I. Allgemeines und Schema des § 134 BGB
§ 134 BGB lautet:
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
Folglich ergibt sich aus § 134 BGB vorliegendes Prüfungsschema.
Schema, § 134 BGB:
Merke: Ein Verletzung des § 134 BGB stellt eine rechtshindernde Einwendung dar, d. h. der geprüfte Anspruch ist wegen des nichtigen Rechtsgeschäfts gar nicht erst zur Entstehung gelangt!
II. Vorliegen eines Verbotsgesetzes
Verbotsgesetz iSd. § 134 BGB kann gem. Art. 2 EGBGB jede Rechtsnorm (formelle Gesetze, Rechtsverordnungen, Satzungen, Gewohnheitsrecht) sein, deren Auslegung ergibt, dass ein Rechtsgeschäft wegen der besonderen Umstände, unter denen es vorgenommen wurde, wegen seines Inhalts oder wegen seines bezweckten Rechtserfolges untersagt ist.
Ein Verbotsgesetz iSd. § 134 BGB liegt insbesondere dann vor, wenn die Rechtsnorm die Vornahme eines Geschäfts unter Androhung einer Sanktion (z. B. Strafe, Entziehung einer Erlaubnis) untersagt. Anhaltspunkt für Verbotsgesetze sind Verben wie “verboten”, “untersagt”, “ist unzulässig”, “ist nicht übertragbar” oder “darf nicht”. Eher gegen eine Verbotsgesetz sprechen dagegen “soll nicht”, “soll nur”, “kann nicht” usw.
Beispiele: § 263 StGB, § 29 Nr. 1 BtMG, § 240 StGB, § 1 SchwarzArbG, Art. 3 Abs. 1 GG. Im StGB lassen sich grundsätzlich viele solcher Verbotsgesetze auffinden.
III. Verstoß gegen ein Verbotsgesetz
Nachdem das Vorliegen eines Verbotsgesetzes festgestellt wurde, muss noch geprüft werden, ob gegen dieses auch verstoßen wurde. D. h., die Tatbestandsvoraussetzungen des Verbotsgesetzes sind zu prüfen!
Beispiel: Hat A, indem er B getäuscht hat, auch die Tatbestandsvoraussetzungen des Betruges gem. § 263 Abs. 1 StGB erfüllt?
IV. Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz
Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz (§ 134 BGB) sind folgende:
Beachte: Eine Besonderheit gilt beim Verstoß gegen Preisvorschriften wie etwa § 291 StGB (Wucher) oder § 5 WiStG (Mietwucher). In diesen Fällen führt ein Verstoß zur Teilnichtigkeit in Bezug auf den überhöhten Preis.
Im Übrigen bleibt der Vertrag im Rahmen der sogenannten “geltungserhaltenden Reduktion” wirksam. Allerdings ist umstritten, ob auf den gerade noch zulässigen Preis oder den ortsüblichen Preis reduziert wird.
Achtung: Nur das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft ist nichtig!
Das dingliche Erfüllungsgeschäft bleibt grundsätzlich wirksam und die erfolgten Verfügungen
können gem. den §§ 812 ff. BGB rückabgewickelt werden. Hier ist jedoch der § 817 S. 2 BGB beachten!
Ausnahmsweise ist auch das Erfüllungsgeschäft nichtig, wenn das Verbotsgesetz auch die Verhinderung einer Vermögensverschiebung bezweckt (z.B. § 333 StGB, § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG).
1. Einseitige Inhaltsverbote
Bei einseitigen Inhaltsverboten kann das Rechtsgeschäft nichtig oder im Interesse der sich redlich verhaltenden Partei gültig sein.
Beispiel: Beim Abschluss eines Kaufvertrages betrügt A den B gem. § 263 Abs. 1 StGB. Zwar ist A als Verkäufer ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot vorzuwerfen, B könnte jedoch ein Interesse daran haben, dass der Kaufvertrag trotzdem wirksam bleibt. Das Rechtsgeschäft ist nicht automatisch nichtig, sondern wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 Abs. 1, Var. 1 BGB durch B anfechtbar.
2. Umgehungsgeschäfte
Umgehungsgeschäfte sind Rechtsgeschäfte, die den vom Verbotsgesetz missbilligten Erfolg auf einem Weg zu erreichen suchen, den die Verbotsnorm nicht erfasst.
D. h., die Umgehung muss durch andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten den Zweck einer Rechtsnorm zu vereiteln versuchen.
Beispiel: Weiterführung einer Gastwirtschaft als Geschäftsführer trotz Entzug der Gaststättenerlaubnis durch Verkauf der Gaststätte an Dritten, der nur Strohmann mit Gaststättenerlaubnis ist. Verstoß gegen § 2 Abs. 1, S. 1 GaststättenG, Vereinbarung über Geschäftsführer und Kaufvertrag nichtig gem. § 134 BGB.
Rechtsfolgen eines Umgehungsgeschäfts:
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