Soll die Zwangsvollstreckung die Herausgabe von Sachen erwirken, nimmt der Gerichtsvollzieher die Sache in der Regel dem Schuldner weg und übergibt sie dem Gläubiger (§ 883 Abs. 1 ZPO).
Muss der Gerichtsvollzieher gegen den Willen des Schuldners eine Wohnung betreten und durchsuchen, um die Sache zu erlangen, bedarf es in der Regel einer richterlichen Durchsuchungsanordnung (§ 758a Abs. 1 ZPO).
Das Erfordernis einer richterlichen Erlaubnis ergibt sich aus Art. 13 GG, in dem die Unverletzlichkeit der Wohnung besonders geschützt ist.
I. Erforderlichkeit der richterlichen Durchsuchungsanordnung
§ 758a Abs. 1 ZPO enthält folgende Voraussetzungen für die Erforderlichkeit der richterlichen Durchsuchungsanordnung:
1. Der Wohnungsbegriff
Die “Wohnung” ist wie in Art. 13 GG weit auszulegen. Dazu gehören auch Arbeits- und Geschäftsräume sowie Nebenräume und sonstiges befriedetes Besitztum [BVerfG 32, 54]. Daher ist auch bei der Durchsuchung solcher Räume eine richterliche Anordnung erforderlich [BVerfGE 76, 83].
2. Mitbewohner
Soll eine Wohnung durchsucht werden, an der neben dem Schuldner auch andere Mitbewohner Gewahrsam haben, können sich diese zwar auf das Grundrecht des Art. 13 GG berufen. Das bedeutet jedoch nicht, dass gegen jeden von ihnen eine richterliche Durchsuchungsanordnung ergehen muss.
Andernfalls wäre eine Pfändung in Wohn- und Familiengemeinschaften nicht möglich. Gegenüber dem Mitbewohner liegt keine Durchsuchung vor, da nicht auf Sachen zugegriffen werden soll, welche der Mitbewohner nicht herausgeben will.
3. Der Durchsuchungsbegriff
Kennzeichnend für den Begriff der “Durchsuchung” ist das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen und Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhalts, um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von sich aus nicht offen legen oder herausgeben will [BVerfGE 51, 97].
Somit liegt keine Durchsuchung im Sinne des Art. 13 Abs. 2 GG vor, wenn der Schuldner dem Gerichtsvollzieher den Zugang zu seinen Räumen durch Einwilligung freiwillig gestattet. Die Einwilligung des Schuldner bedeutet auch eine Duldungspflicht seiner Mitbewohner, § 758 a Abs. 3 ZPO.
a) Offen zutage liegende Sachen
Es ist mit Rücksicht auf den Schutzzweck von Art. 13 Abs. 2 GG auch von einer anordnungsbedürftigen Durchsuchung auszugehen, wenn innerhalb der Wohnung pfändbare Sachen nicht mehr gesucht werden müssen, sondern offen zutage liegen. Selbst wenn der Gerichtsvollzieher eine bestimmte Sache zu pfänden beabsichtigt, von der er genau weiß, dass sie sich in der Wohnung befindet gilt dies.
b) Duldungstitel
Ist der Schuldner auf Grund eines Duldungstitels verpflichtet, dem Gläubiger Zutritt zur Wohnung zu gewähren und die Sperrung des Strom- und Wasserzählers zu dulden, geht es zwar nicht um eine Durchsuchung, jedoch wird auch hier in das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG eingegriffen. Die somit erforderliche richterliche Erlaubnis liegt allerdings schon in dem richterlichen Duldungstitel [BGH NJW 2006, 3352, 3353].
c) Bloßes Durchschreiten
Muss der Gerichtsvollzieher eine Wohnung nur durchschreiten, um in den Raum des Schuldners zu gelangen, ist fraglich, ob auch dann eine richterliche Durchsuchungsanordnung nötig ist. Da in der Wohnung des Dritten weder etwas gesucht noch auf eine Sache zugegriffen werden soll, ist das bloße Durchschreiten kein Durchsuchen im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG.
d) Gefährdung des Durchsuchungserfolges
Wird der Durchsuchungserfolg gefährdet, kann die Einholung der Durchsuchungsanordnung ausnahmsweise entbehrlich sein (§ 758a Abs. 1 S.2 ZPO). Der Gerichtsvollzieher muss jedoch konkrete Anhaltspunkte für eine beabsichtigte Vollstreckungsvereitelung haben [OLG Karlsruhe DGVZ 1992, 41].
II. Voraussetzungen der Erteilung der richterlichen Durchsuchungsanordnung
Die Voraussetzungen der Erteilung der richterlichen Durchsuchungsanordnung lauten wie folgt:
1. Beantragung
Der Gläubiger muss die Durchsuchungsanordnung beim zuständigen Richter beantragen. Zuständig ist der Richter beim Amtsgericht, in dessen Bezirk die Durchsuchung vorgenommen werden soll.
2. Erforderlichkeit der Anordnung
Die Entscheidung des Richters hängt davon ab, ob die Durchsuchungsanordnung erforderlich ist. Daher muss der Gläubiger zunächst einen Vollstreckungsversuch unternommen haben, der erfolglos geblieben ist.
Zudem steht die Erteilung der richterlichen Durchsuchungsanordnung unter dem Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit [BVerfGE 51, 97]. Daher darf die Durchsuchung beispielsweise keine unverhältnismäßige Härte für den Schuldner bedeuten.
3. rechtliches Gehör
Dem Schuldner ist rechtliches Gehör zu gewähren [LG Hannover JurBüro 1986, 1417].
Quellen
- Zöller, Zivilprozessordnung.
- Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung.