhalb von 2 Stunden alleine getrunken habe, noch Auto fahren könne, auch wenn der ein oder andere Fußgänger auf dem Nachhauseweg habe ausweichen müssen.“

Um diese Frage zu beantworten, gilt es, die Rechtsvorschrift genauer in Augenschein zu nehmen.

1. Objektiver Tatbestand des § 164 StGB

a) Täuschungshandlung: Verdächtigung

Definition: Verdächtigen bezeichnet das Hervorrufen eines Verdachts beziehungsweise das Umlenken oder Verstärken eines bereits bestehenden Verdachts.

Außerdem muss die angezeigte Tat rechtswidrig sein, also einen Straftatbestand erfüllen (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB). Hierunter fallen auch Dienstpflichtverletzungen.

Beispielsfall: „N ruft den Verdacht bezüglich der Gefährdung des Straßenverkehrs, bzw. subsidiär auf Trunkenheit im Verkehr hervor. Eine Verdächtigung liegt daher vor. Die verdächtigten Taten würden auch den Straftatbestand des § 315c StGB, bzw. § 316 StGB erfüllen, sie sind somit rechtswidrig.“

b) In Bezug auf einen anderen

Im Sinne der falschen Verdächtigung muss der benannte Verdächtigte sich zudem vom eigentlichen Täter unterscheiden und einwandfrei identifizierbar sein. Selbstbeschuldigungen sowie Anzeigen gegen Unbekannt fallen deshalb nicht unter § 164 Abs. 1 StGB.

Beispielsfall: „Z verdächtigt seinen Nachbar N. Hierbei handelt es sich auch um einen anderen iSd. § 164 Abs. 1 StGB.“

c) Objektive Unrichtigkeit

Unerlässlich für eine Verurteilung gemäß § 164 Abs. 1 StGB ist die objektive, tatsächliche Unwahrheit der hervorgebrachten Verdächtigung.

Definition: Dies bedeutet, dass die Verdächtigung in ihrem Kern falsch sein muss.

Hervorgebrachte Übertreibungen, die lediglich das Strafmaß betreffen, den Deliktscharakter jedoch nicht ändern, sind deshalb nicht erfasst.

Beispielsfall: „N kommt zu Fuß von einer Party nach Hause. Die Behauptung N sei sternhagelvoll mit dem Auto gefahren, ist demnach in ihrem Kern falsch und folglich objektiv Unrichtig.“

d) Richtiger Adressat

Ferner muss die Verdächtigung gegenüber einer Behörde, eines zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtes, militärischer Vorgesetzter oder der Öffentlichkeit geschehen. Dabei ist auch das Weiterleiten einer Verdächtigung durch Dritte denkbar.

Beispielsfall: „Die Polizei ist als Behörde auch richtiger Adressat des § 164 Abs. 1 StGB.“

2. Subjektiver Tatbestand des § 164 StGB

Der subjektive Tatbestand der falschen Verdächtigung nach § 164 Abs. 1 StGB ist etwas komplexer als bei einem „normalen“ Delikt. Er verlangt, dass der Täter Wider besseres Wissen und mit der Absicht verdächtigt, ein Ermittlungsverfahren herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.

Definition: Wider besseres Wissen handelt derjenige, der die Unrichtigkeit der behaupteten Verdachtstatsache im Tatzeitpunkt als sicher erkannt hat.

Die dem Wortlaut nach geforderte Absicht, ein behördliches Verfahren herbeizuführen deutet dagegen darauf hin, dass hier mehr als sicheres Wissen gefordert ist. Die wohl überwiegende Meinung lässt aber auch hier das sichere Wissen genügen.

Definition: Der Begriff Absicht erfasst in diesem Zusammenhang nicht nur dolus directus 1. Grades, sondern auch dolus directus 2. Grades.

Beispielsfall: „Hier hatte Z selbst gesehen, dass N zu Fuß und nicht mit dem Auto unterwegs war und konnte deshalb ausschließen, dass N betrunken mit seinem Auto fuhr. Darüber hinaus hatte er auch die Absicht den unliebsamen N mit einem Ermittlungsverfahren zu schaden, das er als logische Konsequenz seines Handelns voraussehen konnte. Somit sind alle Kriterien, die für eine Verurteilung wegen falscher Verdächtigung unerlässlich sind, in unserem Beispielsfall erfüllt.“

MERKE: Die frei erfundene Geschichte des Z über die angebliche Brüstung mit der Alkoholfahrt würde alleine übrigens nicht ausreichen, um eine falsche Verdächtigung anzunehmen, wenn Z tatsächlich von einer derartigen Straftat ausgehen würde.

IV. Strafmaß der falschen Verdächtigung, § 164 StGB

Im Falle einer falschen Verdächtigung (§ 164 StGB) sieht das Gesetz einen Freiheitsentzug von bis zu fünf Jahren oder eine entsprechende Geldstrafe vor. Hat der Täter die Verdächtigung gegen einen Dritten in der Absicht hervorgebracht, von der eigenen Tat abzulenken, kann sich das Strafmaß sogar deutlich erhöhen: In einem solchen Fall ist ein Freiheitsentzug von bis zu zehn Jahren denkbar.

V. § 164 Abs. 2 StGB – Auffangtatbestand

Unter dem zweiten Absatz des § 164 StGB werden alle Delikte gefasst, die unter Absatz 1 nicht berücksichtigt sind und dennoch als falsche Verdächtigung gezählt werden können.

Definition: Hierunter fällt das Aufstellen aller Behauptungen, die geeignet sind, behördliche Ermittlungen gegen einen Dritten einzuleiten.

Damit muss nicht, wie unter Absatz 1 des § 164 StGB, das Anzeigen einer konkreten Straftat gemeint sein. Es kann auch Fälle, in denen beispielsweise aufgrund falscher Tatsachen eine Entziehung des elterlichen Sorgerechts herbeigeführt werden soll, umfassen.

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Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

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Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

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Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.