I. Grundlegende Prüfungsinhalte
Unwirksamkeitsgründe gibt es zahlreiche. Die häufigsten sind der starre Fristenplan und eine Formularklausel, welche eine Endrenovierung unabhängig vom Zeitpunkt der letzten Renovierung und vom Zustand verlangt. Aber auch eine Klausel, die den Mieter zwingt Schönheitsreparaturen allein durch Fachhandwerker durchführen zu lassen, ist unwirksam. Selbst die Verpflichtung die Wohnung in „weiß gestrichen“ zurückzugeben ist unwirksam, da der Mieter hinsichtlich der Farbwahl unangemessen eingeengt wird (BGH, NJW 2011, 514). Auch beige und andere helle Töne müssen möglich sein.
Tipp: Lies dir zunächst den Überblicksartikel zum Mietrecht (§§ 535 ff. BGB) durch.
Die AGB-Kontrolle der Schönheitsreparaturklausel bildet aber nur den kleinen Kern der Prüfung. Drumherum ranken sich zahlreiche weitere Ansprüche und mit ihnen verbundene Fragen:
Haftet der Vermieter auf Schadensersatz aus c.i.c. gem. §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB?
- In den meisten Fällen wohl mangels Verschulden nicht. Insbesondere wenn der Vermieter einen Formularmietvertrag nutzte, der Mietvertrag schon vor mehreren Jahren geschlossen wurde und der BGH die Schönheitsreparaturklausel erst nach Mietvertragsschluss für unwirksam erklärte.
Besteht ein Anspruch aus §§ 539, 677, 683 S. 1, 670 BGB?
- Hier stellt sich die Frage, ob die Renovierung durch den Mieter ein objektiv fremdes Geschäft darstellt, bei dem der Fremdgeschäftsführungswille vermutet wird oder vielmehr ein eigenes Geschäft mit Eigengeschäftsführungswillen.
- Der BGH verneint das „fremde Geschäft“ und mithin den Anspruch aus §§ 539, 677, 683 S. 1, 670 BGB (BGH, NJW 2009, 2590). Ein Mieter der aufgrund einer vermeintlichen vertraglichen Verpflichtung Schönheitsreparaturen in der Mietwohnung vornimmt, führe kein Geschäft des Vermieters, sondern werde nur im eigenen Rechts- und Interessenkreis tätig.
Macht man sich klar, dass die Abwälzung von Schönheitsreparaturen, die grundsätzlich Pflicht des Vermieters sind, sich in einem günstigeren Mietzins für den Mieter widerspiegelt, so lässt sich dies gut vertreten. Er löst die Fallkonstellation dann über §§ 812 I 1 Alt. 1, 818 II BGB.
Tipp: Eine ausführliche Lösung findet sich in diesem ZJS-Artikel.
II. Verjährung der Schönheitsreparaturklausel
Am Ende der Klausur stellt sich, soweit man der Lösung des BGH folgt, die Frage, ob die bereicherungsrechtlichen Ansprüche auch der kurzen Verjährung des § 548 II BGB von 6 Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses unterliegen. Verneinte Barudi dies noch mit guten Argumenten und mit Verweis auf zahlreiche Vertreter, hat der BGH im Urteil v. 4.5.2011 – VIII ZR 195/10, NJW 2011, 1866 nunmehr die Verjährung des § 548 II BGB auch auf bereicherungsrechtliche Ansprüche in dieser Konstellation erstreckt:
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass § 548 Abs. 2 BGB auf derartige Ansprüche des Mieters weder direkt noch analog Anwendung finde, sondern die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren maßgeblich sei.
Dies wird vor allem damit begründet, dass § 548 Abs. 2 BGB die kurze Verjährung nur für Ansprüche des Mieters wegen Aufwendungen, im Sinne freiwilliger Vermögensopfer, anordne. Für Schadensersatzansprüche sowie für Bereicherungsansprüche aufgrund einer Leistungskondiktion gelte die Vorschrift nicht. Es bestehe auch kein Anlass, die Position des vertragstreuen Mieters zu schwächen, der in Unkenntnis der Unwirksamkeit der vom Vermieter verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Renovierung ausgeführt habe.
Im Übrigen ergebe sich ein Wertungswiderspruch, weil für Ersatzansprüche des Mieters wegen nachvertraglich getätigter Aufwendungen die Regelverjährung anzuwenden sei. Schließlich wird darauf hingewiesen, dass die Rechtsfolge des § 548 Abs. 2 BGB nicht auf Ersatzansprüche des Mieters für während der Mietzeit vorgenommene Schönheitsreparaturen passe, die am Ende des Mietverhältnisses bereits abgewohnt seien.
Die auch vom Berufungsgericht vertretene Gegenmeinung sieht Schönheitsreparaturen als „Aufwendungen“ im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB an und wendet deshalb auf daraus resultierende Ersatzansprüche die kurze Verjährung an.
Diese Auffassung stellt vor allem auf den Zweck des § 548 BGB ab, der auf eine möglichst schnelle Klärung der wechselseitigen Ansprüche im Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache gerichtet sei. Der Begriff der Aufwendung sei deshalb weit zu verstehen und erfasse sämtliche vermögenswerte Maßnahmen, die den Bestand der Mietsache erhalten, wiederherstellen oder verbessern.
Der letztgenannten Ansicht gebührt der Vorzug. Der Senat hat bereits zu § 558 BGB aF, der Vorgängervorschrift des jetzigen § 548 BGB, entschieden, dass mit dem damals verwendeten Begriff der „Verwendungen“ alle Aufwendungen zu verstehen sind, die das Grundstück in seinem Bestand verbessern […]. Für den Begriff der „Aufwendungen“ im jetzigen § 548 BGB gilt nichts anderes, da mit der entsprechenden Änderung durch das Mietrechtsreformgesetz keine inhaltliche Änderung beabsichtigt war.
Vom Mieter durchgeführte Schönheitsreparaturen dienen der Verbesserung der Mietsache und sind deshalb Aufwendungen im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB. Ansprüche, die der Mieter wegen der Durchführung solcher Arbeiten gegen den Vermieter erhebt, fallen somit unter die kurze Verjährung des § 548 Abs. 2 BGB. Auf die rechtliche Einordnung des vom Mieter geltend gemachten Anspruchs kommt es dabei nicht an. […]
Die kurze Verjährung des § 548 Abs. 2 BGB findet ihre Rechtfertigung zum einen darin, dass nach Beendigung des Mietverhältnisses alsbald Klarheit über bestehende Ansprüche im Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache erreicht werden soll.
Zum anderen dient die in § 548 Abs. 2 BGB getroffene Spezialregelung auch dem Zweck, das laufende Mietverhältnis nicht unnötig mit Auseinandersetzungen zu belasten […].
Hieraus folgt, dass sämtliche Ansprüche, die der Mieter wegen der Durchführung von Schönheitsreparaturen gegen den Vermieter erhebt, nach § 548 BGB und nicht nach §§ 199, 195 BGB verjähren, mithin auch der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 BGB (Leistungskondiktion), der dem Mieter, der aufgrund einer unwirksamen Vertragsklausel renoviert hat, nach der Rechtsprechung des Senats zusteht […].