I. Begriff der Grundschuld
Der Begriff der Grundschuld ergibt sich direkt aus § 1191 Abs. 1 BGB. Dort heißt es:
Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück zu zahlen ist (Grundschuld).
Ebenso wie bei der Hypothek handelt es sich bei der Grundschuld um ein Grundpfandrecht. Somit hat der Gläubiger die Möglichkeit bei Nichterfüllung durch den Schuldner Befriedigung durch Verwertung aus dem Grundstück zu erlangen.
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Die Besonderheit der Grundschuld gegenüber der Hypothek ist deren Nichtakzessorietät. Die Hypothek ist akzessorisch zur Forderung. Dies gilt nicht für die Grundschuld. Von Entstehung und Fortbestand der Forderung ist sie unabhängig.
Hypothek und Grundschuld ähneln sich in starker Weise. Daher sind gem. § 1192 Abs. 1 BGB sämtliche Vorschriften über die Hypothek auch auf die Grundschuld anwendbar, sofern sie nicht den Bestand einer Forderung voraussetzen.
II. Bestellung der Grundschuld
Die Bestellung einer Grundschuld ähnelt zwangsläufig stark der Bestellung der Hypothek. Die Bestellung der Grundschuld erfolgt ebenso über § 873 BGB.
Dabei ist die Bestellung einer Grundschuld absolut identisch zur Bestellung einer Hypothek. Der einzige Unterschied besteht darin, dass aufgrund fehlender Akzessorietät bei der Grundschuld keine Forderung vorausgesetzt wird. Folglich ist auch eine Forderungseintragung in das Grundbuch nicht nötig.
Wegen der Nichtakzessorietät der Grundschuld, stellt sich die Frage, was mit dieser geschieht, wenn die zu sichernde Forderung allerdings gar nicht erst entsteht oder wegfällt (z.B. durch Nichtvalutierung des Darlehens).
Rechtsprechung und Literatur sind sich einig, dass der Gläubiger die Grundschuld bei Nichtvalutierung der zu sichernden Forderung an den Sicherungsgeber zurückgeben muss. Ansonsten würde der Sinn und Zweck der Grundschuld als Sicherungsmittel verfehlt.
Die Rechtsgrundlage für diesen Rückgewähranspruch ist allerdings umstritten.
Einer Ansicht nach muss der Eigentümer eine Einrede aus § 821 BGB geltend machen können.
Dies ist allerdings nur für den Fall vertretbar, in dem der Sicherungsvertrag später wegfällt. Hier geht es jedoch um das Nichtzustandekommen oder Wegfallen der Forderung, also um einen Mangel im dritten Verhältnis zwischen Eigentümer und Gläubiger. Ein Mangel im Kreditverhältnis vermag es nicht, etwas an der Existenz oder Wirksamkeit des zwischen den Parteien geschlossenen Sicherungsvertrag zu ändern.
Dementsprechend muss der Rückgewähranspruch zweiter Ansicht nach vertraglichen Regeln folgen.
Eine Untermeinung greift hierfür auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gem. § 320 BGB zurück. Die Rückgewähr solle sich nach den §§ 346 ff., 323 BGB richten.
Nach anderer Untermeinung ergibt sich die Rückgewähr der Grundschuld bei Nichtvalutierung direkt aus der Sicherungsabrede. Auch wenn dies im Vertrag nicht explizit festgelegt wurde, machen die Parteien unter Berücksichtigung des Sicherungszwecks einer Grundschuld zumindest konkludent deutlich, dass die Grundschuld bei Nichtzustandekommen der zu sichernden Forderung zurückgewährt werden soll. Dies stütz sich auf die ergänzende Vertragsauslegung, §§ 133, 157 BGB.
Die Entscheidung zwischen den beiden zuletzt aufgeführten Meinungen ist unerheblich, da beide zum gleichen Ergebnis führen.
1. Buchgrundschuld
Es wird unterschieden zwischen Buch- und Briefgrundschuld. Die Buchgrundschuld entsteht nach den üblichen Regeln des § 873 BGB. Ihr Inhalt wird gem. § 1115 i.V.m. § 1192 Abs. 1 BGB ausgeformt.
Daraus ergibt sich folgendes Prüfungsschema zur Bestellung einer Buchgrundschuld:
Bestellung der Buchgrundschuld, §§ 1191, 1192 Abs. 1 873, 1115, 1116 Abs. 2 BGB
- Einigung über Bestellung der Grundschuld, § 873 Abs. 1 BGB
- Ausschluss der Erteilung eines Grundschuldbriefs, §§ 1192 Abs. 1, 1116 Abs. 2 BGB
- Eintragung ins Grundbuch, § 1192 Abs. 1, 1115 BGB
- Berechtigung des Bestellers
Am häufigsten wird die Grundschuld für einen Dritten als Grundschuldgläubiger bestellt.
Dennoch ist es natürlich auch möglich, dass der Grundstückseigentümer selbst eine Grundschuld an seinem Grundstück bestellt. Diese richtet sich nach § 1196 BGB.
Sinn dieser Eigentümergrundschuld ist die Wahrung einer Rangstelle. Die Grundschuld kann bei Bedarf später auf einen Dritten übertragen werden. In diesem Fall wird aus der Eigentümergrundschuld eine Fremdgrundschuld, aus der der Dritte gem. §§ 1192 Abs. 1, 1147 BGB die Zwangsvollstreckung betreiben kann.
Natürlich kann der Eigentümer die Grundschuld auch bestellen um sie bei der Grundstücksveräußerung als Sicherheit zu nutzen. Bei Eigentumsübergang wird dann die Eigentümergrundschuld zu einer Fremdgrundschuld.
Die Eigentümergrundschuld folgt zudem noch einigen Sonderregeln. So hat der Eigentümer gem. § 1197 Abs. 1 BGB nicht das Recht die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Dieses Verbot gilt nur für den Eigentümer selbst. Inhaber eines Pfandrechts an der Grundschuld können die Zwangsvollstreckung betreiben.
2. Briefgrundschuld
Als Besonderheit kommt bei der Briefgrundschuld noch Ausstellung und Übergabe des Grundschuldbriefs (§§ 1116, 1192 Abs. 1 BGB) an den Grundschuldgläubiger (§§ 1117 Abs. 1, 1192 Abs. 1 BGB) hinzu.
Daraus ergibt sich folgendes Prüfungsschema:
Bestellung der Briefgrundschuld, §§ 1191, 1192 Abs. 1, 873, 1115, 1117 BGB
- Einigung über Bestellung der Grundschuld, § 873 Abs. 1 BGB
- Ausstellung des Grundschuldbriefs, §§ 1192, 1116 Abs. 1 BGB
- Übergabe des Grundschuldbriefs gem. §§ 1192 Abs. 1, 1117 Abs. 1, 929 f. BGB oder Vereinbarung nach § 1117 Abs. 2 BGB
- Berechtigung des Bestellers
- Eintragung ins Grundbuch, § 1192 Abs. 1, 1115 BGB
Fehlt es an der Übergabe des Briefs an den Gläubiger und ist auch kein Übergabesurrogat vereinbart, entsteht gem. §§ 1163 Abs. 2, 1192 Abs. 1 BGB eine Eigentümergrundschuld per Gesetz. Durch die Briefübergabe wird sie dann zur Fremdgrundschuld.
Hintergrund dieser Regelung ist der Schutz des Eigentümers. Dieser soll den Grundschuldbrief bis zur Bewirkung der Leistung durch den Gläubiger (im Regelfall ein Darlehen) behalten können. Weiterer Grund ist die Sicherung der Rangstelle, da nachfolgende Grundschulden die erste Grundschuld nicht verdrängen sollen.
Diese gesetzliche Eigentümergrundschuld kann der Eigentümer auch einem Zwischenkreditgeber übertragen.
III. Übertragung der Grundschuld
Die Übertragung einer Buchgrundschuld folgt den allgemeinen Regeln des § 873 BGB durch Einigung und Eintragung, §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 3 BGB. Auch ein gutgläubiger Erwerb ist möglich, § 892 BGB.
Merke: § 1154 BGB ist auf die Grundschuld anwendbar!
Bei der Briefgrundschuld ist die Eintragung ins Grundbuch kein notwendiger Bestandteil zu deren Übertragung. Dann müssen allerdings die Voraussetzungen nach §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 1 BGB beachtet werden. Dies sind Einigung, schriftliche Abtretungserklärung und Briefübergabe bzw. Surrogat. Auch die Verweisung von § 1192 Abs. 1 BGB auf § 1155 BGB ist hier relevant.
Allerdings kann die Übertragbarkeit der Grundschuld durch Vereinbarung gem. §§ 413, 399 BGB ausgeschlossen werden. Bei der Sicherungsgrundschuld wird dies häufig getan. Allerdings muss diese Vereinbarung als Inhaltsänderung i.S.v. § 877 BGB ins Grundbuch eingetragen werden.
IV. Einwendungen und Einreden
Zwar gelten für die Grundschuld zum größten Teil die Regeln über die Hypothek entsprechend. Aufgrund der mangelnden Akzessorietät der Grundschuld stehen dem Eigentümer allerdings nicht sämtliche Einreden und Einwendungen zu, welche er bei Vorliegen einer Hypothek hätte. Ihm verbleiben nur die Einreden, die sich aus dem Verhältnis zum Gläubiger oder aus dem Sicherungsvertrag ergeben. Hierbei ist insbesondere die Einrede der Nichtvalutierung zu beachten.
V. Zahlung auf die Grundschuld
Als Zahlender kommen bei der Grundschuld, wie bei der Hypothek, der Schuldner, der Eigentümer oder ein Dritter in Betracht. Natürlich können Schuldner und Eigentümer auch identisch sein.
1. Zahlung durch den Eigentümer
Zunächst kommt eine Zahlung auf die Grundschuld von Seiten des Eigentümers an den Gläubiger in Betracht.
In diesem Fall wird der Gläubiger durch die Zahlung befriedigt, womit die Grundschuld obsolet wird. Sie wandelt sich daher in eine Eigentümergrundschuld und steht somit dem Eigentümer zu.
Weshalb eine solche Eigentümergrundschuld entsteht ist allerdings umstritten.
Bei der Hypothek funktioniert dieses Prinzip ebenso. Dort ergibt sich die Rechtsfolge aus §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB, da durch die Zahlung die Forderung gem. § 362 Abs. 1 BGB erlischt.
Der Grund für den Übergang auf den Eigentümer im Gegensatz zur Regelung des § 1181 Abs. 1 BGB ergibt sich aus der Überlegung, dass der Wert des Grundstücks und der mithaftenden Gegenstände vollständig erhalten bleibt. Sollte nämlich die Hypothek erlöschen, würden nachrangige Rechte im Rang aufrücken und somit eine höhere Sicherheit erlangen. Dies wäre problematisch, da der Eigentümer wegen der bisherigen niedrigeren Sicherheit dieser nachrangigen Rechte zumeist einem höheren Zins ausgesetzt ist. Eine solche Besserstellung nachrangiger Rechte wäre unbillig. Daher geht die Hypothek auf den Eigentümer über, um dieses Ergebnis zu vermeiden.
Die Regelung des § 1163 Abs. 1 BGB kann allerdings nicht auf die Grundschuld übertragen werden. Denn gem. § 1192 Abs. 1 BGB können auf die Grundschuld nur die Vorschriften über die Hypothek Anwendung finden, welche nicht eine Forderung voraussetzen. § 1163 Abs. 1 BGB setzt eine solche allerdings voraus.
Da eine direkte Anwendung der Vorschrift somit ausgeschlossen ist, wird § 1163 Abs. 1 BGB bei Grundschulden analog angewandt. Der Grundgedanke ist derselbe wie bei der Hypothek.
Auch wird vertreten stattdessen die §§ 1142, 1143 BGB analog anzuwenden.
Letztlich hat diese Analogie aber wegen § 1179a BGB nur noch wenig Bedeutung, da dieser einen Löschungsanspruch konstituiert. Praktisch wird die Entstehung einer Eigentümergrundschuld vermieden, indem vereinbart wird, dass etwaige Zahlungen nur auf die Forderung und nicht auf die Grundschuld anzurechnen sind.
2. Zahlung durch Dritte
Zahlt ein Dritter auf die Grundschuld, ist zu unterscheiden, ob diesem ein Ablösungsrecht zusteht oder nicht.
a) Nicht ablösungsberechtigter Dritter
Ist der Dritte nicht ablösungsberechtigt und zahlt gem. § 267 BGB auf die Grundschuld, verwandelt sich diese nach den Wertungen der §§ 1163 Abs. 1 S. 2 und §§ 1142, 1144 BGB in eine Eigentümergrundschuld. Die gesicherte Forderung erlischt nach der Wertung des § 364 Abs. 2 BGB.
Der Dritte kann jedoch aufgrund einer Vereinbarung oder nach § 812 Abs. 1 BGB einen Ersatzanspruch und Anspruch auf Abtretung der Eigentümergrundschuld gegen den Eigentümer geltend machen.
b) Ablösungsberechtigter Dritter
Hat der Dritte ein Ablösungsrecht i.S.v. § 268 BGB, erwirbt er durch die Zahlung die Grundschuld unmittelbar. Dies ergibt sich aufgrund der Nichtakzessorietät der Grundschuld aus § 268 Abs. 3 BGB analog. Doch auch dies ist umstritten.
3. Löschungsanspruch, § 1179a BGB
Der bereits oben genannte § 1179a BGB hat bei der Grundschuld regelmäßig nur Bedeutung, wenn die Grundschuld vom Eigentümer auf den Gläubiger zurück übertragen wird.
Erforderlich für die Löschung ist gem. § 875 BGB eine Aufhebungserklärung und Eintragung der Löschung ins Grundbuch.
Wenn die Grundschuld dem Gläubiger zusteht, muss er die Aufgabe erklären und gem. §§ 1192 Abs. 1, 1183 S. 1 BGB der Eigentümer zustimmen. Diese Zustimmung des Eigentümers ergibt sich aus seiner Eigentümergrundschuld. In den Fällen von § 894 BGB oder § 1169 BGB hat der Eigentümer sogar einen Anspruch auf Erteilung der Bewilligung. Auch kann er gem. §§ 1192 Abs. 1 , 1144 BGB Aushändigung der erforderlichen Urkunden verlangen.
Steht die Grundschuld dem Eigentümer zu, genügt zu deren Löschung bereits eine Aufgabenerklärung.
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Quellen
- Prütting, Hanns: Sachenrecht, 35. Auflage 2014.
- Wolf, Manfred / Wellenhofer, Marina: Sachenrecht, 29. Auflage 2014.