I. Trennungsprinzip
Das Trennungsprinzip kommt in vielen europäischen Rechtsordnungen vor.
Definition: Das Trennungsprinzip legt fest, dass Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft rechtlich getrennte Vorgänge sind.
Verpflichtungsgeschäfte sind Rechtsgeschäfte, die die Verpflichtung zu einer Leistung begründen. Sie werden auch als schuldrechtliche Geschäfte bezeichnet. Beispiele für Verpflichtungsgeschäfte sind Kauf-, Miet- und Werkvertrag.
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Verfügungsgeschäfte hingegen sind Rechtsgeschäfte, durch die ein Recht unmittelbar übertragen, belastet, geändert oder aufgehoben wird. Verfügungsgeschäfte werden auch dingliche oder sachenrechtliche Geschäfte genannt. Durch das Verfügungsgeschäft wird in der Regel ein Verpflichtungsgeschäft erfüllt. Ein Beispiel für ein Verfügungsgeschäft ist die Übertragung des Eigentums nach § 929 S. 1 BGB.
II. Abstraktionsprinzip
Das Abstraktionsprinzip kann als Weiterentwicklung des Trennungsprinzips angesehen werden. In Europa und der Welt steht die deutsche Zivilrechtsordnung mit dem Abstraktionsprinzip nahezu alleine. Das Abstraktionsprinzip wird deshalb als prägendes Merkmal der deutschen Rechtsordnung angesehen.
1. Inhalt
Definition: Das Abstraktionsprinzip legt fest, dass die Gültigkeit des zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäftes keine Wirksamkeitsvoraussetzung für das Verfügungsgeschäft ist.
Demnach wirken sich Mängel des Verpflichtungsgeschäftes nicht unmittelbar auf die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäftes aus.
Beide Rechtsgeschäfte sind sowohl nach ihren tatbestandlichen Voraussetzungen als auch nach ihren Rechtsfolgen voneinander rechtlich unabhängig.
Ist das Erfüllungsgeschäft wirksam, tritt die dingliche Rechtsänderung ein. Hierfür ist es unerheblich, ob das Grundgeschäft wirksam oder unwirksam ist.
2. Zweck
Das Abstraktionsprinzip führt zu einem erhöhten Maß an Rechtssicherheit, dadurch dass die Eigentumslage leichter und sicherer feststellbar ist. Ein für Fehler anfälliges Verpflichtungsgeschäft kann für die sachenrechtliche Zuordnung außer Acht gelassen werden.
Zudem wird die Abtretung von Forderungen erleichtert, bei denen kein gutgläubiger Erwerb möglich ist.
Zudem führt das Abstraktionsprinzip dazu, dass mit Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründen großzügiger umgegangen werden kann, da die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts keine unmittelbare Auswirkung auf die sachenrechtliche Zuordnung hat.
III. Fehleridentität
Weisen das schuldrechtliche und das sachenrechtliche Rechtsgeschäft Fehleridentität auf, sind beide Geschäfte nichtig.
Definition: Fehleridentität liegt vor, wenn Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft mit dem gleichen Mangel behaftet sind.
Die Fehleridentität stellt allerdings keine Durchbrechung des Trennungs- und Abstraktionsprinzips dar. Beide Rechtsgeschäfte weisen lediglich den gleichen Mangel auf.
Quellen
- Strack, Astrid: Hintergründe des Abstraktionsprinzips, JURA 2011/11.
- Stadler, Astrid/Rüthers, Bernd: Allgemeiner Teil des BGB, 20. Auflage, München 2020.