Die Streitverkündung, §§ 72 ff. ZPO

Die Streitverkündung, §§ 72 ff. ZPO

Möchte die Hauptpartei eines Prozesses die Beteiligung eines Dritten in einem Rechtsstreit herbeiführen, kann sie dies durch die Streitverkündung (§§ 72 ff. ZPO) erreichen. Der folgende Artikel erläutert die Voraussetzungen der Streitverkündung und ihr Verhältnis zur Nebenintervention.
Streitverkündung
Lecturio Redaktion

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30.01.2024

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Inhalt

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I. Allgemeines zur Streitverkündung

Die Hauptpartei eines Prozesses kann durch die Streitverkündung, eine an eine bestimmte Form gebundene Mitteilung (förmliche Zustellung) an einen Dritten, erreichen, dass der Dritte Beteiligter des Prozesses wird.

Die Streitverkündung ist in den §§ 72 bis 74 ZPO geregelt. Das Interesse der Hauptpartei daran, dass der Dritte Beteiligter des Prozesses und sein Streithelfer wird, kann vielfältig sein.

Einerseits ist der Dritte oft des Sachverhalts besser kundig und zum anderen tritt zu Gunsten der Hauptpartei die Interventionswirkung im Falle des Prozessverlustes ein, welche darin besteht, dass sich die tatsächlichen Fragestellungen und rechtlichen Beurteilungen im laufenden Prozess bindend auf den Dritten im Folgeprozess erstrecken (§§ 74 III, 68 ZPO).

Die Streitverkündung bezweckt demnach überwiegend, neben materiellrechtlichen Folgen (z.B. Verjährungshemmung gem. § 204 I Nr. 6 BGB), die Herbeiführung der Interventionswirkung gem. §§ 74 III, 68 ZPO. Gemeint ist, dass die tragenden tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Beurteilungen im laufenden Prozess – dem sog. Vorprozess – bindend auf den Dritten im Folgeprozess erstrecken!

Der Dritte kann sich entscheiden, ob er der Hauptpartei als Nebenintervenient beitreten will oder nicht. Tritt er bei, kommt es zur Nebenintervention und der Interventionswirkung (§§ 74 I ZPO, 68 ZPO). Tritt der Dritte nicht ein, kommt es jedoch auch zu der Interventionswirkung. Diese Wirkung herbeizuführen ist das hauptsächliche Ziel der Streitverkündung. Eine Entscheidungsdivergenz wird dadurch vermieden.

II. Verhältnis zum Dritten bei der Streitverkündung

Laut § 72 I ZPO:

(1) Eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ausganges des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt, kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits dem Dritten gerichtlich den Streit verkünden.

kann eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ausganges des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt, bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits dem Dritten gerichtlich den Streit verkünden.

Diese Formulierung weicht deutlich von § 66 ZPO, der Nebenintervention, ab. Dennoch kann die Hauptpartei grundsätzlich einem nach § 66 ZPO Beitrittsberechtigten den Streit verkünden. Ab Beitritt gelten die Vorschriften der Nebenintervention entsprechen, § 74 I ZPO.

III. Haupt- und Folgeprozess bei der Streitverkündung

Die Streitverkündung beeinflusst den Hauptprozess, abgesehen von der Zustellung der Streitverkündungsschrift und deren Erwähnung im Urteil, nicht. Der Streitverkündungsempfänger wird kein Prozessbeteiligter, ihm können auch keine Kosten auferlegt werden.

Im Erstprozess erfolgt die Streitverkündung durch Schriftsatz, der dem Dritten von Amts wegen durch das Gericht zuzustellen ist (§ 73 ZPO). Nicht geprüft wird, ob die Voraussetzungen des § 72 ZPO vorliegen.

Mit der Zustellung tritt eine materiell-rechtliche Hemmung der Verjährung ein (§ 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB). Bezüglich des Handelsrechts werden durch die Zustellung die Gewährleistungsrechte gemäß § 414 Abs. 3, § 423, § 439 HGB gewahrt.

Gemäß § 74 ZPO äußert die Streitverkündung im Folgeprozess Interventionswirkung. Im Falle der Streitverkündung greift die Interventionswirkung nach herrschender Meinung nur zugunsten des Streitverkünders, nicht zu seinen Lasten (BGHZ 100, 257, 260). Im Folgeprozess muss freilich auch geprüft werden, ob die Voraussetzungen der Streitverkündungswirkung nach § 72 f. ZPO vorliegen.

IV. Übersicht Streitverkündung und Nebenintervention

 StreitverkündungNebenintervention
ZweckBenachrichtigung eines Dritten von einem anhängigen RechtsstreitStreitverkündender Dritter kann beitretenBindung des Dritten an Prozessergebnisse ohne Rücksicht auf den BeitrittBeteiligung eines Dritten am Rechtsstreit bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses des Dritten
Voraussetzungen§ 72 ZPO:Anhängiger RechtsstreitStreitverkünder glaubt, im Falle des Prozessverlusts einen Regressanspruch zu haben oder befürchtet einen solchen§ 66 ZPO:Anhängiger RechtsstreitRechtliches Interesse am Sieg der Hauptpartei
WirkungenMit Beitritt Nebenintervenient (§ 74 I ZPO)Interventionswirkung ohne Rücksicht auf Beitritt (§§ 74 III, 68 ZPO)§ 67 ZPO: Beteiligung im anhängigen Rechtsstreit§ 68 ZPO: Interventionswirkung im Folgeprozess

V. Streitverkündung im Urteil

Besonders im zweiten Staatsexamen gewinnt die Streitverkündung an Relevanz. Die Streitverkündung hat für den aktuell laufenden Prozess, in dem sie erklärt wird jedoch zunächst keinerlei prozessuale oder materiellrechtliche Auswirkungen.  Demnach wird sie auch nicht im Tenor erwähnt, dem Dritten nichts zu- oder aberkannt. Im Tatbestand wird sie nicht erwähnt, weil der Vortrag keine Partei betrifft.

Liegt ein Beitritt vor, ist die Streitverkündung überholt und es gelten dann die Regeln zur Nebenintervention. Das bedeutet:

  1. Der Nebenintervenienten ist in der Kostentscheidung zu berücksichtigen (§ 101 ZPO) und demnach im Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit.
  2. Er kann selbstständig  Anträge stellen und eigenen Parteivortrag bringen. Dies ist im Tatbestand zu berichten.

VI. Kosten und Gebühren bei der Streitverkündung

Gerichtskosten werden durch die Streitverkündung nur in Form von Zustellgebühren verursacht. Diese hat der Streitverkünder zu tragen. Sie gehören nicht zu den Kosten des Rechtsstreits, § 91 ZPO. Ferner entstehen keinerlei zusätzliche Rechtsanwaltsgebühren, da die Streitverkündung (§§ 72ff. ZPO) mit der Verfahrensgebühr abgegolten ist.

Weiterhin ist zu beachten, dass für den Streitverkündungsempfänger keine Kosten entstehen, solange er dem Rechtsstreit nicht beitritt. Nach Beitritt gilt § 101 ZPO.

Quelle

  • Grunsky/Jacoby, Zivilprozessrecht, 14. Auflage, München 2014.

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Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

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Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

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Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.