Megatrends der Moderne
Diversität, Individualisierung, Digitalisierung. Dies sind eindeutige Trends der Moderne. Daneben überschreiten Globalisierung und Technologisierung in ungeahnter Schnelle Grenzen des bisher Möglichen und stellen die Gesellschaft doch gleichzeitig vor immer neue Herausforderungen. Für Deutschland stellt sich zudem die spezifische Problematik des demografischen Wandels, auf dessen Rückberufung die Politik bereits heute Lebenslanges Lernen in den Betrieben fordert.
All diese Phänomene lassen sich auch in der Arbeitnehmerkultur nachvollziehen: Denn Angestellte stellen Forderungen nach mehr Verantwortung und Entscheidungsfreiräumen; nach Sicherheit bei gleichzeitiger Flexibilität; nach mehr individueller Weiterbildung als auch Integration im Unternehmen. Wie können nun Führungsstile der Zukunft diese wichtigen Trends begleiten und mitgestalten?
Unzeitgemäßes Konzept der Führungsstile
Die Frage nach guter Führung lässt sich nicht pauschal beantworten, da der Erfolg von Führungsstilen stark von situativen und strukturellen Bedingungen abhängt. Was in einem Internet-Start-up funktioniert, muss nicht unbedingt für ein Großunternehmen oder einen Handwerksbetrieb optimal sein.
Aktuelle Studien, wie die des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) mit der “Initiative Neue Qualität für Arbeit” (INQA), zeigen jedoch klare Trends für zukünftige Führungsmodelle:
- Abkehr von hierarchischen Strukturen: Rein autoritäre Führungsstile, die auf klaren Hierarchien und Anweisungen basieren, werden als weniger erfolgversprechend angesehen. Diese hemmen Eigeninitiative und Verantwortungsübernahme der Mitarbeiter.
- Fokus auf Dynamik und Netzwerkarbeit: In einer zunehmend komplexen und weniger planbaren Wirtschaftswelt sind flexible Führungsstrukturen gefragt.
- Förderung von Kooperation und Empathie: Aktive und empathische Zusammenarbeit zwischen Führungskräften und Fachpersonal gewinnt an Bedeutung.
- Wertschätzung von Vielfalt: Die unterschiedlichen Fähigkeiten der Beschäftigten sollten erkannt und kreativ eingesetzt werden.
- Ergebnisoffene Prozessgestaltung: Anstatt starrer Vorgaben werden offene Strukturen bevorzugt, die Raum für Innovation und Anpassung lassen.
Die Befragungen im Rahmen des INQA-Monitors unterstreichen, dass Vorgesetzte für die Zukunft vor allem Flexibilität, Vielfalt und Kooperationsbereitschaft als zentrale Elemente guter Personalführung sehen. Dies steht im Kontrast zu traditionellen, hierarchiebetonten Führungskulturen, die als nicht mehr zeitgemäß gelten.
1. Adaptiver Führungsstil
Die heutige Arbeitswelt ist zunehmend durch eine strukturelle als auch sozialweltliche Komplexität und Diversität gezeichnet: Arbeitnehmer unterscheiden sich nach verschiedenen Bildungszweigen und beruflicher Orientierung, Qualifikationen und Leistungspotenzial sowie auch Erwartungen an den Arbeitgeber. Gleichzeitig ist in der heutigen Diversität auch die Identität der Arbeitnehmer zu berücksichtigen; sei es durch die kulturelle, ethnische oder nationale Herkunft.
Führung muss demnach individuell gestaltet werden – und sich an Differenzen unter den Arbeitnehmern anpassen. Dazu gehört dann auch, Lebenslanges Lernen zu begleiten und sich an wandelnde Voraussetzungen der Mitarbeiter anzupassen. Insofern stehen unter der Verantwortung zukünftiger Führung auch betriebsinterne, wechselseitige Beziehungsmuster, die vor allem den Mitarbeiter in den Vordergrund rücken. Die aktive Rolle des Vorgesetzten wird in Form von, „Leadership Agilitiy“ (Joiner, Josephs, 2012) gefordert, wobei aber diese „Gewandheit” vor allem auch darin besteht, Machtpositionen und hierarchische Strukturen aufzubrechen und sich dem Mitarbeiter zu nähern.
2. Integrativer Führungsstil
60 % der befragten Betriebe sehen einen Fachkräfteengpass als größte Herausforderung für die nächsten zwei Jahre – auch dies ging aus der Studie des BMAS hervor. Folglich muss Fachpersonal an ein Unternehmen gebunden werden – den Verlust wichtiger Mitarbeiter könnte sich ein Manager nicht mehr leisten.
Dies kann nur durch einen integrativen und auch motivierenden Führungsstil geschehen. Führungskräfte müssen deshalb aktiv auf das Personal eingehen und auch dessen Leistungswillen positiv in die Unternehmenskultur einbinden. Potentiale wollen und sollen gefördert werden, zum Beispiel in Weiterbildungen. Und an anderer Stelle können Mitarbeitergespräche durch Feedback neue Optionen der Führungsrichtung ermöglichen.
3. Vernetzter Führungsstil
Durch fortschreitende Digitalisierung, mehr Mobilität und Flexibilität sind Mitarbeiter immer weniger daran gebunden, an ihrer Arbeitsstelle auch wirklich physische Präsenz zu zeigen. Mitarbeiter stehen beispielsweise eher in persönlichem Kontakt zu den Kunden als zu dem Arbeitnehmer.
Ein zukünftiger Führungsstil weiß also virtuelle Kommunikation optimal für sich zu nutzen – sei es durch Videokonferenzen oder Telefon, per Twitter oder Email. Virtuelle Teams werden immer wichtiger und Unternehmen müssen auch in dieser eher unpersönlichen Kommunikationsform den Zusammenhalt fördern und eine gemeinsame Identität bewahren.
4. Innovativer Führungsstil
Der dynamische Weltmarkt spricht Akteure an, die sich genau wie er immer in Bewegung halten; und fordert von Unternehmen, flexibel auf Anforderungen zu reagieren und auch spontan intelligente Entscheidung finden zu können. Zukünftige Führungsstile müssen sich also auf wandlungsfähige Projekte einlassen und mit Innovation den Fortschritt des eigenen Unternehmens sicherstellen.
Innovative Ideen sollen dabei auf allen Ebenen des Unternehmens Wirkung erzielen – aber auch gerade aus diesem kollektiven Zusammenarbeiten entstehen. Denn Innovation kann hier vor allem aus „Bottom-up- Evaluationen“ entstehen, „welche Lernen als kollektiven Prozess und kollektive Intelligenz definieren“. Auch bei diesem Führungsstil steht somit das Kollektiv im Rahmen eines gemeinsamen Lernprozesses im Mittelpunkt – nicht der Manager alleine behält wie zuvor das Recht auf innovative Vorschläge.
5. Partizipativer Führungsstil
Die anspruchsvollen Aufgabenbereiche dynamischer und komplexer Arbeitsmärkte gehen einher mit einem ebenso wichtigen Zuwachs an Verantwortung: Führungskräfte müssen immer wieder neue Positionen einnehmen, Verantwortung übernehmen, aber auch insbesondere an Mitarbeiter delegieren. Denn es geht darum, im Arbeitsprozess eine bestmögliche Lösung zu erarbeiten und nicht im Gegenteil eine konstante und stabile Managerposition innezuhalten.
Der Vorgesetzte darf und soll sich also partizipativ – als Teil des Teams – einbringen und hierbei eine aktive Vermittlerposition einnehmen, sowohl im Entscheidungsfindungsprozess als auch bei der Umsetzung. Streng hierarchische Formen werden somit aufgebrochen und Mitarbeiter zum einen Raum für individuelle Leistungen, als auch für Wertschätzung entgegen gebracht. Eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe tritt in den Mittelpunkt.
Die Trends von heute – die Führung von morgen
Führung in der Zukunft – das bedeutet also ein Mehr an Kooperation und Kommunikation, Flexibilität und Innovation und eine integrativere Ebene der Zusammenarbeit, bei der Mitarbeiter nicht durch hierarchische Strukturen eigenverantwortlichem Arbeiten entzogen werden.
Und: Führungsstile der Zukunft werden ständiger Revision unterliegen und sich adaptiver an die Gesellschaft und deren Bedürfnisse orientieren müssen. Denn auch wenn viele zukünftige Gesellschaftstrends gerade aufgrund ihrer Dynamik und Vielseitigkeit nur schwer spezifiziert werden können – so sollte Führung doch integrativ mit diesen neun Herausforderungen umgehen.
Quellen
- Umfrage: Manager halten deutsche Fürhungskultur für überholt via Zeit Online
- BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales – Projekte und Initiativen
- Joiner, Bill /Josephs, Stephen, 2007, Leadership agility. Five levels of mastery for anticipatingand initiating change, San Francisco
- Dominik H. Enste / Theresa Eyerund /Inna Knelsen, RHI-Diskussion Nr.22: Führungsstile und gesellschaftliche Megatrends im 21. Jahrhundert – FÜHRUNG IM WANDEL