I. Sachverhalt (vgl. NJW 2013, 2959 ff.)
K (Spediteur) und B (Verkäufer von Kraftstoffen) schlossen einen Kaufvertrag über die Lieferung von 2 Mio. Liter Biodiesel zu einem Preis von 66 €/100 l. Als Lieferungszeitraum wurde der 16.04.2008 bis 30.09.2008 bestimmt. Im April und Mai erfolgte eine Lieferung von 355.495 l Biodiesel an K. Am 04.06.2008 teilte die B der K mit, dass ihre Lieferantin wegen Insolvenz die Belieferung mit Biodiesel eingestellt habe und B nun deswegen die Lieferung an die K einstellen müsse. Die B könne Biodiesel daher nur noch zu Tagespreisen erwerben. B war nicht mehr bereit, K zu beliefern.
K deckte sich daher im Zeitraum vom 29.05.2008 bis zum 30.09.2008 mit Diesellieferungen anderer Lieferanten ein. Wegen gestiegenem Biodieselpreis entstanden Mehrkosten in Höhe von 475.085,58 €. K begehrt Ersatz wegen nicht rechtzeitiger Erfüllung des Kaufvertrags seitens der B und der aus dem Deckungskauf resultierenden Mehrkosten.
Hinweis: B wurde im Vorprozess verurteilt, an K die ausstehenden Lieferungen (1655.505 l Biodiesel) Zug-um-Zug gegen Zahlung von 1.582.789,90 € vorzunehmen. Dies geschah auch.
II. Kurz-Analyse des BGH
K hat B im Vorprozess auf Erfüllung des Kaufvertrags erfolgreich in Anspruch genommen. Daher kann es in dieser Entscheidung nur um die Frage gehen, ob die Mehrkosten des eigenen Deckungskaufs neben der Erfüllung als Verzögerungsschaden ersetzbar sind. (NJW 2013, 2959)
III. Meinungsstand im Schriftentum
Es wird vertreten, die Kosten des Deckungskaufs seien als Verzögerungsschaden einzuordnen, wenn der Käufer das Deckungsgeschäft vor Erlöschen des Erfüllungsgeschäfts tätige. Schadenersatz statt der Leistung umfasse lediglich den Schaden, der durch das endgültige Ausbleiben der Leistung verursacht wurde. Demnach ergibt sich, dass die Mehrkosten des Deckungsgeschäfts nicht automatisch neben den Erfüllungsanspruch treten können.
Eine andere Ansicht legt dar, ein Deckungskauf sei, solange der Käufer noch Erfüllung verlangen könne, nicht als Verzögerungsschaden zu berücksichtigen. Eine Verlagerung der Folgen des Deckungskaufs auf den Schuldner liefe dem Regelwerk der §§ 280 ff. BGB entgegen. Sinn sei es, die Gläubiger- und Schuldnerinteressen in Ausgleich zu bringen.
Folglich sei anzunehmen, dass der Verursachungsbeitrag des Gläubigers mittels vorzeitiger Tätigung des Deckungskaufs den Verursachungsbeitrag des Schuldners durch die Verzögerung derart überwiege, dass gem. § 254 BGB ein Schadenersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB gänzlich ausscheide.
Wiederum andere Stimmen vertreten die Ansicht, der Schaden beruhe nicht unmittelbar auf der Verzögerung. Vielmehr trete mittels Deckungskauf eine Handlung des Geschädigten dazwischen, wodurch der Verzögerungsschaden verursacht werde. Dies sei ein Fall psychisch vermittelter Kausalität. Kausalität sei lediglich dann zu bejahen, wenn sich der Geschädigte gerechtfertigter Weise dazu bewogen gefühlt hat, ein abschließendes Deckungsgeschäft vorzunehmen.
Dies liege vor, wenn die Voraussetzungen des Anspruchs auf Schadenersatz statt der Leistung zum Zeitpunkt der Tätigung des Deckungskaufs gegeben seien und die Nachfristsetzung bereits erfolglos abgelaufen sei.
Die herrschende Meinung sieht die Mehrkosten eines Deckungskaufs nur dann als Schaden statt der Leistung ersatzfähig, wenn die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB vorliegen.
Mithin verlange der Käufer durch Geltendmachung der Kosten des Deckungskaufs den Schaden wegen Ausbleibens der geschuldeten Leistung, nicht hingegen den Begleitschaden wegen Verzögerung der Leistung.
Der Deckungskauf ist eine endgültige Ersetzung der einst vereinbarten Leistung. Daher könne nur ein Schaden statt der Leistung vorliegen. Durch den Deckungskauf stelle der Gläubiger den Zustand her, der bestünde, wenn der Schuldner ordnungsgemäß geleistet hätte.
IV. Entscheidung des BGH
Der Senat folgt der herrschenden Meinung. Daher scheidet die Geltendmachung der Mehrkosten des Deckungskaufs durch den Käufer als Verzögerungsschaden gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB aus. Die Kosten des Deckungskaufs stehen als Schaden anstelle der Leistung. Dieser Schadensersatz unterliegt den Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB. Eine Geltendmachung neben der Vertragserfüllung kann nicht beansprucht werden.