I. Pfändung
Sollen Geldforderungen vollstreckt werden, der Schuldner aber kein Geld aufweisen kann, müssen andere Vermögensgegenstände des Schuldner verwertet, also zu Geld gemacht, werden. Als Vermögensgegenstände kommen bewegliche Sachen, Forderungen und andere Vermögensrechte in Frage. Sie werden mittels Pfändung, § 803 Abs. 1 S. 1 ZPO, verwertet.
Die Pfändung hat zwei Wirkungen:
- Die Verstrickung des beschlagnahmten Gegenstands. Dies bedeutet, dass der Gegenstand der Verfügungsmacht des Schuldners entzogen wird. Zivilrechtlich äußert sich die entzogene Verfügungsmacht als relatives Veräußerungsverbot gem. §§ 136, 135 BGB. Die Verstrickung ist in § 136 StGB strafrechtlich geschützt. Dort ist nämlich der Verstrickungsbruch geregelt.
- Die Entstehung eines Pfändungspfandrechts, § 804 Abs. 1 ZPO. Dieses entsteht bei der Pfändung von beweglichen Gegenständen ebenso wie bei der Pfändung von Forderungen oder sonstigen Vermögensrechten.
II. Die Verstrickung
Die Verstrickung bedeutet, dass über die gepfändete Sache ein öffentlich- rechtliches Gewaltverhältnis zum Zwecke der Zwangsvollstreckung besteht.
Die Verstrickung entsteht durch jede wirksame Pfändung, selbst wenn die Pfändung fehlerhaft und somit anfechtbar ist. Ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der Pfändung ist es, wenn der vollstreckbare Anspruch gar nicht besteht oder die gepfändete Sache nicht zum Vermögen des Schuldners gehört.
Sie ist Grundlage für alle nachfolgenden Vollstreckungsakte.
Die Verstrickung hat drei Folgen:
- Pfändungspfandrecht
- Verfügungsverbot nach § 136 BGB
- Strafbarkeit des Verstrickungsbruchs nach § 136 StGB
Die Verstrickung endet durch die abgeschlossene Verwertung der gepfändeten Sache oder durch Aufhebung der Verstrickung durch den Gerichtsvollzieher.
III. Das Pfändungspfandrecht
Das Pfändungspfandrecht gibt dem Gläubiger einen absoluten Schutz gegen Einwirkungen auf die gepfändete Sache.
Im Verhältnis zu den anderen Gläubigern gewährt das Pfandrecht dem Vollstreckungsgläubiger dieselben Rechte wie ein Faustpfandrecht (§ 804 II, 1. Hs. ZPO). Dem Pfandgläubiger werden die gleichen Rechte wie dem Eigentümer eingeräumt (§ 1227 BGB).
Ein Pfandrecht, das durch eine frühere Pfändung entstanden ist, geht gem. § 804 Abs. 3 ZPO demjenigen vor, das durch eine spätere Pfändung begründet wird (Prioritäts- oder Präventionsprinzip).
Daneben werden ihm auf Grund des Pfändungspfandrechtes die Besitzschutzrechte der §§ 859, 861, 862 BGB eingeräumt.
1. Voraussetzungen des Pfändungspfandrechtes
Es haben sich die folgenden drei Theorien zu den Voraussetzungen des Pfändungspfandrechtes herausgebildet, von denen zwei noch heute vertreten werden.
a) Öffentlich-rechtliche Theorie
Gemäß der sogenannten öffentlich- rechtlichen Theorie richtet sich die Bedeutung des Pfändungspfandrechts nicht nach § 1204 ff. BGB, sondern allein nach öffentlichem Recht.
Somit bedarf es ausschließlich der wirksamen Pfändung, damit das Pfändungspfandrecht entsteht. Daher darf die Pfändung nicht nichtig sein.
Mithin entsteht das Pfändungspfandrecht unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an der gepfändeten Sache automatisch durch die Verstrickung. Materielles Recht wird nicht berücksichtigt.
Folglich sind KEINE Wirksamkeitsvoraussetzungen der Pfändung:
Die formelle Rechtskraft, Klausel, Zustellung, Vollstreckungsbefugnis, örtliche Zuständigkeit des Vollstreckungsorgans, Gewahrsam nach §§ 808, 809 ZPO und § 811 ZPO.
b) privatrechtliche Theorie
Laut der privatrechtlichen Theorie ist die gesamte Tätigkeit des Gerichtsvollziehers im Rahmen der Zwangsvollstreckung privatrechtlich zu beurteilen [RGZ 60, 70, 72; 61, 330, 333; 97, 37, 40; 104, 300, 301f.]. Somit sind §§ 1204ff. BGB anzuwenden, sofern die ZPO keine Sonderregelung enthält.
Diese Theorie wird heute nicht mehr vertreten.
c) gemischt privatrechtlich-öffentlich-rechtliche Theorie (h.L.)
Gemäß dieser Theorie richtet sich die Bedeutung des Pfändungspfandrechtes nach materiellem Recht [RGZ 156, 395, 398; BGHZ 23, 293, 299; 56, 339 351]. Danach ist das Pfändungspfandrecht die Grundlage für die materielle Berechtigung des Vollstreckungsgläubigers an der gepfändeten Sache und nach der Verwertung am erhaltenen Erlös.
Das privatrechtlich zu klärende Pfändungspfandrecht ist jedoch nicht Grundlage der Verwertung, da es sich bei dieser um einen öffentlich- rechtlichen Vorgang handelt.
Die Entstehung des privatrechtlich zu klärenden Pfändungspfandrechts richtet sich nach den Voraussetzungen, die für die Entstehung eines rechtsgeschäftlichen oder gesetzliche Pfandrechts erforderlich sind.
Die Voraussetzungen sind:
- eine wirksame Pfändung
- die Einhaltung aller anderen wesentlichen Voraussetzungen und -formen.
- die titulierte Forderung muss wirklich bestehen und
- die gepfändete Sache muss dem Schuldner gehören
2. Entscheidung des Streits
Der Ersteigerer erlangt bei wirksamer Verstrickung auch nach der 3. Theorie durch Ablieferung und Barzahlung Eigentum (§ 817 II ZPO). Somit kommen beide heute noch vertretenen Theorien (1. und 3.) bei wirksamer Verstrickung zum selben Ergebnis und es bedarf keiner Streitentscheidung.
Quellen
- Thomas/Putzo/Seiler, Zivilprozessordnung, 32. Auflage, München 2011.
- Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, 9. Auflage, München 2011.
- Baumbach/Lauterbach/Hartmann, 80. Auflage, München 2022.