I. Die Höhe des Urlaubsanspruches
Arbeitnehmer haben einen Mindestanspruch auf Urlaub, der im Bundesurlaubsgesetz geregelt ist (BUrlG). Dieser beträgt gemäß § 3 Abs. 1 BUrlG jährlich mindestens 24 Werktage also vier Wochen. Als Werktage gelten alle Kalendertage mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen (§ 3 Abs. 2 BUrlG). Diese Regelung beruht auf der früher verbreiteten 6-Tage-Arbeitswoche, welche heute aber nur noch selten vorkommt.
Der Urlaubsanspruch muss daher je nach Arbeitszeit rechnerisch angemessen gekürzt werden, damit der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Ergebnis genau so viel Urlaub erhält wie ein Vollbeschäftigter. Man teilt den in Werktagen ausgedrückten Urlaubsanspruch durch die Zahl 6 und multipliziert das Ergebnis mit der Zahl der von dem Arbeitnehmer zu leistenden Arbeitstage.
Bei einer üblichen 5-Tage-Arbeitswoche ergibt das 20 Urlaubstage, bei einer 4-Tage-Arbeitswoche 16 Urlaubstage usw. Entsprechend kann ein Arbeitnehmer, der sieben Tage die Woche arbeitet einen Urlaub in Höhe von 28 Tagen begehren. Davon abweichende Regelungen gibt es im öffentlichen Dienst: Im Bereich des TVöL und TVöD besteht für alle Arbeitnehmer ein Anspruch auf 30 Urlaubstage.
II. Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer während des Urlaubs das Gehalt weiterzuzahlen (sog. Urlaubsentgelt). Dieses bemisst sich im Wesentlichen an dem Durchschnittsverdienst des Arbeitnehmers in den letzten 13 Wochen ohne Überstundenvergütung und ist vor Urlaubsantritt auszuzahlen (§ 11 BUrlG).
Davon zu unterscheiden ist das sogenannte Urlaubsgeld. Darunter versteht man eine vom Arbeitgeber freiwillig gezahlte zusätzliche Leistung an den Arbeitnehmer, gewöhnlich in Form einer Einmalzahlung zur Jahresmitte.
Einen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsgeld gibt es nicht. Allerdings können vertragliche Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, wie der Arbeitsvertrag, ein Tarifvertrag oder andere betriebliche Vereinbarungen zu der Entstehung eines Anspruchs führen.
III. Urlaubsabgeltung
Endet das Arbeitsverhältnis, ist dem Arbeitnehmer der verbleibende Urlaubsanspruch auszuzahlen, damit der Erholungsfunktion des Urlaubs gedient wird (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Dieser Abgeltungsanspruch entsteht unabhängig von der Arbeitsfähigkeit und der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und unterliegt nicht den gesetzlichen Fristenregelungen des BUrlG. Er kann also auch noch nach dem 31.12. des jeweiligen Jahres rückwirkend geltend gemacht werden. Allerdings kommt in Betracht, dass er aufgrund der Nichtwahrnehmung tariflicher oder arbeitsvertraglicher Fristen verfällt.
Ein einzelvertraglicher Ausschluss von Abgeltungsansprüchen ist gemäß § 7 Abs. 4 i.V.m. § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG nicht möglich. Der Arbeitnehmer kann aber nach Entstehen des Anspruches auf diesen grundsätzlich verzichten.
Mit dem Tod des Arbeitnehmers geht der Anspruch nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes unter. Dem widersprach der EuGH in einer wegweisenden Entscheidung im Jahr 2014. Der Anspruch auf Abgeltung dürfe durch den Tod des Arbeitnehmers nicht verhindert werden. Ein finanzieller Ausgleich stelle die praktische Wirksamkeit des Urlaubsanspruches sicher. Der unwägbare Eintritt des Todes des Arbeitnehmers dürfe nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führen. Stirbt der Arbeitnehmer, ist sein Abgeltungsanspruch damit vererblich.
1. Fallbeispiel
Jana Fleißig ist Studentin und arbeitet in ihren Semesterferien für einen Monat befristet vom 15. Dezember bis 15. Januar bei der Winter KG. Sie ist dort für die Feier- und Sonntage eingeteilt und bekommt 150€ pro Arbeitstag.
Am 15. Januar betritt sie das Büro des Personalchefs und möchte ihre Arbeitstage abrechnen. Dabei fällt dem Personalchef auf, dass Jana Fleißig 300 € für die Urlaubsabgeltung in ihrer Abrechnung aufgezählt hat. Auf die Nachfrage wie sie denn dazu komme, sagt Jana Fleißig, dass sie einen Monat für die Winter KG tätig war und damit ein Anrecht auf zwei Urlaubstage habe.
Da sie diese nicht nehmen konnte, würde sie ihren Anspruch auf Abgeltung geltend machen. Der Personalchef weist sie jedoch darauf hin, dass sie ja nur an Feier- und Sonntagen tätig war, damit keinen vollen Monat gearbeitet hätte und das 2021 sowie 2022 jeweils auch nur einen halben Monat: Dadurch hätte sie keinen Anspruch auf Urlaub.
Wie steht es nun um den Urlaubsanspruch von Frau Fleißig? Wäre eine Klage auf Abgeltung erfolgversprechend?
2. Der Anspruch nach § 611a BGB aus dem Arbeitsvertrag
Im Arbeitsvertrag war lediglich eine Vergütung pro Arbeitstag vereinbart, welche auch geleistet wurde. Ein Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung ist dort nicht geregelt, daher lässt sich auch kein Anspruch aus § 611a BGB ableiten.
3. Die Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG
Es könnte sich jedoch eventuell ein Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG ergeben. Aus diesem geht hervor, dass ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung hat, wenn ein noch vorhandener Resturlaub wegen einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann.
Folgende Voraussetzungen müssten für einen Anspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG gegeben sein:
a) Der Arbeitnehmerstatus
Jana Fleißig ist Arbeitnehmerin der Winter KG.
b) Das bestehende Arbeitsverhältnis
Zwischen Jana Fleißig und der Winter KG bestand ein wirksamer Arbeitsvertrag. Die Befristung spielt hierfür keine Rolle.
c) Der Ablauf der Wartefrist
Normalerweise gilt es, eine Wartezeit einzuhalten. Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer eine gewisse Zeit bereits bei seinem Arbeitgeber gearbeitet haben muss, damit ein Urlaubsanspruch entsteht.
Für befristete Arbeitsverhältnisse wie das von Jana Fleißig sieht der Gesetzgeber jedoch die Möglichkeit eines Teilurlaubs nach § 5 Abs. 1 a oder b BUrlG vor.
d) § 5 Abs. 1 a oder b BUrlG
Nach § 5 Abs. 1 a BUrlG hätte Jana Fleißig keinen Anspruch auf Teilurlaub, da sie weder im Jahr 2021 noch 2022 einen vollen Monat gearbeitet hat. Allerdings kommt § 5 Abs. 1 a BUrlG hier nicht in Betracht, da er voraussetzt, dass die Wartezeit im vergangen Jahr nicht erfüllt werden konnte und im folgenden Jahr fortgesetzt wird. Damit würde vorausgesetzt, dass das Arbeitsverhältnis weiter besteht – dies ist hier jedoch nicht der Fall.
Gemäß § 5 Abs. 1 b BUrlG indes besteht ein Anspruch auf Teilurlaub, wenn der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber einen vollen Monat gearbeitet hat. Jana Fleißig hat vom 15.12 bis 15.01 bei der Winter KG gearbeitet und damit einen Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs (24 Tage Mindesturlaub/ 12 = 2 Tage Urlaubsanspruch).
4. Ergebnis
Eine Klage von Jana Fleißig wäre begründet und erfolgversprechend.
Der Abgeltungsanspruch ist zu behandeln wie auch der ursprüngliche Urlaubsanspruch: Das bedeutet, er ist ebenso befristet wie der Urlaubsanspruch. Der einzige Unterschied besteht darin, dass der Urlaubsanspruch höchstpersönlich ist – er kommt also nur dem zugute, der den Anspruch geltend macht.
Der Abgeltungsanspruch hingegen kann abgetreten werden oder sogar durch den Arbeitgeber aufgerechnet, solange nichts aus § 394 BGB und §§ 850 ff. ZPO dagegen spricht.
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