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I. Allgemeines
Im Gegensatz zur Rücknahme gem. § 48 VwVfG, welche die Aufhebung rechtswidriger Verwaltungsakte regelt, handelt es sich bei dem Widerruf gem. § 49 VwVfG um eine Regelung zur Aufhebung rechtmäßiger Verwaltungsakte.
Entscheidend kommt es insoweit auf den Zeitpunkt der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes an, da die Rechtmäßigkeit jederzeit in eine Rechtswidrigkeit umschlagen könnte. Die Rechtsnatur des Verwaltungsaktes ist flexibel.
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Aus dem Regelungsgehalt der §§ 48 f. VwVfG ergibt sich allerdings, dass es nur auf die Rechtmäßigkeit im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes ankommt. Spätere Änderungen bezüglich der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bleiben somit für die Beurteilung außer Betracht.
Die Norm ist wie folgt aufgebaut:
II. Widerruf belastender Verwaltungsakte
Gesetzlich geregelt ist der Widerruf von rechtmäßigen Verwaltungsakten in § 49 VwVfG. So heißt es in Abs. 1:
Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
Absatz 1 gilt somit für belastende Verwaltungsakte, da sich bei diesen nicht das Problem des Vertrauensschutzes stellt. Dies gilt nicht, wenn:
III. Widerruf begünstigender Verwaltungsakte
Der Widerruf belastender Verwaltungsakte nach § 49 Abs. 1 VwVfG stellt im Regelfall kein Problem dar. Problematisch wird der Widerruf bei Vorliegen eines begünstigenden Verwaltungsaktes. Wie ein derartiger Widerruf zu erfolgen hat, ergibt sich aus § 49 Abs. 2 VwVfG.
Der Konflikt beim Widerruf begünstigender Verwaltungsakte ist der, dass die Verwaltung rechtmäßig gehandelt hat und die Rechtswidrigkeit allenfalls später durch andere Umstände eingetreten ist. Dem Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes steht dennoch das öffentliche Interesse gegenüber, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt zu beheben.
Ein Widerruf eines begünstigenden ursprünglich rechtmäßigen Verwaltungsaktes kann somit gem. § 49 Abs. 2 VwVfG nur bei Vorliegen eines Widerrufsgrundes möglich sein.
Welche Widerrufsgründe es gibt, ist dort festgehalten:
- wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
- wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
- wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
- wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
- um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
Dass bei § 49 Abs. 2 VwVfG der Begriff des „Vertrauens” im Gegensatz zu § 48 VwVfG keine Erwähnung findet, ergibt sich aus der Tatsache, dass dies nicht nötig ist. Im Falle von § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG kann der Begünstige ohnehin nicht auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertrauen. Ähnliches gilt für § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG, da der Begünstigte mit seinem Handeln Einfluss nehmen kann.
Problematisch ist das Vertrauen allerdings bei § 49 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwVfG bei nachträglicher Änderung der Sach- oder Rechtslage. Hier erfolgt allerdings bereits eine Abwägung, da das öffentliche Interesse mit in die Entscheidung über den Widerruf einbezogen werden muss. Zudem steht dem Betroffenen gem. § 49 Abs. 6 S. 1 VwVfG ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens zu. Gleiches gilt für § 49 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG.
IV. Widerruf von Zuwendungsbescheiden
§ 49 Abs. 3 VwVfG bestimmt:
Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
- wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
Problematisch ist die Bestimmung, ob eine Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt wurde oder hierfür Voraussetzung ist.
V. Erstattungspflicht
Gem. § 49 Abs. 6 VwVfG kann der Betroffene eines Widerrufs in den dort genannten Fällen auf Antrag hin Ausgleich für Vermögensnachteile fordern, solange er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat. Hierfür gilt die Jahresfrist des § 48 Abs. 3 S. 5 VwVfG nach Hinweis durch die Behörde.
Im Gegensatz zur Rücknahme muss gegen einen Widerruf der ordentliche Rechtsweg eingeschlagen werden. Allerdings muss der Widerruf rechtmäßig gewesen sein. Daher kann der Betroffene nicht entweder anfechten oder Entschädigung begehren. Er hat kein Wahlrecht und muss sich somit entscheiden.
VI. Ausschluss des Widerrufs
Bei Vorliegen speziellerer Widerrufsregeln wird § 49 VwVfG verdrängt. Hierbei ist darauf zu achten, ob die speziellere Regelung abschließend ist.
Ausgeschlossen ist der Widerruf weiterhin, wenn der Verwaltungsakt Teil eines Rechtssetzungsverfahrens ist.
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Quellen
- Detterbeck, Steffen: Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Auflage 2015.
- Ipsen, Jörn: Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Auflage 2012.