Direktansprache, Active Sourcing, Inhouse-Headhunting: das Kind hat laut Personalexperten viele Namen. Im Grunde meint es aber immer jene Maßnahmen, die der Suche, Identifizierung und aktiven Ansprache potenzieller Bewerber dienen, deren Profil zum Unternehmen und zur Stelle passt. Der persönliche Kontakt spielt dabei eine zentrale Rolle, auch im Hinblick auf die langfristige Ausbildung eines Talente-Pools, auf den bei Bedarf zurückgegriffen werden kann.
Active Sourcing geht insofern über das bloße Anschreiben einer Vielzahl von Kandidaten hinaus. Denn auch wenn eine Rekrutierung im Moment nicht möglich sein mag, so soll derjenige so lange an das Unternehmen gebunden werden, bis es doch zur Unterzeichnung des Arbeitsvertrags kommt.
Der Spieß wird also umgedreht: Das Unternehmen bewirbt sich mittels Active Sourcing beim zukünftigen Wunschkandidaten. Auf diesen Zug sind in den letzten Jahren immer mehr Betriebe aufgesprungen.
Laut einer Studie des Institute for Competetive Recruiting (ICR) generiert etwa ein Fünftel der befragten Unternehmen einen Bewerberanteil von über 40 Prozent durch Direktansprache. Bei der knappen Hälfte der Befragten kommt immerhin noch jeder zehnte Kandidat über Active Sourcing zum Betrieb.
Vor- und Nachteile des Active Sourcing
Betreiben Sie Active Sourcing auf unterschiedlichen Wegen
Im allgemeinen haben Sie drei miteinander kombinierbare Möglichkeiten, Active Sourcing zu betreiben. Die klassische Variante ist die persönliche Kontaktaufnahme von Angesicht zu Angesicht. Hierfür wenden Sie sich bei Veranstaltungen der universitären Career-Center, bei Vorträgen und Workshops, Recruitingmessen und Netzwerktreffen direkt an interessierte Besucher.
Die zweite Form des Active Sourcing findet am Schreibtisch statt. Social Media spielen hierbei die tragende Rolle. In Karrierenetzwerken wie LinkedIn oder XING, aber auch bei Facebook, Google+ und Twitter können Sie auf die Suche nach geeigneten Kandidaten für Ihren Talente-Pool gehen – und zwar weltweit und jederzeit.
Immer größere Bedeutung gewinnt das Empfehlungsmarketing als dritte Form des Active Sourcing. Mitarbeiterempfehlungsprogramme haben den Vorteil, dass sie eine Vertrauensperson zwischen den potenziellen Kandidaten und das Unternehmen schalten. Studien berichten, dass immer mehr High Potentials dem guten Rat ihrer Freunde und Familie folgen und entsprechende Bewerbungen abschicken.
Zwei Wörter müssen Sie sich merken: Individualität und Qualität
50 Kontaktanfragen haben Sie verschickt – und kaum einer schreibt zurück? Dann sind Sie scheinbar nicht systematisch vorgegangen. Zu Beginn des Active Sourcing steht nämlich die gründliche Recherche, die den Prozess so zeitintensiv macht.
Machen Sie sich mit einer ausführlichen Stellenanalyse klar, über welches Profil der geeignete Bewerber verfügen muss. Je besser er passt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er Ihre Anfrage als seriöses und ehrliches Anliegen versteht und sein Interesse ebenfalls geweckt wird.
Das erfordert auch, dass Sie sich mit dem Profil des Kandidaten auseinandersetzen. Von welcher Hochschule kommt die Person, welche beruflichen Stationen hat sie passiert, gibt es sogar gemeinsame Netzwerkgruppen, Interessen oder Bekannte? Mithilfe solcher Informationen fällt es Ihnen leichter, die Kontaktanfrage individuell zu gestalten.
Individualität ist ein wichtiges Stichwort. Wenn Sie auf massenhaft verschickte Standardnachrichten keine Antwort erhalten, brauchen Sie sich nicht zu wundern. Lieblose, zu allgemein gehaltene Formulierungen sorgen nur für Ignoranz und gefährden sogar das Image Ihres Unternehmens.
Nehmen Sie Ihre vorher gesammelten Informationen zu Hilfe und geben Sie jeder Mail eine persönliche Note, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Und wenn es am Ende nur eine Absage ist, so dient sie zumindest der Ergebnismessung Ihrer Arbeitserfolge.
Active Sourcing hält einige rechtliche Fallstricke bereit, die Sie kennen sollten
Die Suche nach potenziellen Kandidaten über Privat- und Karrierenetzwerke ist zwar erlaubt, doch Sie müssen aufpassen, wenn Sie die Personen ansprechen möchten. Ohne deren Einwilligung dürfen Sie eigentlich keinen Kontakt aufnehmen und müssen mit Meldung an den Plattformbetreiber, Datenschutzbehörden sowie Abmahnungen und öffentlichen Beschwerden rechnen.
Ob es sich um Belästigung handelt, liegt hier aber auch im Auge des Betrachters, und das ist der potenzielle Kandidat selbst. Idealerweise hat dieser sein Interesse an neuen Aufgaben und Jobs in seinen Profilen und Beiträgen zum Ausdruck gebracht. Wenn Sie nun eine freundliche, wie oben beschriebene Email senden, wird er es Ihnen kaum übel nehmen.
Weitere Ausführungen eines Rechtsanwalts zu den Fallstricken der Direktansprache, beispielsweise zur wettbewerbswidrigen Abwerbung, finden Sie hier.
Jetzt ist Ihr Durchhaltevermögen gefragt
Haben Sie den Interessenten jedoch tatsächlich am Haken, müssen Sie in den meisten Fällen großes Durchhaltevermögen beweisen. Nicht jeder ist sofort überzeugt oder gerade verfügbar. Hier beginnt der Aufbau des Talente-Pools – und dieser möchte gepflegt werden, um tatsächlich einmal nützlich zu sein.
Updates zu freien Stellen oder relevante Unternehmensinfos, verbunden mit dezenten Nachfragen („Hat sich etwas bei Ihnen verändert? Wie geht es Ihnen in Ihrem Job? An welchen neuen Projekten arbeiten Sie gerade? Kennen Sie schon unseren Kollegen XY?“), sollten regelmäßig kommuniziert werden, damit Ihnen die Talente nicht wieder verloren gehen. Sie müssen aktiv werden, und es auch bleiben!