Allgemeines zu § 315b StGB
Nach § 315b StGB wird bestraft, wer die Sicherheit des Straßenverkehrs durch näher aufgeführte Eingriffe von außen nach innen beeinträchtigt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet. Bei der Norm handelt es sich damit um ein konkretes Gefährdungsdelikt. Es genügt die bloße Gefährdung (abstrakt ist jedoch nicht ausreichend!) von Personen oder Sachen, damit der Straftatbestand vollendet ist.
Schutzgut des § 315b StGB ist allgemein die Sicherheit des Straßenverkehrs, der vor bestimmten verkehrsfremden Eingriffen geschützt werden soll.
Schema zu § 315b StGB
I. Tatbestand
- Objektiver Tatbestand
- a. Verkehrsfremder Eingriff von außen nach innen oder pervertiert
- b. Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs
- c. Konkrete Gefährdung von Personen oder Sachen
- d. Kausalität & objektive Zurechnung
- Subjektiver Tatbestand
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
I. Objektiver Tatbestand
1. Verkehrsfremder Eingriff, § 315b Abs. 1 Nr. 1 – 3 StGB
Was taugliche Tathandlung ist, wird in den Nr.1 – 3 in § 315b StGB festgelegt. Danach muss der Täter
- Anlagen oder Fahrzeuge zerstören, beschädigen oder beseitigen,
Definition: Anlagen sind feste und auf Dauer angelegte Einrichtungen, die dem Straßenverkehr dienen.
Definition: Fahrzeuge sind sämtliche im öffentlichen Verkehr vorkommende Beförderungsmittel ohne Rücksicht auf die Antriebsart.
2. Hindernisse bereiten oder
Definition: Hindernisse sind alle mechanisch wirkenden Verkehrshindernisse, die auf einem verkehrsfremden Eingriff beruhen.
Definition: Unter dem Bereiten von Hindernissen versteht man jede Einwirkung auf den Straßenkörper, die geeignet ist, den reibungslosen Verkehrsablauf einzuschränken oder zu gefährden.
3. einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornehmen;
Bei Nr. 3 handelt es sich um einen Auffangtatbestand, der durch Auslegung ermittelt werden muss. Er orientiert sich jedoch an Nr. 1 und 2.
Diese Aufzählung zeigt, dass § 315b StGB – auch im Gegensatz zu § 315c StGB – grundsätzlich nur solche Eingriffshandlungen umfasst, die von außen in den Straßenverkehr erfolgen. Mit anderen Worten ist der Täter selbst häufig kein Verkehrsteilnehmer.
Eine Ausnahme wird jedoch dann gemacht, wenn der Täter Verkehrsteilnehmer ist und sein Fahrzeug bewusst zweckwidrig und in verkehrsfeindlicher Absicht einsetzt. Man spricht bei solch einem Fall von der Pervertierung eines Verkehrsvorgangs zu einem Eingriff in den Straßenverkehr.
Der BGH fordert über oben genannte Voraussetzungen hinaus als einschränkendes Merkmal eine „Pervertierungsabsicht“, d.h. der Täter muss mit wenigstens bedingtem Schädigungsvorsatz gehandelt haben.
Z.B.: Ein Fahrer eines LKW fährt auf einen Fußgänger zu, der gerade über die Straße gehen will. Er benutzt seinen LKW bewusst zweckwidrig, als eine Art Waffe um den Fußgänger zu schädigen.
2. Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs
Der vom Täter vorgenommene Eingriff muss geeignet sein, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu beeinträchtigen. Dies ist dann der Fall, wenn zumindest eine abstrakte (nicht zwingend konkrete!) Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs vorliegt.
Exkurs: Straßenverkehr im Sinne der Straßenverkehrsdelikte ist der Verkehr auf öffentlichen Wegen und Plätzen; nicht hingegen auf Privatwegen oder Fabrikgeländen. Jedoch ist zu beachten, dass ein Privatgelände, welches für jeden öffentlich zugänglich ist (z.B.: Parkplatz eines Supermarktes) mit umfasst ist.
3. Konkrete Gefährdung für Personen oder Sachen
Schließlich muss durch die Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs eine konkrete (!) Gefahr für Leib oder Leben einer anderen Person oder für eine Sache von bedeutendem Wert entstehen. Von einer konkreten Gefahr kann dann ausgegangen werden, wenn es nur noch vom Zufall abhängt, ob es zu einer tatsächlichen Rechtsgutverletzung kommt. Dies ist nach Ansicht des BGH jedenfalls dann zu bejahen, wenn sich die geschaffene Lage aus der Sicht eines objektiven Beobachters als „Beinaheunfall“ darstellt. Vgl. hierzu BGH Beschl. v. 26.07.2011 – 4 StR 340/11
Wann eine Sache einen „bedeutenden Wert“ hat, ist umstritten. Der BGH nimmt hierzu eine Grenze von 750 Euro an. In der Literatur wird – insbesondere im Hinblick auf die Preissteigerungen der letzten Jahre – mittlerweile eine höhere Grenze (ca. 1.300 €) angenommen. Alle Ansichten sind in der Klausur oder Hausarbeit gut vertretbar.
II. Subjektiver Tatbestand
Der Vorsatz des Täters muss sich auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale beziehen, und damit also auch auf die Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs und die konkrete Gefährdung von Personen oder Sachen.
Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn der Täter die Gefahr fahrlässig verursacht hat, was nach § 315b Abs. 4 StGB möglich ist (sog. Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination).
Konkurrenzen
Bei der Frage der Konkurrenzen ist zunächst das Verhältnis zwischen § 315b StGB und § 315c StGB wichtig. Der § 315c StGB regelt die Strafbarkeit von Fehlleistungen in der Bewältigung von Vorgängen des Straßenverkehrs in seinem Katalog abschließend. Damit entfaltet § 315c StGB insoweit eine Sperrwirkung, die auch für § 315b StGB gilt.
In Hinblick auf § 316 StGB ist festzustellen, dass sich die Subsidiaritätswirkung des § 316 StGB nicht auf § 315b StGB erstreckt (vgl. Wortlaut des § 316 StGB!), sodass zwischen § 315b StGB und § 316 StGB auch Tateinheit möglich ist.
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