I. Rechtmäßiges und rechtswidriges Staatshandeln
Staatliche Ersatzleistungen können sich ergeben, wenn ein Schadensausgleich für rechtmäßiges Handeln des Staates in Betracht kommt. Weiterhin existiert das sog. Staatshaftungsrecht für rechtswidriges Staatshandeln.
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Diese Möglichkeiten des Schadensausgleichs sind im Polizei- und Ordnungsrecht weiter ausgestaltet. Auch hier wird – außer in Bayern – zwischen rechtmäßigen und rechtswidrigen Maßnahmen unterschieden.
Bei schuldhaftem Handeln kommt zudem ein Amtshaftungsanspruch gem. §§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG in Betracht.
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Darüber hinaus kommt ein Folgenbeseitigungsanspruch bei polizeilichem Handeln in Betracht.
II. Schadensausgleich für rechtmäßige Maßnahmen
1. Schadensausgleich zugunsten des Nichtstörers
Der Nichtstörer, welcher im polizeilichen Notstand in Anspruch genommen wird, erbringt ein Sonderopfer. Daher steht ihm nach den Polizei- und Ordnungsgesetzen der Länder eine Entschädigung zu.
2. Schadensausgleich zugunsten des Polizeihelfers
Auch Polizeihelfer haben nach vielen Polizeigesetzen einen Entschädigungsanspruch. Dies ergibt sich daraus, dass der freiwillig Handelnde nicht schlechter behandelt werden darf als der Nichtstörer.
In den Ländern, in denen kein solcher Anspruch besteht, lässt sich dieser auch nicht anderweitig herleiten.
3. Schadensausgleich zugunsten des unbeteiligten Dritten
Weiterhin ist in manchen Polizei- und Ordnungsgesetzen ein Ausgleichsanspruch für unbeteiligte Dritte normiert, welche einen Schaden infolge eines rechtmäßigen Polizeihandelns davontragen. Dies gilt zudem für unbeabsichtigte Nebenfolgen.
Diesen Schadensausgleich erhält der Dritte selbst in Ländern, in denen hierzu keine ausdrückliche Regelung besteht, wenn auch umstritten ist, worauf sich jener Anspruch in diesen Fällen stützen soll.
4. Schadensausgleich zugunsten des Störers
Der Störer hat bei einer Inanspruchnahme grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Schadensausgleich. Es gibt allerdings seltene Ausnahmen von diesem Grundsatz.
5. Schadensausgleich zugunsten des Anscheins- und Verdachtsstörers
Folgt man dem subjektiven Gefahrbegriff sind Anscheins- und Verdachtsstörer tatsächliche Störer und sollten daher keinen Entschädigungsanspruch haben. Diese Entschädigungsfrage wird allerdings losgelöst vom Störerstatus betrachtet.
a) Anscheinsstörer
Definition: Eine Anscheinsgefahr liegt vor, wenn objektiv keine Gefahr gegeben ist, aber vertretbar angenommen werden kann.
Der Anscheinsstörer ist somit vergleichbar mit dem Nichtstörer, da tatsächlich keine Gefahr vorliegt und er ein Sonderopfer erbringt. Ihm wird daher ein Entschädigungsanspruch analog zum Nichtstörer zugesprochen.
Dies gilt allerdings nicht, wenn er den Anschein zu verschulden hat. Für die Rechtsprechung genügt es bereits, dass er den Anschein verursacht hat, um den Entschädigungsanspruch entfallen zu lassen.
b) Verdachtsstörer
Definition: Beim bloßen Gefahrenverdacht besteht lediglich die Möglichkeit einer Gefahr.
Findet ein Gefahrerforschungseingriff statt und führt dies zur Entdeckung einer Gefahr, besteht kein Entschädigungsanspruch für den Störer. Zeigt sich allerdings keine Gefahr, gilt dasselbe wie beim Anscheinsstörer.
III. Schadensausgleich für rechtswidrige Maßnahmen
Die meisten Polizei- und Ordnungsgesetze enthalten Ausgleichsregelungen für den Fall rechtswidriger Eingriffe. Auf ein Verschulden kommt es nicht an, solange ein Kausalzusammenhang zwischen der Maßnahme und dem Schaden besteht.
Anspruchsberechtigte können sein: der Nichtverantwortliche, Verantwortliche, denen gegenüber die Polizei rechtswidrig gehandelt hat und Unbeteiligte, welche zufällig von einer rechtswidrigen Polizeimaßnahme betroffen wurden.
Unter den Begriff der Maßnahme fällt praktisch jedes Polizeihandeln, da der Begriff weit ausgelegt wird.
Zum Teil existieren noch speziellere Regelungen, etwa bei Datenverarbeitungsvorgängen. Fehlt es an einer Regelung, kommt dennoch ein Ausgleich über den allgemeinen Aufopferungsanspruch oder den Anspruch des Nichtverantwortlichen analog in Betracht.
IV. Einzelheiten des Schadensausgleichs
1. Inhalt, Art und Umfang des Schadensausgleichs
Der Schadensausgleich stellt lediglich eine Entschädigung dar. Eine Naturalrestitution wird insoweit nicht hergestellt.
Bezüglich immaterieller Schäden bestehen Unterschiede in den einzelnen Bundesländern.
Zumeist wird auch der gewöhnliche Verdienst- oder Nutzungsausfall ausgeglichen.
2. Beschränkung, Ausschluss und Vorteilsausgleichung des Schadensausgleichs
Ein Mitverschulden wird in den meisten Polizeigesetzen miteinberechnet. Hierbei ist entscheidend, inwieweit der Pflichtige ein Verschulden an der Gefahr trägt.
Manche Polizeigesetze bestimmen allerdings, dass die Betroffenen, zu deren Schutz gehandelt wurde, keinen Ausgleichsanspruch haben.
Die Entschädigungspflicht entfällt zudem, wenn der Geschädigte auf eine andere Weise Ausgleich erlangt hat, etwa durch einen zivilrechtlichen Anspruch.
3. Verjährung und Konkurrenzen des Schadensausgleichs
Zumeist ist der Schadensausgleich auf drei Jahre befristet. Selten gilt er nur für ein Jahr. Fehlt es an einer Regelung, gilt die Dreijahresfrist des § 195 BGB.
Der allgemeine Aufopferungsanspruch ist den polizei- und ordnungsrechtlichen Ausgleichsansprüchen nachrangig, da diese die spezielleren Regelungen darstellen. Zur Amtshaftung besteht eine Anspruchskonkurrenz.
4. Anspruchsgegner und Rechtsweg des Schadensausgleichs
Der Anspruchsgegner, d.h. der Entschädigungsverpflichtete, ist die Körperschaft, in deren Dienst der Beamte steht. Bei Polizisten ist dies das Land oder der Bund, bei einem Ordnungsbeamten die kommunale Körperschaft.
Für vermögensrechtliche Ansprüche aus der Aufopferung ist gem. § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO der Rechtsweg eröffnet. Allerdings haben fast alle Länder gem. § 40 Abs. 1 S. 2 VwGO dies speziell festgehalten.