Die Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG)

Die Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG)

Die Verhältnismäßigkeit und ihre Prüfung verfolgt einen seit dem ersten Jurasemester. Sie ist der Schwerpunkt der meisten öffentlich-rechtlichen Prüfungen und sollte daher beherrscht werden. Folgend werden die Verhältnismäßigkeit im Allgemeinen und deren Anwendung (legitimiert Zweck, Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit) erläutert.
verhältnismäßigkeit
Lecturio Redaktion

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04.01.2024

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Inhalt

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I. Allgemeines zur Verhältnismäßigkeit

Verhältnismäßigkeit meint, dass das seitens des Staates eingesetzte Mittel in angemessenem Verhältnis zu dem staatlicherseits verfolgten Zweck stehen muss.

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) niedergelegt und wird auch als Übermaßverbot bezeichnet.

Nach diesem mit Verfassungsrang ausgestatteten Grundsatz sind Eingriffe in die Freiheitssphäre nur dann und insoweit zulässig, als sie zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich sind; die gewählten Mittel müssen in einem vernünftigen Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen [BVerfGE 35, 382].

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hat sich wie folgt entwickelt:


Entwicklung Verhaltnismasigkeitsgrundsatz
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Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist nicht ausdrücklich im Grundgesetz niedergeschrieben. In spezifischen Bereichen ist er jedoch ausdrücklich normiert. So zum Beispiel im ASOG Bln, BbgPolg und BayPAG.


Normierung Verhaltnismasigkeitsgrundsatz
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II. Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes

Für staatliche Handlungen ist ein legitimer Zweck zu bestimmen, welcher Geeignetheit und Erforderlichkeit aufweist. Zudem muss Angemessenheit zwischen dem verfolgten Zweck und dem eingesetzten Mittel bestehen.


Andwendung Verhaltnismasigkeit
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Die einzelnen Merkmale der Verhältnismäßigkeit sollen im Folgenden anhand eines Beispiels genauer beleuchtet werden.

Sachverhalt: 

Ein alter Baum auf dem Grundstükc des A neigt sich leicht in Richtung der angrenzenden Straße. Nach einem starken Regenfall wäre es nur eine Frag der Zeit, bis dieser auf die Straße fallen würde. 
Der Mitarbeiter B der zuständigen Ordnungsbehörde trifft sich an Ort und Stelle mit A, um sich die Situation genauer anzuschauen. Dort angekommen erkennt B die Gefahr für die Straßennutzer und erklärt A, wer müsse als Eigentümer und somit Verantwortlicher für den Baum diesen fällen, um Schlimmeres zu verhindern. A sieht sich selbst als naturverbundenen Mensch, möchte dieser Aufgabe nicht nachkommen und bittet den B, das  Grundstück zu verlassen.
B stellt dem A einen Bescheid zu, in welchem der A dazu aufgefordert wird, den Baum zu fällen oder fällen zu lassen. Den Baum zu fällen kostet voraussichtlich 300 €. 
A möchte den Baum jedoch “in Stand bringen” und hat sich daraufhin bei einem Fachmann erkundigt, welcher die Arbeit für 2.000 € erledigen würde. 

Ist die Verpflichtung des A, den Baum zu fällen oder fällen zu lassen, verhältnismäßig?


Beispiel Verhaltnismasigkeit
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Voraussetzung für die Verhältnismäßigkeit der Verpflichtung ist, dass diese einen legitimen Zweck erfüllt, geeignet und erforderlich ist, diesen zu erfüllen, sowie angemessen ist.

1. Legitimer Zweck

Definition: Der Zweck der Maßnahme ist legitim, wenn er auf das Wohl der Allgemeinheit gerichtet oder wenn für den Zweck eine staatlicher Schutzauftrag besteht.

Zum Wohl aller Straßennutzer und daraus folgend zum Wohl der Allgemeinheit, soll durch die Fällung des Baumes eine Gefahr beseitigt – und Sicherheit im Straßenverkehr geschaffen werden. Der verfolgte Zweck ist somit legitim. Hier muss sehr genau gearbeitet werden, denn ohne wirklich relevanten und legitimen Zweck darf erst gar keine Handlung vorgenommen werden.

2. Geeignetheit

Definition: Geeignet ist eine Maßnahme, welche die Zweckerreichung zumindest fördert.

Von dem Baum geht unstreitig eine Gefahr aus. Wird dieser Baum gefällt, dann ist der Straßenverkehr sicherer durch die Beseitigung der von dem wahrscheinlich umfallenden Baum ausgehenden Gefahr. Die Maßnahme ist somit geeignet, den legitimen Zweck zu erfüllen.

3. Erforderlichkeit

Fraglich ist, ob die Maßnahme erforderlich ist.

Definition: Erforderlichkeit bedeutet, dass es kein gleich wirksames, aber milderes Mittel gibt, also das relativ mildeste Mittel gewählt wurde.

Die Maßnahme den Baum zu fällen ist nach dem Sachverhalt für den A eine stärkere Beeinträchtigung als die Instandsetzung des Baumes. Beide Methoden führen gleichermaßen zur Beseitigung der Gefahr.

A hatte sich während dem Treffen mit B nicht dazu geäußert, den Baum reparieren zu wollen. Somit stellt, nach wirtschaftlicher Betrachtung und aus objektiver Sicht der Ordnungsbehörde, das Fällen des Baumes, das mildeste Mittel zur Gefahrenbeseitigung dar.

Demnach ist die Maßnahme das mildeste Mittel, um den Zweck zu erfüllen. In der Klausur ist hier Raum für Kreativität: Es können und sollen auch andere Mittel angeführt werden, die jedoch nicht gleichermaßen wirksam sind! Häufig sind es Ermahnungen oder Hinweise.

4. Angemessenheit

Fraglich ist, ob sich die Maßnahme im Rahmen einer Abwägung der Interessen des A einerseits und des Allgemeininteresses andererseits als angemessen erweist.

Definition: Die Maßnahme ist angemessen, wenn die Zweck Mittel Relation nicht außer Verhältnis steht.

A als Eigentümer des Baumes sollte seiner Verpflichtung nach Art. 14 Abs. 2 GG nachkommen und in erster Linie die Gefahr beseitigen, welche von dem Baum für die Allgemeinheit ausgeht.

Dadurch, dass er bei dem Treffen noch nicht die Information mitgeteilt hat, dass er bereit ist, auf eigene Kosten die Instandsetzung des Baumes zu veranlassen,
ist aus Gründen der Rechtssicherheit die Maßnahme angemessen.
Die Maßnahme ist demnach zumutbar.

Ergebnis:

Die Verpflichtung des A, den Baum fällen zu lassen, ist verhältnismäßig.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

Holger Wöltje

Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

Frank Eilers

Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

Yasmin Kardi

Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

Andreas Ellenberger

Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

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Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Experte, TOP-Speaker in Europa und gefragter Business Coach. Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere – sowohl offline in Präsenztrainings als auch online in seiner Argumentorik Online-Akademie mit bereits über 52.000 Teilnehmern. Er vermittelt seinen Kunden nicht nur Tools professioneller Rhetorik, sondern auch effektive Überzeugungstechniken, Methoden für erfolgreiches Verhandeln, professionelles Konfliktmanagement und Techniken für effektives Leadership.

Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.