§ 1 BGB:
Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.
Definition des Begriffs Rechtsfähigkeit
Definition: Nach heute allgemein anerkannter Meinung ist die Rechtsfähigkeit die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein.
Jede Person, die gegen eine andere Person Rechte oder gegenüber einer anderen Person Pflichten haben kann, ist somit rechtsfähig.
Eine Person ist damit ein Rechtssubjekt. Im Gegensatz dazu kann ein Rechtsobjekt nur zum Gegenstand von Rechten und Pflichten gemacht werden. Aber eine Person muss nicht immer ein Mensch sein. Als Person werden nach der Kodifikation des BGB nicht nur natürliche Personen (Menschen), sondern auch juristische Personen und einige Personengesellschaften bezeichnet.
Diese Einteilung beruht auf der Annahme, dass nicht nur Menschen (also natürliche Personen) z.B. einen Kaufvertrag abschließen können, sondern auch juristische Personen. Auch juristische Personen (Unternehmen) können beispielsweise Büromaterial erwerben. Sie besitzt dann einen Anspruch auf Übergabe des Materials gegenüber dem Verkäufer.
Natürliche und juristische Personen
Alle natürlichen Personen werden nach § 1 BGB bestimmt. Die juristischen Personen aber gliedern sich weiter auf in juristische Personen des Privatrechts und juristische Personen des öffentlichen Rechts. So können auch Bund, Länder und Gemeinden sowie Kammern rechtsfähig sein.
Alle juristischen Personen erlangen ihre Rechtsfähigkeit durch die Eintragung in öffentliche Register. Hiermit ist der sogenannten Publizitätsfunktion Genüge getan. Die Eintragung im Register gilt als Nachweis für die Existenz der Gesellschaft und deren Rechtsfähigkeit. Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts haben ihre Rechtsfähigkeit kraft Gesetzes.
Einige Personen des öffentlichen Rechts erhalten ihre Rechtsfähigkeit auch nur durch Verleihung. Diese Rechtsfähigkeit kann jederzeit wieder entzogen werden.
Video: Natürliche und juristische Personen (v.a. § 31 BGB, § 166 BGB)
Gut erklärt? Hier findest Du das komplette Video-Repetitorium, das zu Dir passt.
Geschäftsfähigkeit und Rechtsfähigkeit
Die Rechtsfähigkeit wird häufig mit der Geschäftsfähigkeit verwechselt. Die Geschäftsfähigkeit ist in den § 104 ff. BGB geregelt. Kinder bis zum 7. Lebensjahr sind geschäftsunfähig, § 104 Nr. 1 BGB. Ihre Willenserklärungen sind nichtig, § 105 Abs. 1 BGB. Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr sind in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, § 2, 106 BGB.
Jugendliche können nur solche Willenserklärungen wirksam abgeben, die ihnen einen lediglich rechtlichen Vorteil bringen, § 107 BGB. Für alle Willenserklärungen, die den Jugendlichen rechtlich benachteiligen, weil sie ihn verpflichten, benötigt auch der Jugendliche die Einwilligung oder nachträgliche Genehmigung des gesetzlichen Vertreters, §§ 107, 108 BGB. Gesetzliche Vertreter eines Kindes und eines Jugendlichen sind in der Regel die Eltern, §§ 1626, 1629 BGB.
Haben diese Eltern ihren jugendlichen Kindern Taschengeld überlassen, so kann im Rahmen dieses Taschengeldes ausnahmsweise auch eine Willenserklärung wirksam sein. Doch diese Willenserklärung darf nur innerhalb des überlassenen Taschengeldes abgegeben werden.
Kauft der Jugendliche ein Lotterie-Los und gewinnt damit eine große Summe oder spart er sein Taschengeld an, so ist nicht mehr von überlassenen Mitteln auszugehen. Dann haben wieder die gesetzlichen Vertreter zu entscheiden. Diese rechtliche Frage ist in § 110 BGB geklärt. Dieser Paragraph wird deshalb auch als Taschengeld-Paragraph bezeichnet.
Die Geschäftsfähigkeit eines volljährigen Menschen kann aufgrund einer geistigen Krankheit auch wieder beschränkt werden, § 104 Nr. 2 BGB. Die gesetzlichen Vertreter eines Menschen, der wieder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt wird, sind in der Regel nicht mehr die Eltern. Häufig werden aber Verwandte als Betreuter eingesetzt, wenn kein fremder Betreuer für diese Personen gewünscht ist.
Die Reichweite der Rechtsfähigkeit
Die Rechtsfähigkeit von Personen ergibt sich in Deutschland aus §§ 1, 21, 705 ff. BGB, §§ 124, 161 Abs. 2 HGB, § 7 PartGG, § 1 AktG, § 13 Abs. 1 GmbHG. Juristische Personen nehmen im Rechtsverkehr durch ihre vertretungsbefugten Organe teil. Die Rechtsfähigkeit ausländischer Gesellschaften hängt von deren Rechtsfähigkeit im Gründungsland ab.
Lose Gemeinschaften können in Deutschland keine Rechtsfähigkeit erlangen. Daher sind zum Beispiel Investment-Fonds oder Erbengemeinschaften grundsätzlich nicht rechtsfähig. Dennoch können diese rechtlichen Institute auf anderen Wegen am geschäftlichen Leben teilnehmen.
Die Rechtsfähigkeit natürlicher Personen beginnt nach § 1 BGB mit der Vollendung der Geburt. Das Ende der Rechtsfähigkeit einer natürlichen Person ist nach überwiegender Meinung unter den Juristen mit der Feststellung des Hirntods gegeben.
Nach dem Ende der Rechtsfähigkeit folgt das sogenannte postmortale Persönlichkeitsrecht. Dieses rechtliche Konstrukt wurde geschaffen, um jeden Menschen auch über seinen Tod hinaus zu schützen. So können beispielsweise die Erben eines Verstorbenen über dessen Tod hinaus gegen Verleumdungen und Beleidigungen vorgehen. Dies ist Ausdruck der besonderen Bedeutung der Rechtsfähigkeit und des Persönlichkeitsrechts.
Fazit:
Soweit andere Rechtsordnungen größere Anforderungen an die Rechtsfähigkeit einer natürlichen Person stellen, gelten diese Anforderungen in Deutschland nicht. Denn die Rechtsfähigkeit in § 1 BGB ist Teil der Menschenwürde, die in Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes unwiderruflich jedem Menschen zugeschrieben ist: „Die Würde des Menschen ist unantastbar!“
Video: Personenvereinigungen (v. a. §§ 741 ff., 1008 ff. BGB)
Gut erklärt? Hier findest Du das komplette Video-Repetitorium, das zu Dir passt.