Wettlauf der Sicherungsgeber

Wettlauf der Sicherungsgeber

Der sog. Wettlauf der Sicherungsgeber ist ein absoluter Klausur-Klassiker aus dem Schuldrecht. Wie der Name schon vermuten lässt, behandelt dieser Fall das Zusammentreffen mehrerer Sicherungsgeber und deren Regressmöglichkeiten.
Wettlauf der Sicherungsgeber
Lecturio Redaktion

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23.02.2024

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Inhalt

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I. Der Sachverhalt

K kauft bei V einen Lastzug und finanziert den Kaufpreis (100.000 €) mittels eines Darlehens der Bank X. Für dessen Rückzahlung verpflichtet sich auch V durch Schuldbeitritt. Später verbürgt sich A für K, wobei V und A keine Kenntnis voneinander haben. Als K insolvent wird, zahlt A der X-Bank das Darlehen zurück.

Kann sich A nun an V halten?

II. Das Kernproblem

Beim Lesen des Sachverhalts wird schnell klar, dass es hier um die Regressansprüche geht. Da ein Bürge involviert ist, könnte man zunächst an § 774 Abs. 1 BGB als Regressanspruch denken. § 774 Abs. 1 BGB schreibt vor:

Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf ihn über.

Hierbei stößt man relativ schnell auf die Frage, wer der Hauptschuldner eigentlich ist. Mit anderen Worten, für wen sich A denn eigentlich verbürgt hat. Denkbar wäre, dass er sich nur für K verbürgt hat, oder aber für V und K. Das Problem dabei: Er wusste gar nichts von V.

Daneben käme noch der Anspruch aus § 426 Abs. 2 BGB in Betracht. § 426 Abs. 2 BGB regelt den Regressanspruch des leistenden Schuldners gegenüber den übrigen Gesamtschuldnern. V und K waren gegenüber der X-Bank aufgrund des Schuldbeitritts Gesamtschuldner. Denkt man diesen Gedanken zu Ende, so wird klar: K mag ja Gesamtschuldner gewesen sein, doch A nicht. Aber hat er nicht trotzdem irgendwie die Rechte des K? Nach kurzem Überlegen steht also schon fest: Dieser Fall trieft nur so vor Problemen. Im Folgenden werden daher die Ansprüche von A gegen V erläutert.

1. Anspruch aus § 774 Abs. 1 i.V.m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB

Ein Regressanspruch des A gegen V könnte sich aus § 774 Abs. 1 BGB i.V.m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ergeben.

Nach § 774 Abs. 1 BGB geht bei Befriedigung des Gläubigers die Forderung auf den Bürgen über (sog. Legalzessionlat. cessio legis). V hat sich im Wege des Schuldbeitritts gesamtschuldnerisch gegenüber der Bank verpflichtet. Damit die Forderung gegen V auf A übergeht, müsste sich A auch für V verbürgt haben.

Dies scheint insoweit problematisch, als dass A von V gar keine Kenntnis hatte. In einem solchen Fall geht man davon aus, dass sich der Bürge nur für einen der Gesamtschuldner verbürgt hat. Die Möglichkeit, sich bei mehreren Gesamtschuldnern nur für einen von ihnen verbürgen zu können, ergibt sich aus § 425 BGB. Danach kann sich die Gesamtschuld bei den Einzelschuldnern unterschiedlich entwickeln. Daraus ergibt sich in der Folge, dass sich auch eine Bürgschaft nur für einen Schuldner eingegangen werden kann.

Zwischenergebnis

A hat sich nicht für V mitverbürgt. Damit hat er keinen Anspruch aus § 774 Abs. 1 i.V.m. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB.

2. Anspruch aus § 774 Abs. 1 S. 1 i.V.m. §§ 488 Abs. 1 S. 2, 421, 427, 412, 401 BGB

Ein Anspruch des A könnte sich jedoch dann aus § 774 Abs. 1 BGB ergeben, wenn die Forderung der X-Bank gegen V aus dem Schuldbeitritt gem. §§ 488 Abs 1 S. 2, 421, 427 i.V.m. §§ 412, 401 BGB auf den A übergegangen ist.

Merke: Direkt ist die Forderung gegen V nicht auf den A übergangen (siehe oben). Deshalb ist jetzt zu prüfen, ob sie wegen des Schuldbeitritts des V vielleicht als akzessorisches Nebenrecht übergegangen ist.

a. Übergang gem. § 412, 401 BGB

Gem. § 401 BGB gehen mit dem Forderungsübergang auch die Nebenrechte über. Fraglich ist also, ob die Forderung X-Bank -> V ein akzessorisches Nebenrecht zur Forderung X-Bank -> K ist. Nach Ansicht des BGH gilt der Grundsatz, dass der Bürge A genauso stehen soll, wie wenn der Schuldner K selber gezahlt hätte.

Merke: Der Bürge ist der verlängerte Arm des Hauptschuldners.

Es kommt demnach auf das Innenverhältnis K – V an. Denn zwischen den Gesamtschuldnern besteht neben der cessio legis aus § 426 Abs. 2 BGB auch der Ausgleichanspruch im Innenverhältnis aus § 426 Abs. 1 S. 1 BGB. Diesen Anspruch hat er von Anfang an, während der Anspruch aus § 426 Abs. 2 BGB erst mit Befriedigung des Gläubigers durch Forderungsübergang entsteht. Für den Gesamtschuldner bedeutet das also Folgendes: Die Forderung des Gläubigers ist ein Nebenrecht zu seinem Anspruch aus § 426 Abs. 1 S. 1 BGB. Dieser Vorteil muss nach Ansicht des BGH auch dem Bürgen zukommen.

Noch einmal: Der Bürge ist der verlängerte Arm des Hauptschuldners!

Wenn also im Innenverhältnis K – V ein Anspruch des K gegen V bestand, so steht der nach Zahlung durch den Bürgen A auch diesem zu (gem. § 774, 412, 401 BGB).

b. Zwischenergebnis

Im vorliegenden Fall war es jedoch so, dass V zugleich Gläubiger der Kaufpreisforderung war, die K mit dem Darlehen finanziert hat. Damit war K im Innenverhältnis zu V allein zur Erfüllung der Darlehensforderung verpflichtet. Ein Ausgleichsanspruch des K gegen V nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB besteht folglich nicht, sodass auch kein Anspruch auf den A übergehen konnte.

c. Wertungsmäßige Korrektur

Dieses Ergebnis erscheint jedoch unbillig. Denn hätte V als Sicherungsgeber zuerst an die X-Bank gezahlt, so wäre seine Forderung gegen K aus § 426 Abs. 2 BGB durch die Bürgschaft des A gesichert gewesen. V hätte also bei A Rückgriff nehmen können. Weil A jedoch zuerst gezahlt hat, geht er leer aus. Damit wäre der Schuldbeitritt vorliegend systemwidrig sicherer als die Bürgschaft. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, wird eine Korrektur über die analoge Anwendung der §§ 774 Abs. 2, 426 Abs. 1, 2 BGB vorgenommen. Denn bei wertungsmäßiger Betrachtung des Sachverhalts sollen beide Sicherungsgeber ja nur die Forderung X-Bank – K sichern, nicht mehr und nicht weniger. Solange also nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB nichts anderes zwischen den Sicherungsgebern vereinbart ist, haften sie im Zweifel hälftig.

d. Ergebnis

V und A kannten sich nicht, sodass von keiner anderen Abweichung i.S.d. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB auszugehen ist. Damit hat A gegen V einen Anspruch auf hälftigen Ausgleich (50.000 €) aus §§ 774 Abs. 1, 2, 426 Abs. 2 BGB analog.

III. Fazit

Zugegeben, dieses Problemfeld ist beim erstmaligen Bearbeiten keine leichte Kost. Umso wichtiger ist es, sich mit diesem Fall auseinanderzusetzen und vor allem die gesetzlichen Regelungen der cessio legis zu lesen und zu verstehen. Dieser Beitrag bietet eine verkürzte Aufbereitung der Problematik im Klausurstil, um einen Einstieg in das Thema zu finden.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

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Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

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Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.