Vortäuschen einer Straftat, § 145d StGB

Vortäuschen einer Straftat, § 145d StGB

Obwohl das Vortäuschen einer Straftat gemäß § 145d StGB nicht zu den populärsten Delikten in strafrechtlichen Prüfungen zählt, solltest du dir dennoch frühzeitig einen Überblick über den Tatbestand des Vortäuschen von Straftaten verschaffen. Der folgende Beitrag zeigt, was es bei seinen verschiedenen Varianten zu beachten gilt.
Vortäuschen einer Straftat
Lecturio Redaktion

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04.01.2024

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Inhalt

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I. Allgemeines zu § 145d StGB

Der Zweck der Vorschrift ist, die inländischen Rechtspflege- und Präventivorgane davor zu bewahren, infolge Täuschungen Dritter durch unnötigen Einsatz von der Erfüllung ihrer wirklichen Aufgaben abgehalten zu werden.

Erfasst wird vom § 145d StGB nur eine Täuschungshandlung, die auf Fehlleiten des staatlichen Verfolgungsapparates oder Erwirken unnötiger Sicherheitsvorkehrungen gerichtet ist, nicht die ungerechtfertigte Inanspruchnahme des Vollstreckungsapparates.

Nicht strafbar ist, wer sich als angeblich Verurteilter zur Strafvollstreckung meldet.

II. Schema des § 145d StGB

Im Rahmen des Vortäuschens einer Straftat kann grundsätzlich zwischen vier Varianten unterschieden werden:

Der Täter kann sich sowohl durch ein Vortäuschen einer bereits begangenen rechtswidrigen Tat (§ 145d Abs. 1 Nr. 1  StGB) als auch durch ein Vortäuschen einer bevorstehenden rechtswidrigen Tat gemäß § 126 Abs. 1 StGB (§ 145d Abs. 1 Nr. 2 StGB) strafbar machen.

Daneben kann er hinsichtlich der Beteiligung an einer  bereits begangenen rechtswidrigen Tat (§ 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB) bzw. an einer bevorstehenden rechtswidrigen Tat gemäß § 126 Abs. 1 StGB (§ 145d Abs. 2 Nr. 2 StGB) täuschen.

Die folgenden Schemata vermitteln einen ersten Eindruck des Prüfungsaufbaus.

§ 145d Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB: Vortäuschen begangener Straftaten

I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) Abs. 1 Nr. 1: Vortäuschen der Begehung einer angeblich rechtswidrigen Tat
b) Abs. 2 Nr. 1: Täuschung über den Beteiligten an einer rechtswidrigen Tat
c) gegenüber einer Behörde oder einer zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Stelle (§ 11 I Nr. 7 StGB, § 158 I StPO)
2. Subjektiver Tatbestand
a) Mindestens dolus eventualis bzgl. objektiver Tatbestandsmerkmale
b) Dolus directus 2. Grades bzgl. Unrichtigkeit der Behauptung (Wider Besseren Wissens)
II. Rechtswidrigkeit und Schuld
III. Subsidiarität, § 145d I StGB aE

§ 145d Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB: Vortäuschen bevorstehender Straftaten

I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) Abs. 1 Nr. 2: Vortäuschen des Bevorstehens einer rechtswidrigen Tat gem. § 126  Abs. 1 StGB
b) Abs. 2 Nr. 2:  Täuschung über den Beteiligten an einer bevorstehenden rechtswidrigen Tat gemäß § 126 Abs. 1 StGB
c) gegenüber einer Behörde oder einer zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Stelle (§ 11 I Nr. 7 StGB, § 158 I StPO)
2. Subjektiver Tatbestand
a) Mindestens dolus eventualis bzgl. objektiver Tatbestandsmerkmale
b) Dolus directus 2. Grades bzgl. Unrichtigkeit der Behauptung (Wider Besseren Wissens)
II. Rechtswidrigkeit und Schuld
III. Subsidiarität, § 145d I StGB aE

Sinn und Zweck von § 145d Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB ist der Schutz der Rechtspflege vor einer unnötigen Inanspruchnahme. § 145d Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB bezieht die Polizeibehörden als Präventivorgane in diesen Schutz ein.

III. Der objektive Tatbestand des § 145d StGB

§ 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB: Vortäuschen angeblich begangen rechtswidrigen Tat

Definition: Vortäuschen meint das Erregen oder Verstärken eines Verdachts.

Das Vortäuschen kann zum einen durch ausdrückliche Behauptungen geschehen. Genauso sind aber auch die konkludente Behauptung von Tatsachen bzw. die Schaffung einer verdächtigen Beweislage oder andere irreführende Handlungen ausreichend.

Die Behauptung muss außerdem nicht unmittelbar gegenüber der Behörde erfolgen. Es genügt, wenn sie über andere Personen hiervon Kenntnis erlangt. Die Kenntniserlangung genügt im Übrigen auch für eine Vollendung der Tat. Das Einleiten von Ermittlungsmaßnahmen ist nicht erforderlich!

Definition: Behörde ist ein Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, auch Gerichte § 11 Abs. 1 Nr. 7 StGB.

Zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Stellen sind z.B. Staatsanwaltschaft und Polizei gemeint. Hinzukommend fällt auch der einzelne Beamte hierunter. Andere zuständige Stellen, bei denen eine Anzeige aufgegeben werden kann, sind etwa militärische Dienststellen.

Daneben muss hinsichtlich des Vorliegens einer rechtswidrigen Tat getäuscht werden. Die Tat darf in Wahrheit nicht verübt worden sein. Das Ausschmücken der Schilderung einer tatsächlich begangenen Tat („aufbauschen“) ist nicht vom Tatbestand erfasst, sofern die Behörden infolgedessen keinen erheblich größeren Aufwand bei ihren Ermittlungen betreiben. Häufig ist dies zu diskutieren, wenn aus einem Vergehen ein angebliches Verbrechen wird.

§ 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB: Täuschen über Beteiligten einer wirklich begangenen rechtswidrigen Tat

Eine Täuschung über den an einer rechtswidrigen Tat Beteiligten liegt vor, wenn der Verdacht auf einen Unbeteiligten gelenkt wird. Hinsichtlich der Täuschungshandlung gelten die oben stehenden Ausführungen zum Merkmal des Vortäuschens.

Für die Täuschung genügt es indessen nicht, wenn der Täter auf einen völlig Unbekannten verweist. Demgegenüber soll es aber ausreichen, wenn zu einer unbekannten Person konkrete Angaben gemacht werden, die die Ermittlungen in eine bestimmte Richtung lenken. Nach herrschender Auffassung muss die rechtswidrige Tat auch in Wahrheit verübt worden sein.

§ 145d Abs. 1 Nr. 2 StGB: Vortäuschen des Bevorstehens einer in § 126 Abs. 1 StGB genannten Tat

Bei dieser Variante muss der Täter das Bevorstehen einer rechtswidrigen Tat gemäß § 126 Abs. 1 StGB vortäuschen. Hier sind unter anderem Mord, die schwere Körperverletzung sowie der Raub und die räuberische Erpressung genannt. Auch hier stellt sich die Frage, was geschieht, wenn der Täter die Beschreibung einer tatsächlich bevorstehenden Tat so stark übertreibt, dass er eine solche gemäß § 126 Abs. 1 StGB behauptet.

Aufgrund der Tatsache, dass es um das Verhindern eines unnötigen Tätigwerdens der Behörden geht, ist es zweckmäßig, eine Strafbarkeit nur zu bejahen, wenn der Täter eine Tat ausschmückt, die ohne sein Hinzudichten nicht zu einem Einschreiten der Behörden führen würde.

§ 145d Abs. 2 Nr. 2 StGB: Täuschen über die Beteiligten einer bevorstehenden, in § 126 Abs. 1 StGB genannten Tat

Hinsichtlich dieser Tatvariante gilt das zu § 145d Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 1 StGB gesagte.

IV. Der subjektive Tatbestand

Subjektiv muss der Täter mit dolus directus 2. Grades (sicherem Wissen) im Hinblick auf das Nichtvorliegen bzw. -bevorstehen einer rechtswidrigen Tat sowie die Unwahrheit seiner Angaben zu dem Beteiligten handeln. Darüber hinaus genügt dolus eventualis.

V. § 145d Abs. 3 StGB

Ferner enthält der Absatz 3 unter anderem eine Regelung für den Fall, dass eine Tat nach § 145d Abs. 1 oder 2 StGB das Erschleichen einer Milderung zum Ziel hat. Der Täter wird in dieser Situation mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

VI. Subsidiaritätsklausel

Gemäß § 145d Abs. 1 StGB ist das Vortäuschen einer Straftat formell subsidiär gegenüber der falschen Verdächtigung gemäß § 164 StGB der Strafvereitelung nach § 258  StGB und der Strafvereitelung im Amt gemäß § 258 a StGB.

Tipp: Mehr zu § 145d StGB? Dann empfehlen wir dieses Video.

Quellen

  • Joecks, Wolfgang: Studienkommentar, 11. Aufl., München 2014.
  • Kindhäuser, Urs: Strafrecht Besonderer Teil I, 6. Aufl., Baden-Baden 2014.
  • Wessels, Johannes/Hettinger, Michael: Strafrecht Besonderer Teil I, 38. Aufl., Heidelberg [u.a.] 2014.

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Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

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Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

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Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.