Tatbestandsausschließendes Einverständnis und rechtfertigende Einwilligung

Tatbestandsausschließendes Einverständnis und rechtfertigende Einwilligung

Im herkömmlichen Sprachgebrauch vermag man keinen wirklichen Unterschied zwischen einem Einverständnis und einer Einwilligung auszumachen. Ganz anders sieht es dagegen im juristischen Bereich aus, da beide Zustimmungsakte jeweils andere Rechtsfolgen nach sich ziehen. Nachfolgend wird an Hand von Beispielen und dem passenden Prüfungsschema aufgezeigt, welche Konsequenzen diese beiden Rechtsinstitute haben und wie Sie am besten mit Ihnen umgehen.
Tatbestandsausschließendes Einverständnis und rechtfertigende Einwilligung
Lecturio Redaktion

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26.01.2024

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Inhalt

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A. Die Vorfrage: Einverständnis oder Einwilligung?

Nach herrschender Meinung schließt das Einverständnis den Tatbestand aus, wohingegen eine Einwilligung die Tat erst rechtfertigt. Demnach ist das Vorliegen eines Einverständnisses im Rahmen des objektiven Tatbestands zu prüfen, wohingegen die Einwilligung erst auf der Ebene der Rechtswidrigkeit relevant wird.

Einverständnis oder Einwilligung
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Teilweise wird auch die Ansicht vertreten, dass die Einwilligung bereits den Tatbestand ausschließe. Hiergegen spricht allerdings schon der Wortlaut des § 228 StGB. Danach handelt derjenige rechtswidrig, der eine Körperverletzung mit Einwilligung der betroffenen Person vornimmt, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt. Demnach ist der Ansicht nicht zu folgen.

Das tatbestandsausschließende Einverständnis kann außerdem nur bei Delikten angenommen werden, die ein Vorgehen gegen oder ohne den Willen des Opfers erfordern, also bereits ein solches als Tatbestandsmerkmal aufweisen. Dies kann sich aus dem Wortlaut oder aber aus der Art des jeweiligen Delikts ergeben. Anderenfalls ist nur eine rechtfertigende Einwilligung möglich.

Tatbestandsausschließendes Einverständnis und rechtfertigende Einwilligung
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B. Das tatbestandsausschließende Einverständnis

Die Voraussetzungen des tatbestandsausschließenden Einverständnisses hängen im Einzelnen von denen des jeweiligen Tatbestands ab. Die folgenden Punkte können Ihnen jedoch als Orientierung dienen:

tatbestandsausschließende Einverständnis
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I. Vorgehen gegen oder ohne den Willen des Opfers

Es muss ein Delikt in Frage stehen, das ein Vorgehen gegen oder ohne den Willen des Opfers erfordert. Dies ist beispielsweise bei der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB), der Nötigung (§ 240 StGB), dem Diebstahl (§ 242 Abs. 1 StGB) und dem Hausfriedensbruch („Eindringen“, § 123 StGB) der Fall.

II. Zeitpunkt und Unerheblichkeit der Kundgabe des Einverständnisses

Das Einverständnis muss nicht ausdrücklich erklärt werden. Dennoch muss es bei Tatbeginn vorgelegen haben.

III. Natürliche Willensfähigkeit des Betroffenen und Unerheblichkeit von Willensmängeln

Das Einverständnis ist tatsächlicher Art. Deshalb ist nur die natürliche Willensfähigkeit des Betroffenen relevant. Es muss freiwillig zustande gekommen sein. Unerheblich ist dabei grundsätzlich, ob es aufgrund von Willensmängeln des Zustimmenden erteilt wurde. Nur wenn ein listiges Verhalten zur Erfüllung eines Tatbestands führt, hat das durch Täuschung erlangte Einverständnis keine tatbestandsausschließende Wirkung. Dies ist etwa im Rahmen des § 237 Abs. 2 StGB der Fall.
Sofern der Täter fälschlicherweise von einem tatbestandsausschließenden Einverständnis ausgeht, dieses aber in Wirklichkeit nicht vorliegt, unterliegt er einem Tatbestandsirrtum nach § 16 Abs. 1, S. 1 StGB. In diesem Fall kann er nur aufgrund einer fahrlässigen Tat bestraft werden. Ist dagegen das Einverständnis des Opfers gegeben, weiß der Täter aber hiervon nichts, kommt eine Strafbarkeit wegen untauglichen Versuchs in Betracht.

Bei den folgenden examensrelevanten Delikten kommt ein tatbestandausschließendes Einverständnis in Betracht:

examensrelevante Delikten
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C. Die rechtfertigende Einwilligung

Hinsichtlich der Einwilligung kann man zunächst festhalten, dass sie nicht im Gesetz geregelt ist. §§ 216 und 228 StGB befassen sich zwar mit der Thematik, es werden aber nur die Grenzen der Einwilligung aufgezeigt.

rechtfertigende Einwilligung
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In der Prüfung empfiehlt sich die Anwendung dieses Schemas:

Schema: Rechtfertigende Einwilligung

  1. Disponibilität des betroffenen Rechtsgut
  2. Dispositionsbefugnis des Einwilligenden
  3. Einwilligungsfähigkeit
  4. Einwilligungserklärung
  5. Keine beachtlichen Willensmängel
  6. Subjektives Rechtfertigungselement: Handeln des Täters in Kenntnis der Einwilligung

I. Disponibilität des betroffenen Rechtsguts

Der Einwilligende muss über das betroffene Rechtsgut verfügen können. Dies ist bei Rechtsgütern der Allgemeinheit nicht der Fall. Als Beispiel kann für ein Rechtsgut der Allgemeinheit die Sicherheit des Straßenverkehrs genannt werden. Die Disponibilität ist außerdem durch § 216 StGB und § 228 StGB eingeschränkt. § 216 StGB behandelt die Tötung auf Verlangen und bestimmt, dass diese nicht straffrei ist. § 228 StGB legt fest, dass eine Körperverletzung nicht einwilligungsfähig ist, wenn sie gegen die guten Sitten verstößt.

II. Dispositionsbefugnis des Einwilligenden

Darüber hinaus muss der Einwilligende selbst auch verfügungsbefugt hinsichtlich des Rechtsguts sein. Dies ist der Fall, wenn er selbst der Inhaber oder ein Stellvertreter des Rechtsgutinhabers ist. Eine Stellvertretereigenschaft kann dabei zum Beispiel die Eltern betreffen.

III. Einwilligungsfähigkeit

Nach herrschender Meinung ist derjenige einwilligungsfähig, der aufgrund seiner geistigen und sittlichen Reife die Tragweite und Bedeutung des Eingriffs erkennen und sachgerecht beurteilen kann, wobei dies anhand des individuellen Einzelfalls zu entscheiden ist. Feste Altersgrenzen verbieten sich dagegen. Ist der Betroffene nicht einwilligungsfähig, kommt es stattdessen auf die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters an, wobei dies im Falle existenzieller Entscheidungen, wie etwa bei der Organspende, ausgeschlossen sein soll .

IV. Einwilligungserklärung

Hinzukommend muss die Einwilligung auch ausdrücklich oder konkludent vor der Tat erklärt werden. Vor allem muss sie auch während der Tat noch bestehen. Eine nachträgliche Genehmigung hat demgegenüber keine Bedeutung. Außerdem muss sie nach herrschender Ansicht nicht an den Täter gerichtet oder ihm zugegangen sein .

V. Keine beachtlichen Willensmängel

Ferner dürfen der Einwilligung keine beachtlichen Willensmängel anhaften. Nach herrschender Meinung sind bloße Motivirrtümer unbeachtlich. Die Einwilligung ist aber unwirksam, wenn sie durch „Täuschung, Drohung oder Gewalt“ erlangt wurde. Dieser Punkt wird häufig bei ärztlichen Heileingriffen relevant. Damit der Patient wirksam in diese einwilligen kann, muss der Arzt ihn vorher ordnungsgemäß aufgeklärt haben.

VI. Subjektives Rechtfertigungselement: Handeln des Täters in Kenntnis der Einwilligung

Schließlich muss der Täter auch in Kenntnis der Einwilligung agieren. Damit wird auch im Rahmen der Einwilligung ein subjektives Rechtfertigungselement verlangt. Umstritten ist die Strafbarkeit des Täters, wenn er in Unkenntnis der erklärten Einwilligung handelt. Nach einer Ansicht komme in diesem Fall nur eine Vollendungsstrafbarkeit in Betracht. Die andere Ansicht möchte hingegen die Versuchsregeln analog anwenden. Gegen die erste Ansicht spricht dabei, dass durch die wirksam erklärte Einwilligung das Erfolgsunrecht entfällt. Demnach ist eine Bestrafung wegen Versuchs angemessen.

Geht der Täter dagegen irrtümlich von einer nicht vorhandenen Einwilligung aus, liegt ein Erlaubnistatbestandsirrtum vor. Nach der rechtsfolgenverweisenden eingeschränkten Schuldtheorie entfällt hierdurch sein Vorsatz nach § 16 Abs. 1 StGB analog. Demnach kommt allenfalls eine Strafbarkeit wegen Fahrlässigkeit in Betracht.

Tipp: Der Erlaubnistatbestandsirrtum ist einer der schwierigsten Irrtümer des Strafrechts, zur ausführlichen Erklärung lies hier!

Quellen

  • Beckert, Sandra Maria: Einwilligung und Einverständnis, JA 2013, 507 ff.
  • Rönnau, Thomas: Grundwissen – Strafrecht: Einwilligung und Einverständnis, JuS 2007, 18 ff.
  • Wessels/Beulke/Satzger, StrafR AT, 44. Aufl.
  • Rönnau, JuS 2007, 18 (19).
  • Schwartz, Die hypothetische Einwilligung im Strafrecht, S. 169.

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Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

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Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

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Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

Frank Eilers

Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.