Nichtanzeige geplanter Straftaten, § 138 StGB

Nichtanzeige geplanter Straftaten, § 138 StGB

Bei der Nichtanzeige geplanter Straftaten gemäß § 138 StGB handelt es sich um ein echtes Unterlassungsdelikt. Obwohl der Tatbestand zunächst unübersichtlich aussieht, kann er sehr systematisch durchgeprüft werden. Der folgende Beitrag verdeutlicht, worauf bei § 138 StGB zu achten ist.8
Nichtanzeige geplanter Straftaten
Lecturio Redaktion

·

20.02.2024

·

Inhalt

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I. Geschützte Rechtsgut und Zielsetzung des § 138 StGB

§ 138 StGB schützt diejenigen Rechtsgüter, die durch die hier genannten Katalogtaten bedroht sind. Zusätzlich erachten manche die Rechtspflege als geschützt.

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Der Zweck des § 138 StGB ist nicht die Pönalisierung einer in der Nichtanzeige zutage getretenen gemeinschaftswidrigen Gesinnung, sondern die Verhütung verbrecherischer Erfolge.

Eine Anzeigepflicht besteht nur dann, wenn weiterer Schaden durch eine Anzeige möglicherweise verhindert werden kann. Steht fest, dass auch durch Anzeige eine Verhütung der Tat nicht möglich wäre, so besteht grundsätzlich keine Anzeigepflicht.

II. Schema des § 138 StGB

Das folgende Prüfungsschema verdeutlicht die einzelnen Prüfungsschritte des § 138 StGB:

  • I. Tatbestand
  • 1. Objektiver Tatbestand
    • a) Die Tatsituation
    • aa) Vorhaben oder Ausführung einer Katalogtat gem. § 138 Abs. 1 oder 2 StGB
    • bb) Glaubhafte Kenntnis
    • cc) Zu einem Zeitpunkt, in dem die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann
    • dd) durch eine Person, die weder der ausschließlich Bedrohter noch Beteiligter an geplanter Tat ist und nicht die Voraussetzungen des § 139 Abs. 2, Abs. 3 erfüllt
    • b) Die Tathandlung
    • aa) Unterlassen der Anzeige
    • bb) gegenüber der Behörde oder dem Bedrohten (nur bei § 138 Abs. 1 StGB)
    • cc) rechtzeitig (bei § 138 Abs. 1 StGB) bzw. unverzüglich (bei  § 138 Abs. 2 StGB)
    • dd) keine Verhinderung der Tat, § 139 Abs. 4 StGB
  • 2. Subjektiver Tatbestand
    Vorsatz bzgl. der Tatsituation und Vorsatz oder Leichtfertigkeit (§ 138 Abs. 3 StGB) bzgl. der Tathandlung
  • II. Rechtswidrigkeit
  • III. Schuld
  • IV. Absehen von Strafe, § 139 Abs. 1 StGB

III. Tatsituation des § 138 StGB

1. Vorhaben oder Ausführung einer Katalogtat, § 138 Abs. 1, Abs. 2 StGB

Als erste Voraussetzung muss ein Vorhaben oder die Ausführung einer Katalogtat im Sinne des § 138 StGB vorliegen.

Definition: Der Begriff Vorhaben meint den ernstlichen Plan, eine Tat zu begehen, die in ihren wesentlichen Umrissen bereits festgelegt ist.

Definition: Bei der Ausführung handelt es sich um die Umsetzung der tatbestandlichen Handlung vom Versuchsstadium bis hin zur Beendigung.

Im Rahmen des § 138 Abs. 1 StGB sind dies unter anderem die Vorbereitung eines Angriffskrieges (§ 138 Abs. 1 Nr. 1 StGB), Mord und Totschlag (§ 138 Abs. 1 Nr. 5 StGB) sowie Raub und räuberische Erpressung (§ 138 Abs. 1 Nr. 7 StGB).

Dagegen umfasst § 138 Abs. 2 StGB nur die Ausführung der Vorbereitung  einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89a StGB und die Vorbereitung bzw. Ausführung der Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129a StGB (auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 S. 1, 2 StGB). Diese sind im Examen jedoch von geringerer Relevanz.

2. Glaubhafte Kenntnis

Daneben muss der Täter glaubhafte Kenntnis von dem Vorhaben oder der Ausführung erhalten.

Definition: Eine solche liegt vor, wenn der Täter an sie glaubt und demzufolge ernsthaft von der Realisierung der Tat ausgeht.

Diese Kenntnis muss der Täter zu einer Zeit erlangen, zu der die Ausführung bzw. der Erfolg der Tat noch abgewendet werden kann.

3. Person ist weder Bedrohter noch Beteiligter

Schließlich darf der Betroffene nicht der alleinige Bedrohte der geplanten Tat sein. Dies ergibt sich daraus, dass der Anzeigepflicht zumindest im Rahmen des § 138 Abs. 1  StGB Genüge getan wird, wenn die Anzeige gegenüber dem Bedrohten erfolgt.

Umstritten ist, ob auch einen Beteiligten an der Katalogtat die Anzeigepflicht trifft.

Hiergegen spricht zum einen, dass eine solche Pflicht in vielen Fällen gegen das Selbstbegünstigungsprinzip verstoßen würde. Daneben ist bereits fraglich, ob bei einem Beteiligten überhaupt von einem „Erfahren“ von der Tat gesprochen werden kann, wie es § 138 StGB voraussetzt.

Kann nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, ob es sich bei dem potenziellen Täter um einen Beteiligten an der Haupttat handelt, wurde in der früheren Rechtsprechung der in dubio pro reo-Grundsatz zweimal angewandt: Einmal bezogen auf die Katalogtat und einmal bezüglich § 138 StGB.

Der BGH hat dies inzwischen jedoch für nicht notwendig erklärt und in diesem Zusammenhang auf das „normativ-ethische Stufenverhältnis“ zwischen § 138 StGB und den aufgezählten Katalogtaten verwiesen. Nimmt man ein solches an, ist der Täter im Zweifel gemäß § 138 StGB zu bestrafen.

Nicht zur Anzeige verpflichtet ist außerdem ein Geistlicher hinsichtlich Dingen, die ihm in seiner Eigenschaft als Seelsorger anvertraut wurden, § 139 Abs. 2 StGB. Darüber hinaus sind gemäß § 139 Abs. 3 S. 1 StGB Personen straffrei, die eine Anzeige unterlassen, die sie gegen einen Angehörigen erstatten müssten, wenn sie sich ernsthaft bemüht haben, ihn von der Tat abzuhalten oder den Erfolg abzuwenden. Dies gilt allerdings nicht für Mord und Totschlag und andere Delikte, die in § 139 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 – 3 beschrieben sind.

Gemäß § 139 Abs. 3 S. 2 StGB sind Rechtsanwälte, Verteidiger und einige weitere Berufsgruppen unter denselben Voraussetzungen nicht verpflichtet anzuzeigen, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden ist. Auch ihre berufsmäßigen Gehilfen trifft laut § 139 Abs.3 S. 3 StGB keine Pflicht mitzuteilen, was ihnen in ihrer beruflichen Eigenschaft bekannt geworden ist.

IV. Die Tathandlung des § 138 StGB

Der Täter muss außerdem die Anzeige unterlassen. § 138 Abs. 1 StGB verlangt die Anzeige gegenüber der Behörde oder dem Bedrohten. § 138 Abs. 2 StGB lässt demgegenüber nur eine Anzeige gegenüber der Behörde zu.

Definition: Behörde meint in diesem Zusammenhang eine staatliche Dienststelle, deren Aufgabengebiet die Verhütung von Verbrechen umfasst (z.B. die Polizei).

Definition: Der Bedrohte ist die Person, gegen die sich die geplante Straftat richten soll.

Im Rahmen des § 138 Abs. 1 StGB muss dabei rechtzeitig, innerhalb des § 138 Abs. 2 StGB hingegen unverzüglich, Anzeige erstattet werden.

Definition: Rechtzeitig bedeutet, dass noch genügend Zeit vorhanden sein muss, um die zu befürchtende Rechtsgutverletzung abzuwenden.

Definition: Die Anzeige wird unverzüglich erstattet, wenn dies ohne schuldhaftes Zögern geschieht.

Schließlich führt es gemäß § 139 Abs. 4 StGB zu einem Ausschluss des objektiven Tatbestandes, wenn der Täter die Ausführung oder den Erfolg der Tat anders als durch Anzeige abwendet. Sein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg abzuwenden, genügt indessen für eine Straflosigkeit, wenn die Ausführung oder der Erfolg der Tat bereits ohne Zutun des zur Anzeige Verpflichteten unterbleibt.

V. Der subjektive Tatbestand des § 138 StGB

Subjektiv muss der Täter mindestens dolus eventualis aufweisen. § 138 Abs. 3 StGB ordnet eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe an, wenn der Täter über glaubhafte Kenntnis hinsichtlich der Katalogtat verfügt, jedoch das Absenden der Anzeige leichtfertig unterlässt.

VI. Absehen von Strafe, § 139 Abs. 1 StGB

Hinzukommend kann das Gericht gemäß § 139 Abs. 1 StGB von Strafe absehen, wenn die Katalogtat nicht versucht worden ist.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

Frank Eilers

Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Experte, TOP-Speaker in Europa und gefragter Business Coach. Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere – sowohl offline in Präsenztrainings als auch online in seiner Argumentorik Online-Akademie mit bereits über 52.000 Teilnehmern. Er vermittelt seinen Kunden nicht nur Tools professioneller Rhetorik, sondern auch effektive Überzeugungstechniken, Methoden für erfolgreiches Verhandeln, professionelles Konfliktmanagement und Techniken für effektives Leadership.

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Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.