I. Grundsätzliches zur Vollstreckungsabwehrklage
Die Vollstreckungsgegenklage, geregelt in § 767 ZPO, ist eine prozessuale Gestaltungsklage, die dem Vollstreckungsschuldner als Rechtsbehelfsmöglichkeit zur Verfügung steht. Dabei beseitigt eine erfolgreiche Klage nur die Vollstreckbarkeit des Titels (z.B. erstinstanzliches Endurteil), nicht hingegen den Titel selbst.
Die Vollstreckungsabwehrklage ist statthaft, wenn dem Unterlegenen im Zivilprozess und Vollstreckungsschuldner gegen den titulierten Anspruch materiell-rechtliche Einwendungen zustehen, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind, § 767 Abs. 1, 2 ZPO. Die geltend gemachten Einwendungen müssen zwingend erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sein, da andernfalls gegen den Grundsatz der materiellen Rechtskraft (§ 322 ZPO) verstoßen werden würde. Die anfechtbaren Titel sind in den §§ 704, 794 ZPO aufgelistet. In der Vollstreckungsabwehrklage ist der Vollstreckungsschuldner nunmehr der Kläger, der Vollstreckungsgläubiger indes der Beklagte.
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II. Besonderheiten bei der wiederholten Vollstreckungsabwehrklage
Wird eine erste Vollstreckungsabwehrklage abgewiesen, so steht dem Vollstreckungsschuldner frei erneut Klage zu erheben. Eine solche „wiederholte Vollstreckungsabwehrklage“ ist grundsätzlich zulässig und nicht etwa durch die Präklusion nach § 767 Abs.2 oder Abs.3 ZPO ausgeschlossen – diese beziehen sich ausdrücklich nämlich nur auf Einwendungen.
Bei der wiederholten Vollstreckungsklage sind jedoch hinsichtlich der Einwendungen, die der Vollstreckungsschuldner geltend macht, gewisse Besonderheiten zu beachten.
1. Entgegenstehende Rechtskraft der Einwendungen
Macht der Vollstreckungsschuldner im Rahmen der zweiten Vollstreckungsabwehrklage Einwendungen geltend, die er bereits im Rahmen der ersten Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht hatte und wurde dabei über diese Einwendungen rechtskräftig entschieden, dass sie nicht bestehen, so darf über diese Einwendungen in der zweiten Klage nicht mehr entschieden werden.
Einer erneuten gerichtlichen Entscheidung steht die materielle Rechtskraft des ersten Urteils entgegen, § 322 ZPO. Der Vollstreckungsschuldner muss seine zweite Klage daher auf andere Einwendungen stützen, wenn diese Aussicht auf Erfolg haben soll.
2. Präklusion der Einwendungen, § 767 Abs. 3 ZPO
Dabei muss der Vollstreckungsschuldner auch noch eine weitere Besonderheit beachten.
Nach § 767 Abs.3 ZPO muss der Schuldner in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
§ 767 Abs. 3 ZPO:
Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
Anders als der Wortlaut dieser Regelung vermuten lässt, nimmt die h.M. an, dass diese Vorschrift nur für die wiederholte Vollstreckungsabwehrklage gilt.
Diese Regelung knüpft dabei konsequent an die Präklusionsvorschift in § 767 Abs.2 ZPO an und präkludiert für eine wiederholte Vollstreckungsabwehrklage solche Einwendungen, die schon im Rahmen der ersten Vollstreckungsabwehrklage vom Vollstreckungsschuldner hätten geltend gemacht werden können. Durch § 767 Abs.3 ZPO soll damit grundsätzlich eine erneute Vollstreckungsabwehrklage verhindern.
Umstritten ist nicht nur der Geltungsbereich des § 767 Abs.3 ZPO, sondern auch die Auslegung des „im Stande sein“. Dabei geht es um die Frage, welche Anforderungen an die Möglichkeit der Geltendmachung von Einwendungen zu stellen sind. Die h.M. beantwortet diese Frage ebenso wie bei § 767 Abs.2 ZPO und stellt allein auf die objektive Möglichkeit der Geltendmachung ab. Für diese Auffassung sprechen vor allem Gründe der Rechtssicherheit.
Demgegenüber vertritt eine Mindermeinung in der Literatur die Auffassung einer subjektiven Auslegung, da in dem Wortlaut des § 767 Abs.3 ZPO („zu machen im Stande war“) ein Verschuldenselement zum Ausdruck kommen.
Quelle
- Thomas/Putzo, ZPO Komm., § 767 Rn. 27 ff.