I. Was bedeutet „Mediation“?
Bei der Mediation handelt es sich um ein außergerichtliches Konfliktlösungsverfahren. Der Begriff entstammt dem lateinischen Adjektiv „medius“, das unter anderem „einen Mittelweg einschlagen“ bedeutet.
Die Mediation hat sich in ihrer heutigen Form aus der langjährigen Praxis der außergerichtlichen Konfliktregelung entwickelt.
In ihr fließen Erkenntnisse der Konflikt- und Verhandlungsforschung, der Psychotherapie, der systemischen Therapie und des psychologischen Problemlösens zusammen, sodass es sich bei der Mediation um eine sehr breit angelegte, interdisziplinär gespeiste Disziplin handelt.
Zudem ist die Mediation keine Institution, wie etwa ein Gericht oder eine Schlichtungsstelle. Vielmehr bedienen sich solche Institutionen im Bedarfsfall der Mediation als Methode, um Konflikte einvernehmlich beizulegen.
II. Anwendungsbereiche der Mediation
Generell kann die Mediation überall dort eingesetzt werden, wo zwei oder mehr im Konflikt stehende Parteien selbst keine Lösung hervorbringen können. Sie soll einen sicheren Rahmen schaffen, innerhalb dessen sich die Beteiligten über ihren Konflikt und dessen Hintergründe austauschen können, um zu einer einvernehmlichen, selbstbestimmten Lösung zu gelangen. In einer Mediation werden also keine Urteile gefällt, sondern Strategien erarbeitet.
Deshalb bietet sich die Mediation vor allem zu einem Zeitpunkt an, zu welchem noch kein gerichtliches Verfahren eingeleitet wurde und eine friedliche, kooperative Lösung des Konflikts denkbar ist. Allerdings gibt es auch Fälle so genannter „gerichtlicher Mediationsverfahren“, die im Verlauf einer Verhandlung durch das zuständige Gericht vorgeschlagen werden können, doch auf diesen Sonderfall wird später konkreter eingegangen.
Anwendungsbereich 1: Familienmediation
betrifft Konflikte im Bereich Ehe, Familie, Partnerschaft, beispielsweise:
- Trennung und Scheidung
- schwierige Verhältnisse in Patchwork-Familien
- Pflege kranker oder alter Familienangehöriger
- gemeinsame Familien- oder Lebensplanung
- Erbschaftsstreitigkeiten
Anwendungsbereich 2: Wirtschaftsmediation
betrifft Konflikte in und um Unternehmen:
- Personalabbau und Umstrukturierung
- Auseinandersetzungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern
- Vertragsangelegenheiten
- Unternehmensnachfolge
- Streitigkeiten innerhalb von Teams oder Abteilungen (z. B. Mobbing)
Anwendungsbereich 3: Öffentlicher Bereich
betrifft vor allem Streitigkeiten bei Umwelt-, Planungs- und Bauprojekten:
- Standortfragen
- Planungsfestellungsverfahren
- Vermittlung zwischen Verwaltung, Behörden, Unternehmen, Anwohnern, Verbänden und Bürgerinitiativen
Anwendungsbereich 4: Schule und Jugendeinrichtungen
- Streitigkeiten zwischen Kindern
- Konflikte zwischen Schüler*nnen und Lehrer*innen sowie Eltern
- Probleme innerhalb des Lehrerkollegiums
- Uneinigkeit zwischen Verwaltung, Lehrerkollegium und Angestellten
Anwendungsbereich 5: Mietbeziehungen und Nachbarschaft
betrifft Konflikte zwischen Nachbarn beziehungsweise Mietern und Vermietern, z. B.:
- Lärmbelästigung und Verschmutzung
- Nutzung von Gemeinschaftsraum
- Grenzstreitigkeiten
- Mietfragen
- Wohnungsmängel
III. Die Rolle des Mediators
Die Rollenzuschreibung des Mediators in solchen Konflikten ist relativ eindeutig: Es muss sich um eine neutrale dritten Person handeln, die bei der Bearbeitung des Konfliktfalles keine eigenen Interessen verfolgt. Sie sorgt für eine konstruktive Gesprächsatmosphäre, indem sie den fairen Umgang aller Parteien miteinander sicherstellt.
Insofern sichert der Mediator also lediglich den Kommunikationsrahmen zwischen den Parteien ab; für das Verhandlungsergebnis sind ausschließlich die Betroffenen selbst verantwortlich. Den Mediator*innen steht demnach keinerlei Entscheidungskompetenz zu. Sie stehen den Betroffenen lediglich zur Seite, um sie zu befähigen, Streitpunkte zu identifizieren und darüber selbst eine Lösung für das vorliegende Problem zu erarbeiten. Dafür ist es jedoch unerlässlich, dass der Mediator nicht nur über eine entsprechende (Zusatz-)Ausbildung verfügt, sondern ebenso über Fachkenntnis im betreffenden Streitfall. Ansonsten ist eine sinnvolle Beratung nicht gewährleistet.
Eine weitere unabdingbare Voraussetzung ist die Diskretion: Über Falldetails muss in jedem Fall Stillschweigen bewahrt werden. Ohne die Zusicherung absoluter Verschwiegenheit werden sich die Beteiligten gegenüber dem Mediator mit Sicherheit nicht frei äußern, was den Erfolg der Maßnahme beeinträchtigen kann.
IV. Grundlagen für die Durchführung einer Mediation
Neben den Grundlagen, die ein Mediator mitbringen muss, um die Mediation erfolgreich durchführen zu können, gibt es noch weitere unerlässliche Voraussetzungen für das Gelingen der außergerichtlichen Konfliktlösung:
Freiwilligkeit: Die Beteiligten haben das Recht, die Mediation jederzeit zu beginnen, bei Unzufriedenheit jedoch auch jederzeit wieder zu beenden.
Ergebnisoffenheit: Das Verfahren startet ohne eventuelle Vorbedingungen, das heißt, dass sich alle Teilnehmer ohne schon vorgefassten Ausgang auf die Mediation einlassen.
Gleichberechtigung: Eine Mediation ist im Grunde nur dann möglich, wenn keine allzu extremen Machtgefälle zwischen den Konfliktparteien vorherrschen. Sollte dies doch gegeben sein, so hat sich der Mediator ausgleichend zu positionieren.
Ausreichend Zeit: Konstruktive Konfliktlösungen mit langfristigem Wert lassen sich nur dann anbahnen, wenn der Bewältigung des Streitfalls genügend Zeit eingeräumt wird. Übereilte Verfahren werden häufig wenig zufriedenstellend enden.
V. Sonderfall: Die gerichtliche Mediation
Aufgrund ihres kommunikationsintensiven Charakters bietet sich eine Mediation vor allem dazu an, der Einleitung eines Gerichtsverfahrens durch eigenständige Lösungserarbeitung vorzubeugen. War dies jedoch nicht gegeben oder die Beteiligten über die Möglichkeit einer solchen Einigung nicht informiert, kann der zuständige Richter nach § 278 Abs. 5 ZPO auch im Laufe eines Gerichtsverfahrens eine Mediation (Güteverfahren) anordnen. Hierfür übergibt er den Fall an einen neutralen Richterkollegen, der dann als Mediator tätig wird. Es entstehen dabei keine zusätzlichen Gerichts- oder Anwaltskosten.
Wichtig ist, dass der richterliche Mediator sich ausschließlich der konstruktiven Lösungsfindung widmet.
Er erteilt demnach keinen rechtlichen Rat und beurteilt ebenso wenig die mögliche Aussicht bei Wiederaufnahme des Verfahrens.
Für die Dauer der Mediation wird das eigentliche Gerichtsverfahren demnach übereinstimmend ausgesetzt. Kann der Konflikt übereinstimmend beigelegt werden, endet das Gerichtsverfahren mit eben dieser Vereinbarung; dies kann eine übereinstimmende Erledigungserklärung, eine Klagerücknahme, einen gerichtlichen Vergleich oder eine Rücknahme von Rechtsmitteln bedeuten.
Ist die Mediation jedoch nicht erfolgreich, wird das ursprüngliche Verfahren wieder aufgenommen und vom gesetzlichen Richter weiter geführt. Die Details der Mediation dürfen dabei nicht weitergetragen werden, um eine nachträgliche Beeinflussung des Rechtsstreits zu vermeiden.
Bei der Mediation handelt es sich also um ein Konfliktlösungsverfahren, das wesentlich von der Bereitschaft der Teilnehmer abhängt.
Gelingt es diesen, sich zu einigen, so ist nicht nur das Verfahren weniger destruktiv abgelaufen als eventuell eine Gerichtsverhandlung, sondern es ist außerdem die Grundlage für eine weitere, friedliche Zusammenarbeit der beteiligten Parteien gegeben.
Aus diesen Gründen gilt die Mediation als überaus erfolgreich: Die Einigungsquote liegt statistisch bei 70-90%.