Die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, § 826 BGB

Die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, § 826 BGB

§ 823 BGB stellt die wohl wichtigste deliktsrechtliche Norm im Zivilrecht dar. Nicht übersehen werden darf jedoch die sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB. Gerade durch den großen VW Dieselskandal ist diese Norm prüfungsaktueller denn je. Im folgenden Artikel wird durch das Schema des § 826 BGB eine solide Grundlage vermittelt, die die Norm besser verstehen lässt und ihren Anwendungsbereich darstellt.
Sittenwidrige-Schädigung
Lecturio Redaktion

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23.02.2024

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Inhalt

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I. Allgemeines zu § 826 BGB

§ 826 BGB lautet:

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Im Gegensatz zu § 823 BGB wird von § 826 BGB auch das Vermögen als solches geschützt. Dieser weite Schutz wird natürlich dadurch eingeschränkt, dass eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gegeben sein muss. Dem Grundsatz nach bietet § 826 BGB eine Auffangfunktion für Fälle, die nicht unter § 823 BGB fallen. Dennoch liegt keine Subsidiarität vor.

II. Schema des § 826 BGB

Prüfungsschema der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung, § 826 BGB:

Schema: § 826 BGB

  1. Sittenwidrige Schädigungshandlung
  2. Schaden (jedes Interesse, ob vermögensrechtlicher oder reeller Natur)
  3. Haftungsausfüllende Kausalität
  4. Vorsatz hinsichtlich der Sittenwidrigkeit und des Schaden
  5. Rechtfolge

III. Voraussetzungen des § 826 BGB

1. Schaden

Zunächst muss ein Schaden verursacht worden sein, wobei auch reine Vermögenseinbußen erfasst sind. Dieser Schaden muss dem Schädiger zurechenbar sein. Hierfür sind Kausalität und der richtige Schutzzweck der Norm erforderlich.

Definition: Ein Schaden ist eine unfreiwillige Einbuße an rechtlich geschützten Interessen.

2. Sittenwidrigkeit

Bei dem Merkmal der Sittenwidrigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, welcher der Ausfüllung bedarf. Nach der klassischen Formel ist sittenwidrig alles, was gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Diese Formel stößt allerdings auf heftige Kritik.

unbestimmter Rechtsbegriff
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Definition: Sittenwidrig ist eine Handlung, die nach Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch eine zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, d.h. mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist. Es muss ferner eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens hinzutreten.

Um näher festzustellen, wann eine Sittenwidrigkeit vorliegt, kann etwa auf grundrechtliche Wertungen zurückgegriffen werden. Außerrechtliche Maßstäbe (wie bestimmte Moralvorstellungen), können zwar zur Auslegung herangezogen werden, dies allerdings nur in begrenztem Maße.

Im Ergebnis muss somit für jeden Einzelfall festgestellt werden, ob eine Sittenwidrigkeit gegeben ist, wobei auch die Motive des Schädigers Relevanz erlangen. Dennoch ist aufgrund der Weite des Begriffs eine restriktive Handhabung angebracht.

Auch in § 138 BGB findet sich der Begriff der Sittenwidrigkeit. Da dort aber lediglich die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts angeordnet wird, muss nicht stets dieselbe Art Sittenwidrigkeit wie in § 826 BGB gegeben sein.

3. Vorsatz

Der Schuldner muss nicht nur sittenwidrig, sondern auch vorsätzlich handeln. Hierfür reicht bedingter Vorsatz, der etwa bei Angaben “ins Blaue hinein” gegeben ist, aber nicht grobe Fahrlässigkeit. Im Gegensatz zu § 823 Abs. 1 BGB muss sich der Vorsatz auch auf den Schaden beziehen.

Vorsatz bezüglich der Sittenwidrigkeit selbst ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn der Schuldner Vorsatz bezüglich der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände hat.

IV. Fallgruppen des § 826 BGB

Wegen der Weite des § 826 BGB haben sich einige Fallgruppen herausgebildet, welche die Anwendung des § 826 BGB nahe legen.

§ 826 BGB
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1. Illoyales Verhalten

Eine Fallgruppe stellt grob illoyales Verhalten gegenüber dem Vertragspartner dar. Klassischer Fall hierfür ist die arglistige Täuschung. Ebenso fallen hierunter schwere Verletzungen der gesellschaftlichen Treuepflicht, wobei diese tatsächlich schwerwiegend sein muss.

2. Verleiten zum Vertragsbruch (wohl häufigster Klausurfall)

Generell darf die Mitwirkung an fremden Vertragsverletzungen nicht als sittenwidrig angesehen werden. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzukommen. So ist dies etwa beim Doppelverkauf der Fall, wenn der Zweitkäufer den Verkäufer zum Vertragsbruch mit dem Erstkäufer verleitet, indem er verspricht, den Verkäufer von Schadensersatzansprüchen durch den Erstkäufer freizustellen.

3. Fehlerhafte Auskunft oder Gutachten

Auch die Erteilung fehlerhafter Auskünfte, Zeugnisse oder Gutachten wird von § 826 BGB umfasst. Grundsätzlich ist hierfür die Kenntnis der Unrichtigkeit zu fordern. Hierfür genügen häufig auch Angaben “ins Blaue hinein”. Da in diesen Fällen auch oft Schadensersatz gem. § 280 Abs. 1 BGB wegen § 311 Abs. 2 Nr. 3, § 311 Abs. 3 S. 2 BGB oder Vorliegen eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter greift, ist die Bedeutung von § 826 BGB bei solchen Verhältnissen eher nachrangig.

4. Gläubigerbenachteiligung- und Gefährdung

Zudem kommt § 826 BGB häufig bei Fällen der Insolvenzverschleppung zum Tragen. Ebenso kann bei Bevorzugung einzelner Gläubiger im Vorfeld der Zwangsvollstreckung eine Anwendung des § 826 BGB zu bejahen sein. Auch für die Fälle der Kredittäuschung gilt § 826 BGB.

5. Formale Rechtspositionen

Sollten formale Rechtspositionen missbraucht werden, erscheint eine Anwendung des § 826 BGB naheliegend. Insbesondere gilt dies bei rechtskräftigen, materiell unrichtigen Vollstreckungstiteln. Es kann sich in diesen Fällen durch § 826 BGB ein Anspruch auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung ergeben. Hier ist allerdings eine restriktive Auslegung geboten.

6. Monopolstellungen

Bei Vorliegen einer Monopolstellung könnte eine sittenwidrige Schädigung vorliegen, wenn der Monopolist einen Vertragsschluss verweigert, obwohl der andere dringend auf die Leistung angewiesen ist. Dieser könnte durch § 826 BGB einen Anspruch auf Vertragsschluss erhalten.

Quellen

  • Brox, Hans / Walker, Wolf-Dietrich: Besonderes Schuldrecht, 39. Auflage 2015.
  • Looschelders, Dirk: Schuldrecht Besonderer Teil, 9. Auflage 2014.

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Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

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Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

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Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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